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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Werkstätten waren bereits alle Webstühle in Betrieb, als sie eintraf. Nicolas schlief nicht. Als sie sah, wie er seine kleinen Händchen nach ihr ausstreckte, wurde ihr auf einmal ganz fröhlich zumute. Ab und an nahm sie den Kleinen mit, und wenn sie selbst keine Zeit hatte, ein Auge auf ihn zu werfen, kümmerte sich Pierrot um das Kind. Sobald Nicolas weinte - was nur sehr selten geschah -, griff er nach einem unfehlbaren Mittel: Er schaukelte die Wiege zum rhythmischen Klappern der Webstühle, und im Nu war der Kleine friedlich eingeschlafen.
    Die Wiege mit dem kleinen Kind stand immer in einer Ecke der Werkstatt zwischen Wollresten und nicht mehr brauchbaren Fäden, die einen dicken Teppich auf dem Boden bildeten. Seit Arnaude früher den kleinen Guillemin mitgebracht hatte, damit sie weiter arbeiten konnte, störte es Alix nicht, wenn ein Kind in ihrer Werkstatt lachte, weinte, brabbelte oder schlief.
    Eben waren Arnold und seine Frau gekommen und kurz darauf
Landry, als Pierrot plötzlich laut schrie: »Da! Es brennt!«, und auf eine Flamme deutete, die aus einer Leinwand züngelte, die am Boden auf ihren Einsatz am Webstuhl wartete.
    Arnold drehte sich um und schrie entsetzt:
    »Es brennt, Alix! Es brennt!«
    Arnaude sprang auf, und ihr leichenblasses Gesicht verriet ihre große Angst vor dem Feuer. Landry nahm ein Tuch, das auf dem Boden lag, und schlug auf die Flamme ein, um sie zu ersticken. Trotzdem wurde sie immer kräftiger und bedrohte alles um sie herum.
    »Schnell!«, rief er, »wir müssen das Feuer löschen, sonst breitet es sich immer weiter aus!«
    Aber sie hatten kein Wasser. Das musste erst aus einem Brunnen im Hof des Nachbarhauses geholt werden, und währenddessen hatten die Flammen Zeit, sich weiter auszubreiten.
    »Feuer! Es brennt!«, schrie Arnaude und stürzte in die andere Werkstatt, wo Julio und Mathias arbeiteten.
    Sofort liefen die beiden zur Tür und waren entsetzt von dem Anblick, der sich ihnen bot. Die Flammen hatten an Höhe gewonnen, und auf den Wänden flackerte ihr roter Widerschein.
    »Geh Hilfe holen, Pierrot!«, rief Alix und wunderte sich selbst, wie ruhig ihre Stimme klang, obwohl ihr das ganze Ausmaß der Tragödie bewusst war. Aber sie musste Ruhe bewahren und etwas unternehmen. »Lauf los und hol Hilfe! Wir brauchen Verstärkung von den Nachbarn! Trommle so viele wie möglich zusammen. Sie sollen Wasser bringen - schnell!«
    Und Pierrot rannte los wie der Blitz. In der Werkstatt versuchten Arnold und Landry die Flammen mit Decken zu ersticken, aber das Feuer war inzwischen so mächtig, dass sie sich ganz umsonst abmühten.
    »Nimm die kleinen Teppiche von den Webstühlen, Arnaude,
und bring sie in den Schuppen! Ich will sehen, ob ich die großen abmachen kann.«
    Pierrot hatte ganze Arbeit geleistet und kam mit fünf Männern zurück, die alle große Wassereimer dabei hatten.
    »Holt noch mehr Leute!«, schrien sie. »Wir müssen eine Menschenkette bilden.«
    Alix hatte sie zwar gehört, gab aber keine Antwort, weil sie ihre Gedanken ordnen musste.
    »Lauf nach Hause und hol Juan«, sagte sie zu Pierrot. »Er soll ein Pferd und einen Wagen mitbringen, damit wir so viel wie möglich retten können. Versuch die kleinen Webstühle in den Hof zu ziehen, Mathias. Wenn Juan kommt, bevor das Feuer auf den Schuppen übergreift, können wir sie dort in Sicherheit bringen.«
    Die eine Werkstatt stand mittlerweile in Flammen. Zehn weitere Männer waren gekommen und bildeten eine Kette bis zu dem Brunnen, aus dem sie das Wasser holten. Die Leute gaben ihr Menschenmögliches, ohne jedoch dem Brand Herr zu werden. Beißender Rauch hing nun in der Luft und nahm ihnen fast den Atem.
    Mathias und Julio war es gelungen, die kleinen Webstühle freizubekommen und in den Hof zu ziehen. Doch die Flammen hatten jetzt den Weg durch die Tür genommen und griffen die andere Werkstatt an.
    »Schnell, Arnaude, komm und hilf mir!«, schrie Alix. »Wir müssen die Teppiche für die Comtesse abnehmen. Schnell!«
    Aber Julio musste ihnen zu Hilfe kommen, weil sie so hoch waren. Er stieg auf einen Schemel, um an die Oberkante des Webstuhls zu kommen. Plötzlich griff das Feuer nach seinen Füßen. Alix warf schnell eine Decke darüber und drückte sie an den Knöcheln fest zusammen, um die Flämmchen zu ersticken, die schon an seinen Beinen hoch züngeln wollten. Der Schmerz
brachte ihn aber aus dem Gleichgewicht, und er fiel zu Boden - zusammen mit dem Teppich, den er vorher doch noch losmachen

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