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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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würdet gern wieder dorthin zurückgehen.«
    »Ich glaube, mir fehlt vor allem das religiöse Leben dort.«
    »Seid Ihr denn noch nicht zum Priester geweiht?«, fragte der Abbé, der wohl mehr über seinen neuen Freund erfahren wollte, dessen heiteres und ruhiges Wesen er schätzte.

    »Nein, Monsignore Jean de Villiers, der für meine Erziehung zuständig war, wollte nichts überstürzen. Er fand es besser, wenn ich mich eines Tages selbst entscheide.«
    »Und wie habt Ihr Euch entschieden?«
    »Ich weiß es noch nicht, ich bin noch unentschlossen.«
    »Ich wäre jedenfalls sehr traurig, wenn Ihr mich verlassen solltet, vor allem zum jetzigen Zeitpunkt«, meinte Alix. »Ich bin überzeugt, dass Ihr ein hervorragender Webermeister werden und Eure eigene Werkstatt in Tours, Paris, Flandern oder sonst wo haben könntet. Das wäre auch möglich, wenn Ihr Geistlicher werdet. Jean de Villiers selbst hat lange den Seidenhandel im Bistum Tours geführt, als er noch Domherr war.«
    »Das würde ich auch sehr gern machen«, murmelte der Abbé. »Ja, das wäre genau die richtige Aufgabe für mich!«
    Das Abendessen zog sich lange hin. Alix aß jeden Tag mit Mathias, Julio und Pierrot zu Abend, die nach dem Essen in einem Anbau des umgebauten und vergrößerten Hauses schlafen gingen. Jeder hatte ein eigenes Zimmer, in das er sich zurückziehen konnte. An diesem Abend sagte Mathias nicht viel und Pierrot noch weniger; beide hörten stattdessen lieber zu, was Alix, Julio und Abbé Mirepoix zu besprechen hatten. Weil sie es gewöhnt waren, dass sich Alix mit Julio auf Italienisch unterhielt, machte es ihnen keine allzu großen Schwierigkeiten, dem Gespräch zu folgen.
    »Erzählt uns doch ein bisschen aus Eurem Leben, Bruder André«, bat Alix an den Mönch gewandt. »Ihr wisst fast alles über uns, und ich weiß von Euch nur, dass Ihr in Lyon geboren seid.«
    »Später, meine liebe Alix, später. Solche vertraulichen Gespräche ergeben sich immer unverhofft.«
    Alix errötete, und weil sie spürte, dass sie etwas zu weit gegangen war, wechselte sie das Thema und lobte Bertille, die gerade
eine prächtige Rhabarbertorte mit einer großen Schüssel frischer Sahne auf den Tisch stellte:
    »Ach, Bertille, was für ein Festmahl!«
    Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass es an nichts fehlte, wartete die Köchin, bis die kleine Gesellschaft schweigend aß, um sich mit einer Bitte an Alix zu wenden:
    »Morgen müsst Ihr den kleinen Nicolas mit in die Werkstatt nehmen. Ich muss Holz holen gehen.«
    »Ach ja, Bertille, stimmt, das hatte ich ganz vergessen. Aber was macht denn Lisette morgen Vormittag, ist sie nicht zuhause?«
    »Nein, sie will Windeln besorgen, weil ihr Kind bald kommt. Das solltet Ihr eigentlich auch machen, Dame Alix. Lisette bereitet alles rechtzeitig vor, was man von Euch nicht unbedingt behaupten kann!«
    »Ich verlasse mich eben ganz auf dich, meine gute Bertille. Aber mach dir keine Sorgen wegen Nicolas, ich nehme ihn morgen mit.«
    Dann wandte sie sich wieder an den Abbé.
    »Ihr müsst heute unbedingt bei uns übernachten, Bruder André. Macht mir die Freude und nehmt meine Gastfreundschaft an. Besser als bei mir könnt Ihr nicht nächtigen. Morgen zeige ich Euch dann meine Werkstätten. Ich möchte Euch auch sehr gern meine neue Arbeit zeigen, die den Titel Begegnung am Hofe hat. Auf diesem Teppich gebe ich all die vielen kleinen Begebenheiten und Besonderheiten wieder, die ich immer erleben darf, wenn ich meine Freundin, die Comtesse d’Angoulême, in Amboise oder Chinon besuche.«
    »Ich möchte auf keinen Fall Eure Gastfreundschaft über die Maßen strapazieren.«
    »Jetzt ist es aber genug, Bruder André! Was soll ich denn da sagen? Schließlich habt Ihr mich bereits zweimal aus den Klauen
dieser hasserfüllten Männer befreit. Mit der gemeinen Lüge, zu der sie sich verstiegen hatten, hätten sie mein Leben und meine ganze Arbeit ruiniert! Wer hätte wohl noch einen Wandteppich bei der Witwe eines Webermeisters bestellt, die eine Gefängnisstrafe absitzen musste, weil sie einen kostbaren Gegenstand gestohlen hat?«
     
    Am nächsten Morgen schlief Bruder André noch, als Alix gemeinsam mit Pierrot, der die Wiege mit dem kleinen Nicolas trug, das Haus verließ.
    Seit sie ihr Meisterstück für die Gilde fertig hatte und nicht mehr in der Werkstatt übernachtete, waren Mathias und Julio meist schon vor ihr dort.
    Auch an diesem Morgen waren sie schon gegangen, als Alix das Haus verließ, und in den

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