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Die Seilschaft

Die Seilschaft

Titel: Die Seilschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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genauso wie Petra nur eine Eintagsfliege für so ’nen Typen wie Schwerdt gewesen. Widerlich.»
    Kilian glaubte Abscheu in ihrem Gesicht lesen zu können. Woher wusste die Frau das alles?
    «Haben Sie den Streit zwischen Lutz Bender und Petra Bauer beobachtet?»
    «Notgedrungen. Ich war auf dem Weg zur Toilette.»
    «Wurde Bender handgreiflich?»
    «Er hat sie am Arm gepackt, aber Petra verstand sich zu wehren. Als er mich dann sah, hat er die Finger von ihr gelassen und ist wieder in den Gastraum zurückgegangen. Petra hat mich gebeten, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen. Sie würde das schon regeln.»
    Wenn Bender Gewalt angewandt hatte, warf das ein völlig anderes Licht auf seine Aussage und auf den Fall. Er würde gleich nochmal mit ihm sprechen. Allerdings hatte er nicht mit Schwerdt gerechnet. Der erhob sich und machte sich torkelnd auf den Weg – wahrscheinlich in die nächste Kneipe.
    In dieser Verfassung konnte Kilian ihn nicht ziehen lassen. Schwerdt musste ruhiggestellt werden.
    «Können Sie ihn in sein Hotel begleiten?», fragte er die Frau.
    Die lehnte empört ab.
    «Ich soll Schwerdt freiwillig auf ein Hotelzimmer bringen? Beim besten Willen nicht.»
    Sie startete ihr altes Mofa und machte sich ratternd davon.
    Noch bevor Kilian sich anschickte, Schwerdt von seinem rastlosen Unterfangen abzubringen, hielt eine Limousine.
    Eine sichtlich vergnügte Ute Mayer stieg aus, gefolgt von Sandra Wagner, der neuen Generalsekretärin.
    Sie wurden von Hilde Michalik sehnsüchtig erwartet. Für die nächsten Tage stand ein umfangreiches Programm auf dem Plan, bei dem Ute Mayer und Sandra Wagner als neues Gesicht der Partei präsentiert werden sollten.
    Werner Schwerdts Auftritt war für Hilde inakzeptabel. So verhielt man sich einfach nicht, sondern man zeigte Größe und Anstand, selbst in der dunkelsten Stunde.
    Größe und Anstand waren die ersten beiden Anforderungen gewesen, die sie zu Beginn ihrer Karriere erlernt hatte. Sie hatte lange Jahre unter dem Dach eines Würzburger Kürschnerehepaars gelebt und sich als fürsorgliches Kindermädchen bewiesen. Als Dank sollte Hilde zu Beginn ihrer Volljährigkeit einen neuen Lebensweg beschreiten. Die Kontakte des Kürschners waren gut. Er verschaffte ihr eine Stelle im fernen München. Dort trat sie als Sekretärin in die Dienste der Partei. Ihr neuer Chef war ein ganz Großer, einer, der im In- und im Ausland gefürchtet, aber auch geschätzt wurde.
    Von ihm lernte sie alles, was Dada ihr nicht hatte vermitteln können – Größe und Anstand zu zeigen.
    Allerdings nur, wenn es opportun war.

16
    Werner Schwerdt hatte sich in der Altstadt, unweit des Unteren Markts und der Marienkapelle, im altehrwürdigen Hotel Greifenstein eingemietet.
    Kilian vermutete, dass er das geschichtsträchtige Haus weniger wegen seiner exzellenten Lage ausgewählt hatte, sondern wegen der angeschlossenen Bar.
    Und genau darauf steuerte er zu.
    «Meinen Sie nicht, dass Sie bereits genug haben?», fragte Kilian.
    «Es ist nie genug», antwortete Schwerdt trotzig und ging hinein.
    Er bestellte einen Wild Turkey.
    «Was ist mit Ihnen?», fragte er. «Auch einen?»
    Kilian lehnte ab. «Ich bin im Dienst.»
    Schwerdt wischte den Einwand weg.
    «Noch einen», befahl er dem Barmann, «damit mein Freund nicht verdursten muss.»
    «Ich bin nicht Ihr Freund.»
    «Ja, das stimmt. Seine Freunde sollte man sich gut aussuchen. Seine Feinde allerdings auch.»
    «Ich bin auch nicht Ihr Feind.»
    «Was wollen Sie dann von mir?»
    «Sie sollten sich hinlegen und Ihren Rausch ausschlafen, bevor Sie eine Dummheit begehen. Was halten Sie davon?»
    Schwerdt schnappte sich sein Glas.
    «Auf die Dummheit», sagte er und kippte den Bourbon ineinem Zug hinunter. «Da laut Einstein die Dummheit genauso grenzenlos ist wie das Universum, habe ich noch einiges nachzuholen.»
    Er schob Kilian sein Whiskyglas zu.
    «Jetzt stellen Sie sich nicht so an und trinken Sie mit mir. Vorher werde ich diese Bar nicht verlassen.»
    Mit Betrunkenen kann man nicht diskutieren, sagte sich Kilian. Für einen Drink nahm er Platz.
    «Na also. War doch gar nicht so schwer.»
    Er bestellte eine neue Runde.
    «Warum haben Sie Würzburg gestern nicht verlassen?», fragte Kilian. «Die Befragung war beendet.»
    «Weil es in München nichts mehr für mich zu tun gibt.»
    «Es wird sich sicherlich etwas Neues für Sie finden lassen.»
    Schwerdt lächelte bitter. «Was macht Sie da so sicher?»
    «Sie sind nicht der erste

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