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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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so viele Fragen ohne Antwort. Auch Arnold stand vor einem Problem. Wo sollte er jetzt arbeiten? Wer würde ihn einstellen? Teppichwebereien gab es in Tours genug, aber wer wollte ihn wohl noch nach der Geschichte mit dem »T« für Tours?
    Bei Landry verhielt es sich ähnlich, er war auch ein guter Arbeiter, und ihn würde man in den Werkstätten von Tours nicht wie Luft behandeln.

    Sozusagen im Bruchteil einer Sekunde hatte Alix all diese Fragen erwogen. Sie konnte nur Mathias und Pierrot behalten, die an den geretteten kleinen Webstühlen arbeiten sollten. Schließlich gab es auch genug kleine Aufträge, wie das Weihnachtsthema für Johanna von Kastilien und die Jungfrauen des Vatikans , die noch nicht fertig waren.
    Julio würde bestimmt nach Rom zurückkehren, wenn es hier keine Arbeit mehr für ihn gab, und wer weiß, ob sie ihn dann je wiedersehen würde. Das würde ihr sehr leidtun, weil sie sich immer gut verstanden hatten. Julio hatte nämlich ein äußerst feinfühliges und empfindsames, ja beinahe weibliches Wesen, das sehr gut zu dem von Alix passte.
    Dieses neue schreckliche Unglück hatte Alix jedenfalls vollkommen niedergeschmettert, sie war wie erschlagen. Warum musste so kurz nach Jacquous Tod das Feuer ausbrechen? Alle Helfer waren kopfschüttelnd nach Hause gegangen, aber damals ereigneten sich derart viele Katatstrophen, dass man sich nicht lange mit den traurigen Folgen aufhalten konnte, wenn man nicht selbst betroffen war.
    Als Alix überschlagen hatte, was alles dank des mutigen Einsatzes ihrer Freunde gerettet worden war, beruhigte sie sich zunächst ein wenig. Nachdem ihr aber die ganzen Probleme bewusst wurden, die nun auf sie einstürzten, begann sie vor Verzweiflung zu zittern.
    Was sonst sollte man mit diesen rauchenden Mauerresten machen, wenn nicht sie wieder aufbauen! Aber dazu brauchte sie Geld, viel Geld, noch viel mehr als sie ohnehin für den Kauf neuer Hochwebstühle aufbringen musste.
    Den Kopf auf die Arme gestützt, saß Alix vor ihrer Schüssel mit Suppe, die sie nicht angerührt hatte. Vor lauter Halsschmerzen brachte sie kein Wort mehr heraus. Sie war leichenblass, und ihre
Hände zitterten. Vollkommen erschöpft waren Mathias, Julio und Pierrot schlafen gegangen und versuchten die schreckliche Atemnot und all die Konsequenzen der Katastrophe zu vergessen, die sich erst in den kommenden Tagen zeigen würden.
    »Ich lasse Euch nicht allein, Alix«, erklärte Bruder André, der als Einziger bei ihr geblieben war.
    »Nein, Bruder André, tut Euch das nicht an!«
    »Ach was! Ob ich jetzt etwas früher oder später davongejagt werde, spielt doch keine Rolle. Vielleicht bringt diese neuerliche Fahnenflucht die Dinge sogar ins Rollen. In diesem Zustand kann ich Euch auf keinen Fall allein lassen. Ausgeschlossen!«
    »Aber was soll ich denn jetzt nur tun?«, fragte Alix erschöpft.
    »Nachdenken. Ihr müsst über Eure Zukunft nachdenken. Und ich werde Euch dabei helfen. Ich verfüge über die nötigen Mittel und Unterstützung. Zum Beispiel habe ich einen Halbbruder, der mich liebt und bewundert. Ohne Euch mit Einzelheiten belästigen zu wollen - er ist der legitime Sohn eines großen Seidenhändlers, eines engen Freundes der Familie Le Viste, ich bin sein illegitimer Sohn.«
    »Das sind doch die Auftraggeber der berühmten Dame mit dem Einhorn !«
    »Genauer gesagt ihre Nachfahren. Liebe Alix, bedenkt, dass ich trotz meiner harmlosen Miene, meines runden Gesichts und meines Auftretens, das sich nicht zwischen strengem Mönch und bravem Kind entscheiden kann, wirklich wichtige Menschen kenne und nicht ohne Unterstützung dastehe. Sollte das Vermögen meines Vaters an meinen Bruder gehen, stört mich das wenig! Meine Mutter ist ebenfalls sehr wohlhabend und wird mir alles vererben.«
    Er lächelte vielsagend und fuhr fort:
    »Falls Ihr eines Tages beruflich nach Lyon kommen solltet,
lernt Ihr bestimmt früher oder später den berühmten Seidenhändler Mirepoix kennen. Er handelt mit ganz Europa.«
    Alix sah den Abbé überrascht an. Jetzt zitterte sie nicht mehr, und in ihren Augen zeigte sich ein kleiner Funken Zuversicht.
    »Erinnert Ihr Euch noch?«, sagte der Abbé, »vertrauliche Gespräche ergeben sich immer unverhofft, habe ich erst gestern Abend zu Euch gesagt.«
    »Ihr habt recht, Bruder André, und ich danke Euch sehr für Euer Vertrauen.«
    »Ich bin sicher, dass es Brandstiftung war, und ich werde die Übeltäter finden, Alix! Mein Bruder wird mich dabei unterstützen.

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