Die Sherbrooke Braut
so üppig mit griechischen Plastiken bestücken hatte lassen. »Das habe ich mir anfertigen lassen«, erklärte Douglas und zeigte auf den kostbaren weinroten Brokatvorhang, der im großen Wohnzimmer zugezogen war. »Möglich, daß meine Nachkommen das als Geschmacksverirrung halten und etwas anderes hinhängen.«
Er runzelte die Stirn und sagte: »Vielleicht möchtest du einige Veränderungen durchführen. Die Zimmer der Gräfin habe ich so belassen.«
»In Ordnung«, hatte Alexandra ihm geantwortet. Sie war so vollkommen benommen von der Tatsache, in London zu sein - einer Stadt voller Kultur und Überfluß, Elend, Vergnügen und einer Vielfalt von Gerüchen -, daß sie allem, was er sagte, zugestimmt hätte. Er hatte sie auf alles aufmerksam gemacht, und sie hatte mit großen Augen aus dem Kutschenfenster gestarrt. Douglas grinste sie an. »Ziemlich überwältigend, nicht wahr?«
Sie nickte und tippte dabei leicht mit dem Finger auf einen kostbaren spanischen Tisch.
»Du wirst dich bald daran gewöhnen. Was das Haus betrifft, wird dir Mrs. Goodham alles zeigen. Burgess, unser stämmiger Butler in London, ist ebenso tüchtig wie Hollis. Du kannst ihm vertrauen. Wir werden uns zwei Wochen in London aufhalten, genügend Zeit, um dich mit Kleidern, Hüten und sonstigem einzukleiden und dich der Gesellschaft vorzustellen. Wünscht du etwas zu ruhen, oder können wir Madame Jordan einen Besuch abstatten?«
Madame Jordan war eine waschechte Französin, geboren und aufgewachsen in Rennes. Sie hatte sechs Ladengehilfinnen, ein beeindruckendes Geschäft mitten im Herzen von Piccadilly und eine Schwäche für den Earl of Northcliffe. Alexandra stand tatenlos da, ein unbedeutendes Mitglied seiner Entourage, und lauschte den Ausführungen von Madame und ihrem Mann, was mit ihr angestellt werden sollte. Man nahm ihre Maße, man beäugte sie. Kurz bevor sie Douglas anschreien konnte, sie sei nicht unsichtbar und hätte durchaus einen guten Geschmack, spreizte Madame auf einmal ihre Hand über Alexandras Busen und ratterte los in einem Salvenfeuer von schnellem, aufgeregtem Französisch. Aha, dachte Alexandra und lächelte amüsiert zu Douglas hinüber, dessen Gesicht hart und verschlossen war. Sie will also meinen Busen modisch hervorheben. »Ich stimme mit Madame überein«, erklärte sie laut. Douglas wandte sich ihr, der idealen Zielscheibe für seinen
Zorn, zu. »Sei still, Alexandra, oder du wartest draußen in der Kutsche! Das hat nichts mit dir zu tun!«
»Ha! Du willst, daß ich wie eine Nonne einhergehe, aber Madame stimmt dem nicht zu. Ich ebensowenig. Gib endlich nach, Douglas, und sei nicht so komisch. Ich bin eine Frau, wie jede andere auf der Welt. Alle Frauen sind so wie ich gebaut. Niemanden kümmert es, einfach niemanden. Wenn du darauf bestehst, daß ich bis zum Kinn bedeckt bleibe, nun, da wird sich doch jeder fragen, ob ich nicht irgendwo schrecklich deformiert bin!«
»Ich stimme mit der Gräfin überein«, verkündete Madame in perfektem Englisch. »Mylord, Sie sind einfach zu besitzergreifend mit Ihrer Braut. Es gehört sich nicht, so offen und ehrlich zu sein.«
»Bin ich doch gar nicht«, brüllte Douglas und knallte seine Faust auf das Hochglanzbild einer Frau, mindestens einsachtzig groß und in ein hauchdünnes Kleid drapiert, so zart und durchsichtig wie das der Geisterfrau. »Ihre Unschuld ist einfach zu groß und sie weiß nicht, was Männer...« Er hielt jäh inne, voll hilfloser Wut. Man hatte ihn überrumpelt und überfahren, das war klar. Beide Frauen blickten ihn mit mildem Beileid an. Die Vernunft war auf seiner Seite, ganz gewiß, nur klang er einfach lächerlich. »Gottverdammich! Tut, was ihr wollt!« Und damit stampfte er davon und brüllte noch über seine Schulter hinweg: »Ich warte auf dich in der Kutsche. Mach die verdammten Ausschnitte so tief bis zur Taille, was kümmert es mich?«
»Ach, ich liebe leidenschaftliche Männer, Sie nicht?« fragte Madame Jordan und lächelte dem Grafen zärtlich nach.
»Aber ja«, stimmte Alexandra zu. »Ihr Englisch ist übrigens superb, Madame.«
Madame nickte nur, kein bißchen von dem peinlichen Zwischenfall berührt. »Ich spreche auch Deutsch, Italienisch und ein wenig Russisch. Ein russischer Graf ist mein Liebhaber, wußten Sie das? Er ist möglicherweise ein so wilder und besitzergreifender Liebhaber wie Ihr Mann, ein heißblütiger Mensch, der mein Gefühl in Wallung bringt.«
In Alexandras Ohren klang das wunderbar. Ehe der
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