Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
Vom Netzwerk:
Shakespeare war kein Mann, der
     Allegorien liebte. Außerdem hatte er, soweit ich weiß, keinen
     Grund, den Howards einen Gefallen zu tun.«
    »Vielleicht wollte er
     ihnen gar nicht schmeicheln«, sagte Athenaide langsam. »Vielleicht
     war das Gegenteil der Fall. Sie haben gesagt, ein Howard hat William
     Shelton ins Priesterseminar nach Valladolid geschickt. Wenn das wahr ist,
     wollte sich Shakespeare möglicherweise rächen.«   
    Dein ew’ger Sommer doch
     soll nie verrinnen. Ich spürte die Brosche in meiner Jacke und musste
     an Sir Henrys Stimme denken, als er die Zeile vorgetragen hatte. »Wir
     müssen das Stück finden«, sagte ich angespannt.
    Matthew schlug die nächste
     Seite auf. Wieder ein Neuanfang, wieder eine andere Tinte. August 1881,
     stand am oberen Rand.
     
    Mein lieber Francis,
    Du hast mich gebeten, die
     Geschichte zu beenden, und dieses Versprechen wenigstens will ich halten.
     
    »Francis?«,
     fragte ich. »Wer ist Francis?«
    Matthew überflog die
     Zeilen.
    Als Ophelia in jenem Sommer
     in Tombstone ankommt, muss sie feststellen, dass Jem bereits seit einem
     Monat vermisst wird. Alles was er ihr hinterlassen hat, ist eine kurze
     Nachricht:       
     
    Wenn ich könnte, würde
     ich Berge versetzen, um zu Dir zu kommen.
    Das mußt Du wissen.
     Doch wenn Du diese Zeilen liest, waren die Berge am Ende zu schwer für
     mich.
    Ps. Falls Du Zweifel hast,
     in meinem jakobäischen Magnum opus habe ich die Stelle chiffriert
     -1623, die Seite mit der Signatur.
     
    »Deswegen ist das Buch
     so wichtig«, sagte Matthew. »Jem hat in einer Chiffre darin
     vermerkt, wo sein Schatz liegt.«
    Ich beugte mich vor. »Athenaide.
     Die Rancher, denen Sie Ophelias Briefe abgekauft haben … hatten sie
     auch Bücher? Irgendwelche Bücher?«
    Sie sah mich an. »Ja.«
    »War eine
     First-Folio-Ausgabe dabei?«
    »Kein Original. Ein
     altes Faksimile.«
    Das musste der Band sein, den
     Ophelia Jem geschickt hatte. »Sie haben es gesehen?«
    »Ich habe es gekauft.«
    Ich sprang auf. »Sie
     haben das Buch? Sie besitzen es? Warum haben Sie mir nichts davon erzählt?«
    »Ich habe Ihnen gesagt,
     dass er auch Bücher hatte«, erklärte Athenaide kurz.
     »Aber Sie wollten nur seine Papiere sehen, und den einen Brief, den
     ich hatte, habe ich Ihnen gezeigt.« Bedächtig faltete sie die Hände.
     »Ich bin Sammlerin, Katharine. In diesen Dingen bin ich lieber
     übervorsichtig. Aber ich mache meine Fehler auch wieder gut. Wir
     fliegen hin, so schnell wir können.«
    »Lies weiter, Kate«,
     sagte Matthew.
    Ich griff nach dem Buch und
     ging beim Lesen in der Kabine auf und ab.
    In Tombstone ist Ophelia der
     Hysterie nahe und verlangt zu Jems Wohnung gebracht zu werden, doch
     niemand will sie dorthin bringen oder ihr sagen, wo er gewohnt hat. Am
     Ende schickt die Wirtin, bei der Ophelia abgestiegen ist, einen Mann los,
     Jems Sachen zu holen.
    Er kommt mit Büchern zurück.
     Ophelia schließt sich in die Wohnstube ein und hält die Seite
     mit der Signatur der Shakespeare-Ausgabe über eine Kerze, als eine
     Frau hereinpoltert, mit gelbem Haar, französischem Akzent und einem
     Dekollete, das höchstens bei einem Silvesterball schicklich wäre.
     Sie verlange ihr Eigentum zurück, behauptet die Blondine und reißt
     die Bücher auf dem Tisch an sich. Ophelia weigert sich, die First
     Folio Edition herauszugeben, und zeigt der Frau ihre Unterschrift auf dem
     Vorsatzblatt - Ophelia Fayrer Granville.
    »Seinen Namen hat er
     vielleicht Ihnen gegeben«, zischt die Frau, »aber seine Liebe
     gab er mir.«
    Innerhalb eines Augenblicks
     bricht für Ophelia eine Welt zusammen. Ohne zu wissen, was sie tut,
     stolpert sie aus dem Haus in den Garten und bleibt unter einer von
     dunkelgrünen Rosenblättern umrankten Laube stehen. Die Blütezeit
     ist längst vorbei, doch noch immer hängen trockene weiße Röschen
     zwischen den Blättern.
    »Erlauben Sie mir,
     Ihnen Gesellschaft zu leisten«, sagt eine Stimme.
     
    Anfangs dachte ich, Du wärst
     ein Elf oder ein Waldgeist, der sich im Rosenbusch verbarg. Doch dann sah
     ich zum ersten Mal die Güte unter Deinem weißen Bart. »Schicken
     Sie siefort«, bat ich, und Du verbeugtest Dich und gingst.
    »Sie ist fort«,
     sagtest Du, als Du zurückkamst. Was Du im Garten an jenem Abend sonst
     noch sagtest, weiß ich nicht mehr, bis auf dies -daß die
     Lady-Banks-Rose der Hitze, der Kälte und der Trockenheit widersteht,
     die den meisten anderen

Weitere Kostenlose Bücher