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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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jakobäische
     Magnum opus«, sagte Matthew feierlich.
    »Sie besaß eine
     Folio?«, platzte ich heraus.
    »Kein Original«,
     erklärte Athenaide. »Ein Faksimile. Aber ein besonders schönes.«
    Ophelia setzt ihren Namen auf
     die Seite gegenüber von Shakespeares Porträt. Darunter schreibt
     sie die Widmung, die sie in der Folio von Valladolid gesehen hatte. Dann
     legt sie die Ergebnisse ihrer Nachforschungen in Spanien in das Buch und
     schickt es als verspätetes Hochzeitsgeschenk an Jem.
    Sprachlos rieb ich mir die
     Schläfen, während Matthew weiterblätterte. »Spulen
     wir fünfzehn Jahre vor«, sagte er. In der Zwischenzeit war
     Ophelias Vater gestorben, doch sie bleibt in dem alten Haus in Henley, im
     Wald von Arden, wenn auch ohne die Verrückten. Ansonsten scheint
     nicht viel passiert zu sein - als hätte sie sich mit einer Spindel in
     den Finger gestochen und wäre in einen Zauberschlaf gefallen, dachte
     ich. Und dann schreibt Jem, er habe gefunden, was er suchte.
    Er könne es ihr nicht
     bringen, sagt er. Noch nicht. Stattdessen will er, dass sie zu ihm kommt -
     nach Tombstone im Territorium Arizona. Zuerst glaubt sie ihm nicht. Doch
     dann findet sie heraus, dass er auch einen Professor aus Harvard
     eingeladen hatte - und dass der Professor zugesagt hat.
    »Auftritt Professor
     Child«, sagte Matthew.
    Ophelia packt die Koffer und
     fährt mit dem nächsten Schiff nach Amerika. Als das Schiff in
     New York einläuft, brechen die Tagebucheinträge ab.
    Eine Seite weiter hatte
     Ophelia von Neuem begonnen. »Für Jem«, stand oben auf dem
     Blatt. Sie schrieb mit einer anderen Tinte, und ihre Schrift wirkte
     gehetzt. Es war die Zusammenfassung der Geschichte, die sie in Delia
     Bacons Papieren gefunden hatte. Die Geschichte der Howards.
    Frances Howards Geschichte,
     schrieb Ophelia, war keine Dreiecksgeschichte. Eher ein Dodekaeder!! Bevor
     Frances Howard Robert Carr kennenlernte, doch nach ihrer Heirat mit Essex,
     hatte ihre Familie sie auf ein weiteres Ziel angesetzt: auf Heinrich, den
     Fürsten von Wales, den engsten Freund ihres Mannes.
    Eine Zeit lang war der Fürst
     so hingerissen von ihr gewesen, dass bereits Gerüchte einer königlichen
     Hochzeit am Hof kursierten, bevor überhaupt das
     Annullierungsverfahren ihrer ersten Ehe eingeleitet worden war. Dann aber
     hatte Frances Robert Carr kennengelernt und war ihrem Herzen gefolgt, ohne
     ihre Familie zu unterrichten. Irgendwann erfuhr der Fürst, wie
     freigebig die Dame mit ihrer Zuneigung war, und beleidigte sie in aller
     Öffentlichkeit.
    »Die
     Handschuhgeschichte«, sagte ich. »Ich hatte nicht gewusst,
     dass Frances Howard die besagte Dame war.«
    Ophelia reimt sich zusammen,
     welche Auswirkung diese Wendung des Schicksals auf ›Cardenio‹
     gehabt haben könnte. Denn in dem Stück ging es um eine loyale
     Frau, die vom besten Freund ihres Mannes - dem Sohn des Herrschers - bedrängt
     wurde. Als Allegorie auf Frances, Essex und den Fürsten verstanden, hätte
     es Frances Howard gerechtfertigt und den Fürsten verdammt.
    Doch dann hatten die Howards
     herausgefunden, was dem Fürsten zu Ohren gekommen war: dass Frances
     sich mit Robert Carr vergnügte. »Carr - Cardenio«, sagte
     Athenaide wieder.
    Sein Name im Stück
     stellte das Anliegen der Howards auf den Kopf. Wie die Dinge lagen, musste
     selbst ein Blinder mit Krückstock bei Cardenio an Carr denken und
     damit auch an den eifersüchtigen Fürsten - zu einer Zeit, da
     Frances immer noch durch Namen und Gesetz an Essex gebunden war. Statt sie
     als loyale Ehefrau darzustellen, der übel mitgespielt worden war,
     machte das Stück sie zum Gespött: als eine Frau, die mit zu
     vielen Männern herumpoussierte. 
    Es musste aufgehalten werden.
    Doch nichts geschah. Im
     Januar 1613 wurde ›Cardenio‹ bei Hof aufgeführt. Und im
     Juni desselben Jahres nahmen die King’s Men das Stück mit
     über den Fluss auf die öffentliche Bühne: ins Globe
     Theatre.
    »Und zwei Wochen später«,
     sagte ich, »brennt das Globe ab.«
    »Lieber Himmel«,
     sagte Matthew nach einem kurzen Schweigen. »Ich habe die zwei Daten
     nie miteinander in Verbindung gebracht.«
    »Aber warum?«,
     fragte Athenaide bestürzt. »Warum hat Shakespeare ›Cardenio‹
     am Globe aufführen lassen? Warum riskierte er den Zorn der Howards?«
    »Warum hat er es überhaupt
     geschrieben?«, hielt ich dagegen. »Es ergibt keinen Sinn. Was
     ich neulich gesagt habe, gilt immer noch:

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