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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Alix noch einmal, weil sie sich Sorgen um den Abbé machte.
    Allerdings wirkte der Mönch nicht besonders beunruhigt. Ein zufriedenes Lächeln zog über sein rundliches Gesicht, und er sagte ganz zuversichtlich:
    »Sollte ich wegen dieses kleinen Skandals, den ich ganz allein ausgelöst habe, aus Reims verjagt werden, habe ich vermutlich zwei Alternativen.«
    »Nämlich welche?«, fragte Alix ungeduldig.
    »Entweder ich kehre in meine Heimat Lyon zurück, wo mir meine Familie ohne Weiteres einen neuen Posten verschaffen kann.«
    »Und die andere Möglichkeit?«
    »Ich bleibe hier in Tours.«
    »In Tours!«, rief Alix begeistert. »Das gefällt mir tausendmal besser. Dann hätte ich hier endlich noch einen richtigen Freund außer Mathias und Julio.«
    »Und was ist mit ›dem Pierrot‹? Zählt der etwa nicht?«, hörte sie plötzlich jemand hinter sich fragen.
    »Ach, mein Pierrot!«, rief sie, sprang auf und umarmte den Jungen. »Natürlich bist du auch mein Freund.«
    Sie fing an zu lachen und sagte voller Begeisterung:
    »Wisst Ihr, Bruder Mirepoix …«
    »Bruder André, nennt mich Bruder André.«
    Verwundert unterbrach sich Alix einen Augenblick, fuhr aber gleich fort:
    »Wisst Ihr, Bruder André, da sind ja auch noch meine Werkstätten und meine Arbeit, und es gibt auch noch Juan und Landry
und nicht zu vergessen Bertille und Lisette. Bei allen Heiligen, könnt Ihr euch vorstellen, wie froh ich bin, dass ich als Witwe so eine große Familie um mich versammeln kann!«
    »Und was ist mit Eurem Kind, Alix?«
    Zärtlich strich Alix über ihren Bauch und umschlang ihn dann mit beiden Armen.
    »Gott sei Dank hat es die Pest überlebt.«
    Und sie schickte ein dankbares Lächeln zum Himmel.
    »Ich glaube, dass mein Kind von Jacquou in kaum einem Monat zur Welt kommen wird. Und ich spüre, dass es ein Junge ist.«
    »Ein Mädchen wäre genauso schön«, meinte Mathias leise.
    Alix nickte. Zu ihrer großen Freude kehrte ganz allmählich wieder Leben in Mathias - man sah es seinen Augen an, die ab und an wie früher leuchteten. Nach und nach fand er zu seinem alten Selbstvertrauen zurück und schöpfte neue Hoffnung. Auch wenn er nicht recht wusste, wie er mit seinem kleinen Sohn umgehen sollte, der nur von Frauen großgezogen wurde, schien er ihn doch zu lieben und sich an seine Gegenwart zu gewöhnen.
    »Ich hoffe, du weißt, Mathias, dass ich immer für Nicolas da sein werde, solange ich lebe, und dass er später einmal einen guten Platz in meiner Werkstatt bekommt, falls er sich für unseren schönen Beruf entscheiden sollte.«
    Mathias sah Alix dankbar an und fuhr sich mit den Händen durch sein dichtes Haar, das noch immer die Farbe von reifem Getreide hatte. Vergeblich versuchte er mal wieder, seine widerspenstigen Locken zu bändigen.
    »Ja, ich weiß, dass du Nicolas wie deinen eigenen Sohn liebst, Alix.«
    Und während die Bertille in der Küche ein üppiges Mahl für alle zubereitete, betrat Julio das Wohnzimmer, in dem es sich Alix, Mathias und der Abbé bequem gemacht hatten.

    »Darf ich Euch Julio vorstellen, Bruder André?«, sagte Alix und deutete auf Julio, der die kleine Gesellschaft wie gewohnt auf Italienisch begrüßt hatte und überrascht zur Kenntnis nahm, dass man ihm in seiner Muttersprache antwortete.
    »Ihr sprecht also Italienisch?«, sagte er erfreut.
    »Ich stamme aus Lyon, und in den Klöstern dort, vor allem in den Bergen, wo ich meine Ausbildung zum Priester absolviert habe, lernen die meisten Mönche Italienisch. Ihr dürft nicht vergessen, dass Lyon auf dem Weg nach Rom liegt.«
    Bald stellte sich heraus, dass Abbé Mirepoix Julio sehr zugetan war und dieser seine Zuneigung erwiderte. Es dauerte nicht lange, und sie unterhielten sich mit einhelliger Begeisterung über Rom und den Vatikan.
    »Werdet Ihr bald nach Rom zurückkehren?«, fragte ihn der Mönch.
    »Ich bin hier hergekommen, um bei Alix zu arbeiten; mein Gönner, Monsignore Jean de Villiers, hat mich geschickt.«
    »Bestimmt geht er eines Tages wieder zurück«, sagte Alix nicht ohne Bedauern. »Ich fürchte, hier bei uns fehlt ihm die heilige Atmosphäre des Vatikans.«
    »Nur ein ganz klein wenig«, räumte Julio ein. »Ihr wisst doch, dass mir die Arbeit an Euren Webstühlen sehr gut gefällt, Alix. Außerdem liebe ich den Himmel über dem Val de Loire und die schönen Flüsse mit ihren sanften Ufern hier in der Gegend.«
    »Fehlt Rom Euch denn gar nicht, Julio? Seid bitte ehrlich; manchmal habe ich das Gefühl, Ihr

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