Die Seilschaft
Klingelzeichen entfernt sein.»
Wenn Heinlein sein Handy nicht ausgeschaltet hatte, würde jemand das Gespräch entgegennehmen. Schlimmstenfalls die Stationsschwester. So oder so wäre Klein jetzt nur noch einen Atemzug von der Aufdeckung des Geheimnisses entfernt.
Dem musste er zuvorkommen.
«Ich wollte mit Ihnen schon längst darüber sprechen …»
Klein deutete ihm an, still zu sein.
«Es klingelt», sagte er und zeigte dabei auf sein Handy.
Und tatsächlich, das tat es auch ein paar Meter entfernt.
Kilian schaute sich überrascht um. Woher kam das?
Klein hörte es nun ebenfalls.
«Na also. Heinlein steckt irgendwo da drüben.»
Er deutete in Richtung der Bar, wo die Getränke ausgeschenkt wurden.
«Wieso geht er denn nicht ran?», fragte Klein.
Er schob sich an den umstehenden Gästen vorbei, Kilian folgte ihm.
Wie war das möglich? Von irgendwoher klingelte ein Handy. Ein Kellner, der soeben ein neues Tablett mit Gläsern füllte, griff in die Hosentasche, blickte aufs Display und drückte den Anruf mit einem Lächeln weg. Das Klingeln erstarb.
Klein hatte davon nichts mitbekommen, er war auf das Gesicht Heinleins fixiert, das er unter den Gästen zu erkennen suchte.
«Wo steckt er nur?», fragte er ärgerlich. «Er war doch gerade noch hier.»
Kilian ging ein Licht auf. Irgendwie musste es Sabine geschafft haben, Heinleins Nummer auf ein anderes Handy umzuleiten. Da es nun im unmittelbaren Umfeld Kleins geklingelt hatte, musste er vermuten, dass Heinlein in seiner Nähe war. Eine brillante Scharade. Sabine sollte befördert werden.
«Wahrscheinlich konnte er das Gespräch gerade nicht entgegennehmen», sagte Kilian. «Sie sehen ja, was hier los ist.»
Damit wollte sich Klein nicht zufriedengeben.
«Ich probier’s gleich nochmal.»
Er drückte die Wahlwiederholung.
«Hallo, Robert», sagte Ute Mayer und meinte Klein. «Hast du auch was zu trinken?»
Sie war unversehens aus dem Pulk der Gäste auf sie zugekommen.
Klein drückte das Gespräch weg.
«Hallo, Ute … Ja, irgendwo habe ich mein Glas stehen.»
Dann wandte sie sich an Kilian. «Wie ich sehe, hast du Verstärkung mitgebracht.» Sie reichte ihm die Hand. «Wie geht es Ihnen, Herr Kommissar?»
«Danke, ich kann nicht klagen. Mein Kompliment für Ihre mitreißende Rede. Derart offene Worte hört man selten aus dem Mund eines Politikers.»
«Ich benenne die Dinge beim Namen, und wenn es schlecht um das Land steht, dann werde ich das auch sagen.»
«Die Wähler werden es Ihnen danken.»
«Es ist das mindeste, was ich tun kann. Dennoch stehen wir vor großen Herausforderungen.»
«Wenn die Bürger wissen, was auf sie zukommt, dann werden sie auch eher zu Zugeständnissen bereit sein.»
Statt einer Antwort lächelte sie. Die dreißig Begrüßungssekunden pro Gast waren damit aufgebraucht. Sie orientierte sich weiter.
«Hast du zufällig einen meiner Kommissare gesehen?», fragte Klein, bevor sie sich entfernte.
«Da steht doch einer», antwortete sie knapp und zeigte auf Kilian.
«Kommissar Heinlein», entgegnete Klein, aber Ute Mayer schüttelte schon die nächste Hand.
«Er muss hier irgendwo sein», beruhigte ihn Kilian. «Trin ken Sie so lange etwas. Ich komme gleich wieder.»
Darauf kannst du lange warten, sagte er sich, als er in der Menge untertauchte. Doch Klein musste beschäftigt werden, damit er einen erneuten Versuch unterlassen würde. Lange würde dieses Versteckspiel nicht mehr funktionieren.
Er hielt Ausschau nach einem geeigneten Gesprächspartner für Klein, als er Sandra Wagner entdeckte. Auch sie war auf Begrüßungsrunde und löste sich soeben aus einer Unterredung.
Die Gelegenheit war günstig.
«Kompliment für Ihre Rede. Die Menschen haben Ihnen aufmerksam zugehört.»
«Danke, das freut mich», antwortete sie. «Ich hoffe, Sie auch.»
Sandra Wagner war eine kleine, unauffällige Person mit einem Faible für dezente Kleidung. Sie wirkte eher wie eineBankangestellte auf Kilian als wie die neue starke Frau der Partei. Allein ihre Augen ließen Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit erahnen, so wie sie nun Kilian aufmerksam musterten.
«Ich werde mir jedes Ihrer Versprechen merken», antwortete er.
Sandra Wagner lächelte. «Tun Sie das, und messen Sie mich daran. Ich stehe für Glaubwürdigkeit und Verantwortung. Vor der Wahl und auch danach.»
«Habe ich das nicht schon aus anderem Mund gehört?»
«Es stimmt, viele gehen damit leichtfertig um. Ich jedoch stehe für eine andere
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