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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Maler, und die Kartons, die er als Vorlagen für seine Wandbehänge anfertigte, gehörten zu den berühmtesten überhaupt. Die Pflanzensymbolik behandelte er in ihrer ganzen Pracht und beherrschte die Technik des Mille Fleurs, die damals sehr in Mode war, perfekt. So hatte er auch die Zeichnungen für die großen Wandbehänge »Der Trojanische Krieg« gemacht. Die Geschichte von Penthesilea und Pyrrhus schmückte die Wände im Schloss von Amboise, in den Gemächern von Charles VIII.
    Wie es hieß, waren die Wandbehänge für das Chorgestühl der Abtei von Ronceray in der Nähe von Angers wahre kleine Kunstwerke. Damit diese nicht gefälscht werden konnten, wurden sie alle signiert. Ja, Meister de Coëtivy hatte sich in einen richtigen Künstler verwandelt, und Meister Yann durfte stolz sein, dass er ihn zum Freund hatte.
    Auf dem Weg zurück in die Frauen-Werkstatt eilten sie an den Arbeiterinnen vorbei, die dabei waren, riesige Samtbahnen abzumessen. Eine von ihnen drehte sich immer wieder nach dem schönen Arnaud um, der im Hintergrund des großen Raums mit geschickter Hand die Baumwolle weich klopfte, die zum Auspolstern verschiedener Stoffe bestimmt war, auf denen dann Stickereien aus Perlen und kostbaren Fäden angebracht wurden.
    Ehe Jacquou die Werkstatt verließ, warf er Alix einen letzten Blick zu. Nachdem sie die beschädigten Garne sortiert und aufgeräumt hatte, ordnete sie die anderen jetzt nach dick und dünn, um sie anschließend auf unterschiedlich lange Stäbe zu wickeln. Als sie Jacquou bemerkte, schenkte sie ihm ein Lächeln.
    Alix war ein hübsches kleines Mädchen und würde gewiss einmal eine Schönheit werden. Ihre Haut war ebenmäßig und hell, das Oval ihres Gesichts vollkommen, und das kastanienbraune Haar fiel ihr in dicken Locken über die Schultern – fast wie die Mengen von bunten Fäden, die sich auf dem Boden kringelten. Jacquou hatte nur Augen für sie. Von weitem lächelte er sie noch einmal an, und das Mädchen antwortete ihm mit einer graziösen kleinen Handbewegung.
    »Kommt jetzt, Pierre«, sagte Yann zu seinem Freund. »Gehen wir zu den Stickerinnen, die meine Werkstatt eigentlich Richtung Val de Loire verlassen sollten. Ich muss mit ihnen reden. Vielleicht könnt Ihr mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.«
    Als sie hereinkamen, hatte Gaëlle gerade auf ihrem Holzrahmen einen Karton befestigt, der auf der Rückseite durchsichtig wirkte. Das war eines dieser großartigen Vorzeigewerke, die die Herren aus der Bretagne so sehr schätzten, und die der Minerva glichen, deren großartiges Fresko etwa zwanzig Jahre zuvor von Cosimo Tura und Francesco Cossa gezeichnet worden war.

2
     
    Als sie früh am nächsten Morgen aufbrachen, nieselte es wieder und war kalt und unfreundlich. Die Kutschen waren dick mit Stroh ausgelegt, die Reisenden hatten sich in warme Decken gewickelt, und der Dampf aus den Nüstern der Pferde verflüchtigte sich sofort im morgendlichen Nebel.
    Man hatte beschlossen, dass Jacquou mit den Stickerinnen von Meister Yann nach Amboise, und von dort mit dem Kutscher Anselme, in dessen Obhut man ihn gegeben hatte, weiter nach Tours reisen sollte. Nach eingehenden Überlegungen hatte Meister Coëtivy seine Werkstatt in Tours für Jacquous Lehrjahre ausgewählt.
    Die Reise der Zofen von Königin Anne war sorgfältig geplant und die Vorbestellung der Zimmer in den Gasthäusern am Weg gut vorbereitet, so dass Meister Coëtivy beruhigt sein durfte, dass sein Schützling heil in Tours ankommen würde.
    Die vier Kutschen verließen Nantes, ehe sich der morgendliche Nebel verzogen hatte. Obwohl die Reisenden warm und bequem angezogen waren, kroch ihnen die feuchte Kälte bis auf die Haut.
    Alix hatte man im letzten Wagen versteckt, in dem die Ballen und Pakete verstaut waren, und sie versuchte sich möglichst klein zu machen. Bei jedem Halt kam Jacquou zu ihr und vergewisserte sich, dass es ihr an nichts fehlte.
    »Machen wir bald eine richtige Pause?«, fragte ihn das Mädchen und streckte ein wenig ihre eingeschlafenen Gliedmaßen.
    »Ja, Dame Bertrande hat deine Freundinnen und die Zofen der Königin eingeladen.«
    »Und wer ist Dame Bertrande?«
    »Sie ist die Frau von Meister Coëtivy.«
    »Warum bist du eigentlich immer mit ihm zusammen?«
    Jacquou stieß einen Seufzer aus. Dann setzte er sich neben seine Freundin, wobei er darauf achtete, ihr nicht den ohnehin wenigen Platz streitig zu machen. Ach Gott! Nur zu gern hätte er Alix, die ihn mit großen Augen

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