Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
Vom Netzwerk:
ihrer ersten gemeinsamen Reise nach London aufgebrochen.
    Diese, ihre erste gemeinsame Unternehmung, hatte sich als ein glücklicher Erfolg gezeigt, und sie sollte nicht die letzte bleiben. Seitdem pflegten die beiden Männer ihre Reisen gemeinsam zu unternehmen, und vor allem Katryn war froh, den erfahrenen, verlässlichen Peter an Mertyns Seite zu wissen.
    Doch in diesen unruhigen Zeiten, wo überall Soldaten aufmarschierten, konnte es ausreichen, im falschen Moment am falschen Ort zu sein, um dafür mit dem Leben zu bezahlen, dachte Fygen. Sie war nicht sehr gläubig, aber sie nahm sich vor, am nächsten Morgen für die sichere Heimkehr von Mertyn und Peter in Klein St. Martin eine Kerze zu stiften. Schaden konnte das sicher nicht.
    Katryn war in einen unruhigen Schlaf gefallen und warf sich von einer Seite auf die andere. Mechanisch stopfte Fygen die Decke wieder um ihre Schultern herum fest.
    Es gab noch andere Dinge, die ihr Kopfzerbrechen bereiteten. Sie musste nämlich eine Entscheidung treffen. Eine Entscheidung von größter Tragweite, denn es ging um ihr persönliches Leben, ihre Zukunft. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte alles so bleiben können, wie es war, bis in alle Zeiten. Sie würde weiterhin bei Katryn wohnen, mit ihr zusammen weben, auch ohne Lohn, abends mit ihr und Mertyn im Hof sitzen und so die Tage verbringen. Doch Fygen wusste, dass das nicht ging, denn ihre Lehrzeit war vor ein paar Wochen zu Ende gegangen. In der Aufregung um die Kriegsvorbereitungen war ihre Prüfung vor dem Seidamt jedoch einfach in den Hintergrund getreten. Sie hatte in Ruhe ihr Werkstück angefertigt und war, da sie von Katryn auf das Beste ausgebildet worden war, an dem fraglichen Morgen ohne weiteres Aufheben zur amtierenden Zunftmeisterin, Druytgin Vurberg, marschiert, hatte deren Fragen beantwortet und ihr das Werkstück vorgelegt. Und das war es gewesen. Nun war sie Seidmacherin. Doch dieser Umstand bereitete ihr keine rechte Freude, denn sie würde Katryn verlassen müssen. Ihre junge Lehrherrin würde ein neues Lehrmädchen einstellen, denn ihr Geschäft warf noch nicht so viel ab, dass sie sich eine ausgelernte Seidmacherin leisten konnte.
    Fygen liebte das Seidweben und hätte sich gerne wie Katryn mit einem eigenen kleinen Betrieb selbständig gemacht. Sie wäre sicher eine gute Seidmacherin, denn Katryn hatte ihr alle handwerklichen Fertigkeiten beigebracht und darüber hinaus alles Wissenswerte über den Einkauf der Rohseide, das Führen der Geschäftsbücher und den Verkauf der fertigen Seide. Sie wusste, was sie den Garnspinnerinnen zu zahlen und wie sie mit den Färbern zu verhandeln hatte, die immer wieder versuchten, mehr Gallen zu berechnen, als sie tatsächlich verbrauchten. Doch die eigene Weberei würde für Fygen leider auf ewig ein Traum bleiben. Wie immer wenn ihre Gedanken zu diesem Punkt kamen, seufzte sie traurig. Die Wirklichkeit sah anders aus. Sie würde sich bei einer der reichen Seidmacherinnen verdingen und für Lohn wirken müssen. Und das hieße natürlich, wieder von der Gnade und dem Wohlwollen einer Fremden abhängig zu sein. Doch selbst wenn sie fleißig war und sparsam lebte, das Geld für ihre Selbständigkeit würde sie wohl nie aufbringen können. Es waren ja nicht nur die drei Gulden für das Seidamt. Sie musste ein Haus mieten, das Platz für eine Werkstatt bot. Dazu mindestens einen Webstuhl anschaffen, besser zwei, nebst all dem anderen Werkzeug. Und ebenfalls nicht zu unterschätzen war das Geld, dass sie aufbringen musste, um Rohseide kaufen und bezahlen zu können. All das summierte sich zu einem schier unglaublichen Betrag, weit außerhalb ihres Vermögens.
    Müde rieb Fygen sich die Augen und streckte sich. Ihre Glieder waren vom langen Sitzen auf dem kleinen Schemel ganz steif geworden, und die Muskeln hatten sich verspannt. Katryn hatte aufgehört zu frieren. Ihr Körper war unvermittelt warm geworden und strahlte nun eine schier unerträgliche Hitze aus. Eilig stand Fygen auf, um eine Schüssel Wasser und ein paar Lappen zu holen. Als sie an Katryns Bett zurückkehrte, war das Gesicht der Freundin rot und erhitzt, und Schweißperlen rannen ihre Schläfen hinab. Eine feuchte Haarsträhne klebte ihr auf der Wange. Fygen befeuchtete einen Lappen und wischte Katryn mit dem kühlen Tuch über Stirn und Gesicht. Erneut tauchte sie das Tuch ins Wasser, wrang es aus und ließ es kühlend auf Katryns Stirn liegen. Mit einiger Mühe löste sie die feuchten

Weitere Kostenlose Bücher