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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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bevor ihr eine Antwort eingefallen war, trat Grete zu ihnen. Sie hatte Fygens Worte mitbekommen und rümpfte missbilligend die Nase. »Mertyn Ime Hove? Der sieht nur gut aus«, urteilte sie herablassend »Sonst nichts. Er kommt aus Süchteln und arbeitet für den Englandhändler Heinrich Overbach als Kaufmannsknecht. Nicht einmal kölnischer Bürger ist er. Ich weiß gar nicht, was der hier zu suchen hat.«
    »Wenigstens hat er eine ordentliche Frisur, im Gegensatz zu Herrn Lützenkirchen«, provozierte Fygen ihre Base, die ihr auch prompt ins Netz ging.
    »Peter Lützenkirchen ist ein angesehener, erfolgreicher Seidenhändler und stammt zudem aus einer ehrbaren Familie«, schnappte sie zurück.
    Sieh an, dachte Fygen. Ihre unansehnliche Base hatte ein Auge auf den schmucken Kaufmann geworfen. Doch sie bemerkte auch, dass die anmaßenden Worte ihrer linkischen Base Katryn getroffen hatten, und so wechselte sie rasch das Thema. »Hast du das Warzenmittel schon ausprobiert?«, wollte sie scheinheilig von Grete wissen.
    »Ja, natürlich, aber man muss es wohl öfter nehmen. So schnell scheint es nicht zu wirken«, antwortete diese ernsthaft.
    »Ach, nein?«, fragte Fygen und betrachtete eingehend Gretes unansehnliche Warze. »Natürlich nicht. Entschuldige. Ich habe vergessen, dir zu sagen, dass du es jeweils um Mitternacht auftragen sollst. Dann sei die Wirkung am größten, hat mir die Kräuterfrau gesagt«, erklärte sie.

    »Vielleicht hebt das deine Stimmung ein wenig«, murmelte Fygen und ließ ein kleines, mehrfach gefaltetes und mit Wachs versiegeltes Papier in Katryns Schoß gleiten. Die Freundin saß an ihrem Webstuhl, das Schiffchen müßig in der Hand, und starrte Löcher in die Luft. Seit Tagen ging das nun schon so, genau gesagt, seit dem Abend der Tanzerei. Katryn schlich mit Leidensmiene herum, war abwesend und zerstreut. Das trug nicht gerade zur guten Stimmung in der Werkstatt bei, zumal erst jetzt deutlich wurde, wie sehr Sewis ihnen allen fehlte. Nicht dass sie so viel gearbeitet hätte. Sewis hatte geschickt verstanden, der Arbeit aus dem Weg zu gehen, doch sie war immer munter und fröhlich gewesen, ein erfrischender Ausgleich zu Gretes sauertöpfischer Art.
    Katryn ließ das Billett in ihrer Rocktasche verschwinden, nicht eine Sekunde zu spät, denn eben trampelte Grete vom Hof herein. »Ich hoffe nicht, dass du viel für das Warzenmittel gezahlt hast. Es taugt nichts«, beschwerte sich die Base lautstark bei Fygen. »Man sollte die Alte in den Kacks sperren.« Nach wie vor prangte die unschöne Warze in all ihrer roten Pracht unter Gretes Auge.
    Katryn biss sich auf die Zunge, um nicht laut herauszuplatzen, doch Fygen bewahrte Haltung. »Das verstehe ich nicht. Sie hat mir versichert, dass es hervorragend wirkt. Aber wenn du willst, können wir ja auf den Heumarkt gehen und sie zur Rede stellen.«
    Grete winkte ab. Auf das Angebot wollte sie wohl lieber nicht eingehen, denn dazu war ihr die Angelegenheit doch zu peinlich.
    »Was hättest du gemacht, wenn sie mit dir zu dem Kräuterweib hätte gehen wollen?«, fragte Katryn ihre Freundin später, als sie unter sich waren.
    »Nichts. Wir wären eine Ewigkeit über den Heumarkt gelaufen, aber das richtige Kräuterweib hätten wir nie gefunden, da bin ich sicher.«
    Katryn kicherte, dann wurden ihre Züge wieder ernst, und ihr Augen umwölkten sich.
    Teilnahmsvoll nickte Fygen. »Der Kaufmannsknecht?«
    Katryn schluckte hörbar, dann brach ihr ganzes Unglück heftig aus ihr heraus: »Kaufmannsknecht, das ist es ja gerade!«
    »Ja, und? Lass Grete doch lästern. Die ist doch nur neidisch, weil sich nach ihr niemand umguckt.«
    »Grete ist mir egal«, schluchzte Katryn, und Fygen begann zu verstehen.
    »Es ist wegen deiner Eltern, nicht wahr?«
    Katryn nickte.
    »Für sie ist er nicht standesgemäß, ist es das?«
    Wieder nickte die Freundin, und bittere Tränen liefen ihr über das Gesicht.

15. Kapitel
    I hr wollt doch bei der Kälte nicht wirklich da draußen herumlaufen? Bleibt doch hier, ich lasse uns noch einen Becher heiße Milch bringen«, schlug Katryns Mutter vor.
    »Bleibt hier«, echote Adelheid und schaute ihre Schwester bittend an.
    In der Tat hatte das Wetter noch nicht gemerkt, dass der April fast vorüber und es Frühjahr geworden war, da es nach wie vor kalt und feucht war. Gemütlich hatten Katryn und Fygen am Sonntagmittag nach Messe und einem heißen Bad in der Starkenbergschen Badestube an der großen Tafel gesessen und es sich

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