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Die Seilschaft

Die Seilschaft

Titel: Die Seilschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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war alles andere als ein überzeugender Endspurt im seit Monaten andauernden Wahlkampf. Ein Techniker eilte zu Hilfe.
    «Zurück zur alten Stärke   …», tönte es nun verträglicher.
    Doch stark waren weder der Redner noch seine Worte. Niemand hörte mehr hin.
    Erst als sich im Umfeld der Bühne zwei Frauen zeigten, reckten sich wieder die Köpfe. Es waren Ute Mayer und Sandra Wagner. Sie sollten nach Günter Wohlfarth zu den Würzburgern sprechen. Doch die wollten nicht darauf warten, und die ersten Rufe nach Sandra Wagner wurden laut.
    Wohlfarth war irritiert, zögerte, entschied sich dann doch, seine Rede zu Ende zu bringen.
    Die ersten Pfiffe gellten, Sandra-Rufe folgten.
    Wohlfarth blieb stur und sprach weiter, bis sein Zettel vor Aufregung vom Rednerpult schlitterte. Ute Mayer hob ihn auf und reichte ihn Wohlfarth, der seine Rede hatte unterbrechen müssen.
    Welch peinliche Vorstellung, sagte sich Kilian. Wer nicht aus vollem Herzen sprechen konnte, benötigte einen Spickzettel.
    Ute Mayer hatte ein Gespür für die Situation und flüsterte Wohlfarth etwas ins Ohr. Der verneinte energisch und war im Begriff fortzufahren, als er innehielt und zu Ute Mayer blickte. Man konnte meinen, er wolle sich versichern, ob sie das Gesagte ernst meinte.
    Und Ute Mayer nickte.
    Wohlfarth kehrte zu seiner Rede zurück, sichtlich beeindruckt von Ute Mayers Bestätigung.
    «Wir werden für eine größere Nettoentlastung   …»
    Seine ohnehin schon brüchige Stimme brach ab. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff er sich ans Herz, rang um Luft.
    Der Mann hatte ernsthafte Probleme, und Kilian eilte zur Bühne.
    Im Nu war Wohlfarth umringt von Neugierigen. Sie blickten hinunter auf den alten Mann, ohne dass nur einer die notwendigsten Hilfsmaßnahmen einleitete. Kilian öffnete ihm die Krawatte und das Hemd. Er legte sein Ohr auf Wohlfahrts Brust.
    Das Herz schlug noch, aber er atmete flach und kaum vernehmbar.
    Kilian wählte die Notrufnummer. «Einen Krankenwagen auf den Unteren Markt. Schnell.»
    Dann drehte er Wohlfarth auf die Seite und brachte ihn in eine stabile Lage, damit er atmen konnte und nicht an Erbrochenem erstickte.
    «Treten Sie zurück», befahl er den Umstehenden, «er braucht mehr Sauerstoff.»
    Alle folgten der Anweisung, nur Ute Mayer und Sandra Wagner blieben. Sie wirkten teilnahmslos und distanziert.

21
    Wohlfarths Zusammenbruch war schnell vergessen – was nicht an der Kaltschnäuzigkeit der Zuhörer lag, sondern an deren geringer Anzahl.
    Erst als sich die Nachricht herumgesprochen hatte, dass Sandra Wagner und Ute Mayer zu den Würzburgern sprachen, kamen sie vom Oberen Markt herunter. Da war Wohlfarth kein Thema mehr. Er war inzwischen auf dem Weg in die Notaufnahme der Universitätsklinik.
    Kilian hatte die Reden der beiden fränkischen Hoffnungsträger mitverfolgt. Sie schlugen einen ganz anderen Ton an, sprachen von begangenen Fehlern der Partei, Einsicht, mitunter auch von Schuld. Nun warben sie um Vertrauen der Wähler, damit sie die Erneuerung der Partei vorantreiben konnten.
    Vollmundige Versprechen, dass es jedem nach der Wahl besser gehen würde, unterließen sie. Das Land war in einer Krise gefangen, und niemand wusste, wie sie sich noch entwickeln würde. Auch sie nicht. Doch sie wollten ihr Bestes tun, um die notwendigen Einschnitte gering zu halten.
    Diese offenen Worte machten Eindruck.
    Auf dem anschließenden Treffen stellten sich die beiden Kandidatinnen den Fragen. Es fand in einem offenen Zelt statt, das unweit der Bühne am Marienplatz errichtet worden war.
    Kilian schnappte sich ein Glas Weißen Burgunder und gesellte sich zu den Gästen. Auf so engem Raum erkannte er nun die eine oder andere lokale Größe, die auf dem weiten Marktplatz in der Menge untergegangen war.
    Unter ihnen war auch sein Chef, Klein.
    «Was machen Sie hier, Kilian?»
    «Ich habe mit Ute Mayer zu sprechen.»
    «Wollte das nicht Kollege Heinlein übernehmen?»
    Sabines Ausrede war anfänglich erfolgreich gewesen, aber nun reichte sie nicht mehr aus. Klein wollte seinen Ersten Kommissar sehen.
    «Stimmt, wir machen es dann doch gemeinsam.»
    Klein blickte sich im weiten Rund um. Die vielen Gäste machten es nicht einfach.
    «Wo steckt er? Ich kann ihn nirgends entdecken.»
    Kilian musste improvisieren.
    «Gerade war er noch hier. Ich glaube, er hat sich etwas zu trinken geholt.»
    «Kein Problem», sagte Klein.
    Er fischte sein Handy aus der Tasche und wählte Heinleins Nummer.
    «Dann kann er nur ein

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