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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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Katherine Howard.
     
    »Aber das ist Ros’
     Name.« Plötzlich hatte ich ein flaues Gefühl im Magen.
    »Ja, meine Liebe«,
     sagte Athenaide.
    Am Ende der Seite stand ein
     letzter Satz:
     
    Liebe find’t zuletzt
     ihr Stündlein,
    das weiß jeder
     Mutter Kind.
     
    Ich lehnte mich an Matthews
     Schulter und begann zu weinen.

 
    39
    Als ich aufwachte, lehnte ich
     immer noch an Matthews Schulter; er schlief noch. Athenaide saß auf
     der anderen Seite der Kabine am Konferenztisch und las im schwachen Schein
     einer Lampe ein Buch. Behutsam, um Matthew nicht zu wecken, setzte ich
     mich auf. »Sie kannten sie«, sagte ich leise. »Ros.«
    Ein trauriges Lächeln
     spielte über Athenaides Lippen. Einen Augenblick lang sah sie wie
     eine alte Hexe aus, der die Haut in losen Falten um den knochigen Schädel
     hing. Doch ihre Augen strahlten hell. »Ja, ich kannte sie.«
    Ich stand auf und ging zu ihr
     an den Tisch. »Die Rosalind aus dem Tagebuch - Ophelias Tochter. Das
     kann nicht meine Ros gewesen sein.«
    »Nein.« Lächelnd
     klappte sie das Buch zu. Sie hatte in Ophelias Tagebuch gelesen. »Nicht
     ohne Jungbrunnen. Sie war die Großmutter von Ihrer Ros. Und meine
     Großmutter.« Sie trank einen Schluck Wasser, dann stellte sie
     das Glas vorsichtig, leise auf dem Tisch ab. »Ros war meine Cousine.
     Und Ophelia - unter dem Namen Ophelia Howard - war unsere Urgroßmutter.«
    Ich ließ mich in den
     Sitz neben ihr sinken. »Ich habe ein Foto von Ihnen und Ros gesehen.
     Sie hatten einen weißen Hut auf.«
    Für einen kurzen Moment
     hellte sich ihr Lächeln auf. »Das war ein fröhlicher Tag.
     Als sie noch zu mir aufsah.« Sie faltete die Hände auf dem
     Buch. »In vielen Dingen ähnelten wir uns sehr. Aber am Ende
     hatten wir unterschiedliche Vorstellungen davon, was der richtige Weg zu einem guten Leben ist. Sie
     wollte, dass ich ans Theater ging -ein Traum, den wir als Mädchen
     teilten. Schließlich war unsere Großmutter eine große Bühnenschauspielerin
     gewesen. Um 1910 war sie ein Star, auch wenn heute kaum noch einer ihren
     Namen kennt. Ich erbte ihr Aussehen.« Sie seufzte. »Ros nicht.
     Dafür hatte sie etwas, das ich nicht hatte, auch wenn sie es nicht
     wahrhaben wollte: Talent. Mir fehlt das mentale oder emotionale
     Durchhaltevermögen, das man braucht, um überzeugend in die Rolle
     anderer zu schlüpfen. Ich bin kein Vagabund, kein fröhlicher
     Landstreicher. Doch das muss ein großer Schauspieler sein. Ich
     brauche ein Nest. Wurzeln.« Sie sah mich spöttisch an. »Und
     Geld, schätze ich. Ich bin Geschäftsfrau. Geldgierig, hat Ros
     mich genannt. Und noch schlimmere Dinge. Zusammen hätten wir eine große
     Künstlerin ergeben. Doch als zwei waren wir eine Professorin und eine
     Geschäftsfrau. Beide erfolgreich, nur eben nicht so, wie wir uns als
     Mädchen erträumt hatten.          
    Wir haben uns in der Folger
     Library getroffen, ein paar Tage vor ihrem Tod. Ich habe ihr den Hut
     geschenkt, als Erinnerung an alte Zeiten. Eine Brücke aus der
     Vergangenheit, wie ich hoffte. Ich dachte, sie würde ihn ins Regal
     legen und ansehen. Liebe Zeit, der Hut ist noch aus den Fünfzigerjahren.
     Aber ich hätte mir denken können, dass Ros ihn tragen würde.
     Irgendwie passte es ja auch - bei ihrem Theaterdebüt. Selbst wenn es
     nur die Generalprobe war.« 
    Ros’ Debüt, dachte
     ich, und ihr letzter Auftritt.
    »So bin ich auf Sie
     gekommen«, sagte Athenaide.
    »Über den Hut?«
    Sie lachte. »Nein. Die
     Folger-Konferenz. Ich wusste, dass Ros über Delia Bacon referieren würde,
     und so habe ich mich über Delia schlau gemacht. Auge um Auge. Dr.
     Sanderson hat mir Ophelias Brief an Emily Folger gezeigt, bevor er zu
     Ihrem Treffen am Kapitol aufbrach. Die Grabszene war mir noch in frischer
     Erinnerung; und zufälligerweise der einzige Hinweis, den ich entschlüsseln
     konnte. Und dann war er plötzlich tot, und Sie und der Brief waren
     verschwunden. Ich packte Matthew ein, der krank vor Sorge um Sie war, und
     wir flogen nach Stratford und warteten. Wir waren ziemlich überrascht,
     als Sie anriefen und anscheinend ganz woanders waren.
    Da entschied ich, das Grab zu
     öffnen. Um sicherzugehen … Das Ergebnis kennen Sie.«
    Einen Moment lang starrten
     wir schweigend das Tagebuch an, das auf dem Tisch lag.
    »Sie hat Sie geliebt«,
     sagte Athenaide. »Geliebt und beneidet. Ich glaube, mit dieser
     Mischung konnte sie nicht umgehen. Wer könnte das

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