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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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des Ruins zu geraten. Und zurzeit gestaltet sich der Englandhandel ein wenig schwierig, wie du weißt.«
    Infolge einer Auseinandersetzung zwischen der Hanse, eines deren wichtigsten Mitglieder die Stadt Köln war, und England hatten vor knapp drei Jahren, im Juli 1468, die Engländer drastische Maßnahmen ergriffen. Eine große Zahl Kaufleute am Londoner Stalhof, der hansischen Niederlassung in London, darunter siebenundachtzig kölnische Handelsherren, waren neun Monate lang unter Arrest gestellt und ihre Waren beschlagnahmt worden. Das hatte katastrophale Auswirkungen für die kölnische Wirtschaft gehabt, war England doch neben den Niederlanden der wichtigste Handelspartner der Stadt, die allein über ein Viertel des Tuchexportes aus England für die Hanse bestritt. Zwei Jahre später war dann auf dem Hansetag in Lübeck England der Krieg erklärt worden, sehr zum Verdruss der Kölner, die im Krieg keine Lösung sahen. Sie verhandelten mit König Edward IV., was wiederum die anderen Hansemitglieder erboste. Sie drohten den Kölnern, sie wegen ihrer Eigenmächtigkeit aus der Hanse auszuschließen, doch das scherte die Kölner wenig. Waren doch die kölnischen Kaufleute bereits ein Jahr nach dem Vorgehen Englands gegen sie wieder in den Stalhof eingezogen, hielten ihn nun allein besetzt und hatten sogar ihre beschlagnahmten Waren zurückerhalten. Als einziges Hansemitglied hielten sie nun alleine den Handel mit England aufrecht.
    In diesem Frühjahr hatte die Hanse ihre Drohungen wahr gemacht und die Kölner aus dem Bündnis ausgeschlossen. Konkret bedeutete es, dass es allen Kaufleuten der Hanse untersagt war, mit kölnischen Waren zu handeln, kölnische Kaufleute zu beherbergen oder mit ihnen eine Gemeinschaft einzugehen.
    Jetzt, im Sommer 1471, tobte der Kaperkrieg auf den Meeren und erschwerte den Kaufleuten die Arbeit, da ihre Schiffe immer wieder von Hansischen Freibeutern aufgebracht wurden. Aber auf diejenigen, die mit ihrer Ware durchkamen, warteten hohe Profite.
    »Mir selbst ist erst kürzlich eine Lieferung Tuch bei der Überquerung des Kanals abhandengekommen«, fuhr Peter fort. »Der Krieg ist eine einzige Katastrophe. Wenn die verdammte Hanse nur endlich diesen unsinnigen Krieg beenden würde.«
    Ein beleibter, älterer Herr, der allein an einem Tisch in der Nähe gesessen hatte, erhob sich schwerfällig von seinem Stuhl. In seinem Haar war bereits mehr Grau als Blond zu finden, und die Sonne hatte ihre Spuren in sein Gesicht gegraben. Höflich verbeugte er sich vor Peter. »Sie erlauben? Vornhuis, Kaufmann aus Lübeck. Ich konnte eben nicht umhin, Ihre Meinung über den Kaperkrieg mit anzuhören. Ich bin allerdings, wie Sie verstehen werden, anderer Meinung. Wenn die Stadt Köln sich dem Beschluss der Hanse gefügt und England die Stirn geboten hätte, anstatt um des eigenen Vorteils willen einen eigenmächtigen Weg zu gehen, dann gäbe es diesen unseligen Krieg jetzt nicht.« Diesen eklatanten Vorwurf brachte der Kaufmann jedoch mit einem so sympathischen Lächeln vor, dass Peter gerne bereit war, auf diesen Disput einzugehen. »Wer hat denn den Engländern den Krieg erklärt?«, fragte er zurück. »Doch nicht die Kölner. Wir haben versucht, einen friedlichen Weg in Verhandlungen mit Edward IV. zu finden, was uns auch gelungen ist. Und dass es zu unserem Vorteil gereicht – nun, wir sind Kaufleute.«
    »Dennoch bin ich sicher, dass die unbeugsame Haltung der Hanse auf lange Sicht Erfolg haben wird. Die englische Bevölkerung schätzt die Blockaden überhaupt nicht.«
    »Bis dahin hat sich die Hanse aber selbst einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt, meine ich.«
    »Am Ende wird gezählt. Dann werden wir sehen, wer der Gewinner und wer der Verlierer ist.«
    Peter genoss die Kontroverse sichtlich. Respektvoll stand er auf, reichte Vornhuis die Hand und antwortete mit jungenhaftem Lächeln: »Peter Lützenkirchen, Seidenhändler. Ich sehe, Sie wissen ein Wortgefecht zu schätzen. Gewiss verbietet Ihnen Ihre Einstellung nicht, uns bei unserer kleinen Feier Gesellschaft zu leisten und einen Becher mit uns zu trinken.«
    »Diese Einladung nehme ich gerne an«, antwortete Vornhuis aufgeräumt, und Mertyn beeilte sich, einen weiteren Stuhl für ihren Gast herbeizuschaffen.
    Fygen hatte dem Gespräch nur mit geteilter Aufmerksamkeit zugehört. Vielmehr hatte sie ihren Spaß daran, den kleinen Herman, der nach wie vor mit seinen kurzen Fingerchen nach ihren Haaren grapschte, mit den Enden

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