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Die Seilschaft

Die Seilschaft

Titel: Die Seilschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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hinaus. Kilian folgte ihm.
    Ein Beistelltisch war umgefallen, mit ihm eine Reihe Gläser und Sektflaschen. In den Scherben lag ein Mann, eine Flasche in der Hand, die er grölend schwenkte. Er lallte den alten Marlene-Dietrich-Klassiker
Ich bin die fesche Lola, der Liebling der Saison
. Und dieser offensichtlich sturzbetrunkene Mann war Werner Schwerdt.
    Bender eilte auf ihn zu und griff ihm unter die Arme.
    «Werner, steh auf. Komm schon.»
    Schwerdt hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
    «Wo ist sie?»
    Sein Blick wanderte unruhig von Gesicht zu Gesicht der Umstehenden.
    «Wer?»
    «Sandra, das Miststück.»
    «Sie ist nicht hier, und außerdem: Was willst du von ihr?»
    «Meine Glückwünsche aussprechen. Ich habe ihr auch was mitgebracht.»
    Er griff in seine Jackentasche und holte etwas hervor, das mal ein rosa Glücksschwein aus Marzipan gewesen sein mochte. Jetzt war es nur noch ein platter, ekliger Fladen mit dem zerknautschten Zylinder eines Schornsteinfegers. Erschaute es an, als könne er sich nicht daran erinnern, es gekauft zu haben.
    «Wer im Dreck wühlt, muss mit Kollateralschäden rechnen.»
    Angewidert warf er es von sich.
    Es fiel zu Füßen einer Frau, die, vom Krach ebenfalls alarmiert, auf den Gang getreten war.
    «Werner», sagte Hilde Michalik. «Was machst du hier?»
    Schwerdt torkelte auf sie zu. «Die wilde Hilde   … die Strippenzieherin der Nation. Die verschmähte Sandra aus dem Zylinder zu zaubern und sie auf meinen Posten zu setzen war ein Meisterstück. Der Alte wäre stolz auf dich gewesen. Ich verbeuge mich in aller Demut.»
    Die Verbeugung gestaltete sich zu einem waghalsigen Unterfangen. Schwerdt schwankte, sodass Bender ihm zu Hilfe kommen musste.
    «Komm mit in die Küche», sagte er, «du brauchst dringend eine Erfrischung.»
    Doch Schwerdt war nicht beizukommen. Er befreite sich und wankte auf ein Regal zu, auf dem noch ein paar unbeschädigte Flaschen standen.
    Es war höchste Zeit einzugreifen.
    «Ich denke, Sie haben genug für heute», sagte Kilian.
    Beherzt griff er ihn am Arm, führte ihn zur Tür und schleppte ihn die Treppen hinunter auf die Straße. Eine Spur zu energisch, er fasste sich an seine verletzte Seite.
    «Verdammt, hört das denn nie auf?»
    Auch für Schwerdt war der Abgang überstürzt gewesen. Er erbrach sich in den Rinnstein.
    Aus dem Hintergrund trat eine Frau und kam ihm zu Hilfe. Kilian erkannte in ihr die Frau aus dem Kopierraum.
    «Alles okay mit Ihnen?», fragte sie.
    Kilian nickte unter Schmerzen. «Ist gleich vorbei.»
    «Was ist nur mit den Männern los? Der eine säuft sich um den Verstand, der andere leidet an Altersschwäche.»
    «So weit ist es noch lange nicht.» Er richtete sich auf. «Habe ich Sie nicht gerade im Parteibüro gesehen?»
    «Jenny Walther», antwortete sie und reichte ihm die Hand. «Ich gehöre zum Fußvolk. Flugblätter, Luftballons, Sticker und Süßigkeiten. Ich bin erst seit kurzem bei dem Verein. Aber es macht Spaß.»
    Kilian schmunzelte wegen der Wortwahl. Verein. Lutz Bender hätte das nicht hören dürfen.
    «Was treibt eine junge Frau, die offensichtlich wenig mit der parteiüblichen Kleiderordnung am Hut hat, in die Politik?»
    «Zu Anfang war es Langeweile, aber inzwischen ist es richtig witzig. Hier tut sich wirklich etwas.»
    Sie blickte zur Seite, wo sich Schwerdt an ein Auto gelehnt ausruhte.
    «Aber der da ist ein Auslaufmodell.»
    «Bis gestern bezeichnete man ihn noch als die große Hoffnung der Partei.»
    «Dummes Geschwätz. Sandra wird dafür sorgen, dass man ihn bald vergessen hat.»
    «Sie meinen die neue Generalsekretärin Sandra Wagner?»
    Sie nickte.
    «Was wird sie anders machen?»
    «Alles. Zuerst wird sie dafür sorgen, dass sich so etwas wie vor zwei Wochen nicht wiederholt. Ein Generalsekretär und ein Ortsvorsitzender buhlen öffentlich um die Gunst einer Praktikantin. Das war schon ekelhaft.»
    Kilian war irritiert. «Sprechen Sie von Lutz Bender?»
    «Ja.»
    «Er sagte mir   …»
    «Lutz ist ein Schönredner vor dem Herrn. Er war in Petra verschossen, sie jedoch nicht in ihn. Beim Abendessen hat eralle Hebel in Bewegung gesetzt, um neben diesem Ekelpaket Schwerdt sitzen zu können. Er wollte sich in den Vordergrund spielen und hoffte, Schwerdt würde ihn fördern. Aber die Einzige, die auf eine Bevorzugung hoffen konnte, war Petra. Lutz hat ihr das nicht verziehen.»
    «Kam es zum Streit?»
    «Sie haben sich vor der Toilette gefetzt, als ginge es um ihr Leben. Dabei ist Lutz

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