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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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gemeißelt.
    Jem holte mit dem
     Brecheisen aus und schlug zu.
     
    »Ich fürchte, hier
     müssen wir aufhören«, sagte Athenaide, und ich blickte
     blinzelnd auf.
    Wir hatten die Landstraße
     hinter uns gelassen. Stattdessen sah ich große Fabrikgebäude,
     grelle Scheinwerfer und eine riesige asphaltierte Piste. Dann hörte
     ich ein lautes Dröhnen. Der Wagen bog ab und blieb direkt vor
     Athenaides Jet stehen.
    »Wo fliegen wir hin?«,
     fragte ich.
    »Jems Schatz finden«,
     sagte Athenaide.
    *
    Sobald ich mich angeschnallt
     hatte, noch bevor das Flugzeug abhob, schlug ich Ophelias Tagebuch auf.
    In der zersplitterten
     Steintruhe in der Krypta finden Jem und Ophelia ein Bildnis. Das
     Miniaturporträt eines jungen Mannes mit goldenem Haar vor einem
     Hintergrund aus Flammen.
    Der Hilliard. Ich wollte nach
     der Brosche greifen, doch ich stoppte mich im letzten Moment. Ich spürte
     Athenaides Blick. Warum war der Hilliard in einer Truhe auf Derbys Grab
     verborgen?
    »Da waren Briefe«,
     sagte Matthew unruhig.
    Ich las weiter. Zwei Briefe,
     um genau zu sein. Auf Latein geschrieben, aus Valladolid. Jem übersetzt
     sie hastig für Ophelia. Der erste Brief ist eine Danksagung für
     ein Buch und ein Manuskript. Das Buch sei wunderbar, sagt der Schreiber -
     zu wunderbar. Er sei froh, es erhalten zu haben, doch er werde es nicht
     mitnehmen können. Das Manuskript dagegen werde er immer bei sich
     tragen. Das Stück sei noch viel besser als erwartet. Er habe laut
     lachen müssen, und das könne er dort, wo er hingehe, gut
     gebrauchen.
    »›Cardenio‹«,
     sagte Athenaide.
    »Und die Folio aus
     Valladolid«, sagte Matthew.
    Es passte alles zusammen, das
     musste ich zugeben. Trotzdem war der Brief kein eindeutiger Beweis.
     Der Schreiber hatte das Buch nicht beim Namen genannt.
    Der zweite Brief kommt
     ebenfalls aus Valladolid, aber er stammt nicht vom gleichen Absender. Mit
     seltsam triumphierendem Bedauern wird darin berichtet, dass William
     Shelton mit einem Erkundungstrupp nach Santa Fe in Neuspanien gereist sei,
     wo er die Seelen der Wilden zum richtigen Glauben habe bekehren wollen,
     doch er sei nie zurückgekehrt. Seit einem Gefecht mit den Wilden
     werde er vermisst und sei wahrscheinlich den Märtyrertod gestorben.
    Es habe geografische Angaben
     gegeben, schrieb Ophelia, aber sie habe sie vergessen.
    Im gleichen Moment tauchen
     Jems und ihr Vater in der Kirche auf.
     
    Papa stürzte mit
     zornesfunkelnden Augen die Treppe herunter, doch als er mich sah, schmolz
     sein Ärger, und er stand vor mir wie ein alter Mann. Und obgleich ich
     tausendmal beschlossen hatte, standfest zu bleiben, verließ ich Jems
     Seite und stellte mich auf die meines Vaters. Pfarrer Granville schritt an
     uns vorbei und baute sich vor Jem auf, dann schlug er ihm mit solcher
     Kraft ins Gesicht, daß der arme Jem sich um die eigene Achse drehte
     und in der stinkenden Gruft zu Boden stürzte.
     
    Ihre heimliche Hochzeit ist
     ungültig, wie sich herausstellt, weil Ophelia noch nicht mündig
     ist. »Am nächsten Tag heirateten sie ein zweites Mal«,
     sagte Athenaide leise, »und diesmal waren die Väter die Zeugen.
     Aber die beiden durften nicht als Eheleute Zusammenleben, bis Jem genug
     Geld verdiente, um sie zu ernähren.«
    »Keine leichte Aufgabe
     für den jüngeren Sohn eines Pfarrers«, bemerkte Matthew.
    »Er wurde vor die Wahl
     gestellt«, fuhr Athenaide fort, »Indien oder Amerika.«
    »Und er wählte
     Amerika«, sagte ich.
    Athenaide nickte. »Er
     machte sich auf die Suche nach dem Manuskript, das der Priester bei sich
     zu tragen versprochen hatte.«
    Das Flugzeug hatte die
     Reiseflughöhe erreicht. Wir schnallten uns ab und setzten uns an den
     Konferenztisch, wo wir das Tagebuch vor uns aufschlugen und die Geschichte
     weiterverfolgten.
    Diesmal soll die Trennung fünfzehn
     Jahre dauern. Doch anstatt in Selbstmitleid zu versinken, engagiert
     Ophelia einen Lehrer und lernt Spanisch und Latein. Sobald sie über
     ihr eigenes Geld verfügen darf, reist sie nach Valladolid. Im Royal
     College of St. Alban zeigt man ihr den dortigen Bestand - auch die
     Folio-Ausgabe - und schickt sie weiter zum Archivo General de Indias in
     Sevilla. Nach einer beschwerlichen Suche findet sie schließlich den
     Augenzeugenbericht eines Überlebenden und anbei eine primitive
     Landkarte. Sie fertigt von beidem eine Kopie an und reist zurück nach
     London, wo sie eine First-Folio-Ausgabe ersteht.
    »Das

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