Die Sehnsucht des Piraten: Er ist der Schrecken der Meere - doch gegen sie ist er machtlos (German Edition)
Aufgabe, sondern schien es für selbstverständlich zu halten, dass sie ins Krähennest hinaufkletterte oder ein Segel löste, genau wie alle anderen.
Honoria betrachtete die große Frau, bewunderte ihre markanten Gesichtszüge und ihren schlanken, biegsamen Körper. Honoria hatte befürchtet, dass Manda ihr mit Verachtung oder Widerwillen begegnen könnte, aber Christophers Schwester schien sich, wenn überhaupt, nur über Honoria zu amüsieren. Die zotigen Witze, die diese Frau riss, ließen darauf schließen, dass Christophers Ehe mit ihr das Komischste war, was sie seit langer Zeit gehört hatte. Christopher ertrug ihren Spott ohne jeden Kommentar oder auch nur Groll. Honoria dagegen errötete jedes Mal heftig, was Mandas Belustigung nur noch steigerte.
Honoria hoffte sehr, dass Christopher nicht etwa auch von ihr erwartete, dass sie auf ein Rahnock kletterte oder Segel einholte. Sie blickte am Hauptmast hoch, von dem sich die Rahen weit, weit über dem Deck spreizten. Aber wie auf James’ Schiff erledigte auch auf der Starcross jeder Seemann jede Aufgabe. Die Offiziere hier waren nicht mit Offizieren auf einem Schiff der Marine zu vergleichen. Es war kein formeller Rang, sondern sie hatten nur zusätzliche besondere Aufgaben. Sie mussten navigieren, die Mannschaft beaufsichtigen, die Karten führen, das Kommando übernehmen, wenn der Captain schlief, und die Waffen und die Kanonen beaufsichtigen.
Diese Offiziere hängten sich genauso mit bloßem Oberkörper in die Winsch wie die anderen Seeleute, wenn es nötig war, schöpften Wasser oder holten die Brassen ein, ohne lange auf einen Befehl zu warten. Selbst Mr. Henderson hatte heute Morgen geholfen, Segel zu setzen, weil Christopher keine vollständige Mannschaft an Bord hatte.
Honoria sah, wie der geschniegelte Engländer jetzt an Deck kam und ein Gespräch mit Mr. St. Cyr begann. Mr. Henderson hatte seine elegante Londoner Kleidung gegen eine einfache Hose, Stiefel und eine Jacke eingetauscht, die besser für die Arbeit auf einem Schiff geeignet waren. Trotzdem gelang es ihm, wie ein Gentleman auszusehen, der sich nur für einen Spaziergang auf dem Land umgezogen hatte.
Warum Mr. Henderson sich überhaupt entschieden hatte, sie zu begleiten, gab Honoria Rätsel auf. Er war heute Morgen gekommen und hatte Christopher gebeten, ihn mitzunehmen und in Tanger abzusetzen, wo er auf die Argonaut wechseln wollte. Als Christopher erwidert hatte, dass er kein Passagierschiff wäre, hatte Mr. Henderson ihn angefahren, dass er ihn überall absetzen könnte, ihm wäre es gleich. Ganz offensichtlich hätte Christopher zu wenig Leute, und er, Henderson, wäre ein erfahrener Navigator.
»Nimm ihn mit, Christopher«, hatte Manda gesagt. »Vermutlich hat er eine Tochter aus der besseren Gesellschaft in Schwierigkeiten gebracht und muss jetzt vor ihrem Vater davonlaufen.«
Das hatte Mr. Henderson zwar gar nicht gefallen, aber er war trotzdem an Bord gekommen.
Honoria hatte zuerst geglaubt, dass Mr. Henderson nur mitgekommen wäre, weil er sie selbst für James im Auge behalten wollte, aber sie änderte ihre Meinung augenblicklich, als er sich jetzt Christopher und Manda näherte.
Hendersons Blick glitt zu der großen schwarzen Frau, und seine Miene verriet seine Unsicherheit. Manda bemerkte ihn zunächst nicht. Als sie sich zu ihm herumdrehte, versteifte sich Henderson, und seine Miene, nein, seine ganze Haltung wurde wachsam.
Honoria kniff die Augen zusammen und hätte fast das Schiff vergessen.
Manda begann wie üblich ein Wortgeplänkel mit ihm. Honoria war zu weit entfernt, als dass sie hätte hören können, was sie sagte, aber Mr. Henderson errötete, und seine Haltung wurde noch steifer als zuvor.
Der arme Henderson. Für ihren Geschmack war er viel zu korrekt, arrogant und englisch , aber als sie ihn jetzt beobachtete, empfand sie zum ersten Mal einen Anflug von Mitleid mit ihm.
Und sie war neugierig. Ganz sicher würde sie im Auge behalten, wie sich die Dinge entwickelten.
*
Christopher befreite Honoria von ihrer Pflicht, als sich der Himmel im Westen bereits rötete. Die untergehende Sonne tauchte die Unterseite der vereinzelten Wolken in ein goldenes Licht. Honoria taten die Arme weh, ihr Gesicht war von Wind und Sonne verbrannt, und ihre Beine waren schwach von der Anstrengung, sich gegen das Rollen und Schwanken des Schiffes zu stemmen. Kurz gesagt, sie fühlte sich großartig.
Machte ihr Christopher ein Kompliment, weil sie das Ruder so
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