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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Hauptgebäude beanspruchen.«
    »Wenn wir uns nur bei förmlichen Promenaden und königlichen
Festivitäten begegnen, werden wir uns mit Sicherheit ausgezeichnet verstehen. Hat Euer verstorbener Gatte, Charles VIII., nicht für die erforderliche Einrichtung gesorgt, damit es sich auf Amboise behaglich leben lässt?«
    »Die Einrichtung?«, wiederholte Anne und zuckte kaum merklich die Achseln. »Ihr meint wohl den Wiederaufbau!«
    Ihre schwarzen Augen wurden ganz schmal, als sie verärgert fortfuhr:
    »Charles hat das ganze Schloss nach Osten hin erweitert, bis zu dem Graben, der es von dem Hügel trennt. Drei lange Jahre musste ich im alten Donjon wohnen, weil das Schloss eine einzige Baustelle war.«
    »Meiner Meinung nach handelte es sich dabei lediglich um Umbauten«, meinte Louise. »Amboise sollte grundlegend erneuert werden. Aber ich schätze die gute Arbeit, die Frà Giovanni Giocondo dort geleistet hat. Dieser Baumeister war zweifellos ein großes Talent, auch wenn ich die Bauten von Mazzoni bevorzuge.«
    »Ihr seid scheinbar sehr gut unterrichtet, meine Liebe«, bemerkte die Königin ironisch.
    Louise schenkte ihr ein spöttisches Lächeln.
    »Wenn ich auch fern vom Hof des Königs von Frankreich gelebt habe, war es mir doch ein Anliegen, mich in meiner Heimat Angoulême ständig über seine großen Baumaßnahmen auf dem Laufenden zu halten.«
    »Umso besser, dann solltet Ihr auch wissen, dass kürzlich Terrassen im italienischen Stil mit Blick auf die Loire angelegt worden sind.«
    »Ich bin überzeugt, sie werden mir sehr gefallen«, versicherte Louise. »Ich bin eine große Verehrerin der italienischen Baumeister, und die Ideen des neapolitanischen Gartenkünstlers Don
Pacello begeistern mich ganz besonders. Nachdem ich weiß, wie sehr Ihr die Natur schätzt und wie viel Freude es Euch macht, durch Eure Parks zu spazieren, nehme ich doch an, dass wir uns im Garten gelegentlich über den Weg laufen werden.«
    Die Königin trat einen Schritt zurück. Nun befand sie sich mit dem Rücken zum Fenster, aber es gab kein Möbelstück mehr, auf das sie sich stützen konnte. Also tat sie so, als wäre sie sehr müde, ehe sie ihrer Rivalin ins Gesicht schleudern wollte, worum es bei dieser Unterredung in Wirklichkeit ging.
    Sie kam aber gar nicht erst dazu, weil Francette wieder erschien und höflich, aber ungeniert fragte:
    »Entschuldigt die Störung, Hoheit, aber welche Robe gedenkt Ihr bei Eurer Ankunft in Amboise zu tragen?«
    Anne entfernte sich vom Fenster und ging zu ihrer Kammerzofe.
    »Das spielt doch keine Rolle, Francette. Diesen Anlass halte ich nicht für sonderlich wichtig. Kümmere dich lieber um die anschließenden Feierlichkeiten und die Toilette, die ich dazu tragen soll.«
    »Ja, eben, der Schneider Eurer Hoheit wünscht zu erfahren, wann die Anprobe ist. Außerdem würde er gern wissen, ob er zusätzliche Perlen bestellen soll. Wenn Ihr alle Ärmel bestickt haben wollt, haben wir nicht genug Perlen.«
    »Ich probiere die Robe in Amboise an. Anproben unterwegs finde ich äußerst unkommod«, antwortete sie gereizt. »Mit neuen Bestellungen soll er bis dahin warten.«
    Sie kehrte zum Fenster zurück, lehnte sich jetzt aber mit den Ellenbogen aufs Fensterbrett.
    »Und nun störe uns nicht länger, Francette. Wir können das alles heute Abend ausführlich besprechen.«
    Als die Kammerzofe verschwunden war, wandte sie sich an
Louise und kam ohne weitere Umwege auf das Thema zu sprechen, das ihr am Herzen lag.
    »Da Ihr ja bestens unterrichtet zu sein scheint, nehme ich an, irgendwelche schwatzhaften Mäuler dürften Euren begierigen Augen Appetit auf Château du Clos-Lucé gemacht haben!«
    »Meinen begierigen Augen!«, spöttelte Louise. »Ihr glaubt doch nicht etwa, nur meine Augen interessierten sich dafür?«
    Dann warf sie ihren Rockschoß zur Seite und fuhr noch spöttischer fort:
    »Natürlich weiß ich, dass der König dieses Märchenschloss aus rosa Steinen und versteckt in einem prächtigen Park für mich bestimmt hat. Doch das habe ich nicht von irgendwelchen Plaudertaschen erfahren. Der König höchstpersönlich teilte es mir an dem Tag mit, an dem er meinem Sohn das Herzogtum Valois zum Geschenk machte.«
    Die Königin verlor beinahe die Nerven.
    »Eine reichlich großzügige Entschädigung, wie mir scheint«, meinte sie scharf.
    Doch ehe Louise zu einer mutigen Entgegnung ansetzen konnte, erschien in der geöffneten Tür - wegen des Umzugs standen nämlich ständig alle Türen und
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