Die Sherbrooke Braut
Countess of Northcliffe, »jetzt sind wir wieder alleine und werden bestimmt Trübsal blasen.«
»Ich nicht«, meinte Douglas und sah zu seiner Frau herunter.
»O je«, bemerkte Sinjun, »hör auf, sie so anzuschmachten, Douglas. Ich hatte gehofft, du würdest ausreiten.«
»Ich nicht«, sagte er. »Zumindest nicht im Moment.«
»Ist das denn die Möglichkeit!« empörte sich Douglas’ liebevolle Mutter, als sie sah, wie der die Hand seiner Frau packte und mit ihr ins Schloß eilte.
Douglas hörte noch, wie Tante Mildred sagte: »Laß gut sein, Lydia, wir alle wünschen uns sehnlichst einen Nachfolger. Douglas erfüllt nur seine Pflicht. Er ist ein guter Junge.«
Er zerrte sie hinauf in sein Schlafzimmer. Zwei Mal nahm er sie, schnell und heftig, und verschwendete kein einziges Mal einen Gedanken an einen Nachfolger. Danach starrte er sie mit keuchendem Atem und klopfendem Herzen an, sagte aber keinen einzigen Ton. Kopfschüttelnd zog er sich an und verließ sie auf der Stelle, um auszureiten.
Alexandra richtete den Blick auf die Zimmerdecke und rührte sich fünfzehn Minuten lang nicht, bis sie sich endlich zusammenriß und vom Bett erhob. Während sie sich wusch und anzog, dachte sie an seinen verdatterten Gesichtsausdruck, als sie im Augenblick seines Höhepunktes ihm nahe an seinem Mund zugeraunt hatte: »Ach, Douglas, ich begehre dich ja so!«
Er hatte sie angeknurrt.
In dieser Nacht kam Douglas nicht zu ihr. Alexandra vermutete, daß er über Lust oder ähnlichem in seiner Bibliothek grü-belte. Wenigstens hoffte sie das. Sie schlief in ihrem eigenen Schlafzimmer ein. Mitten in der Nacht, in tiefster Dunkelheit, wurde sie plötzlich hellwach. Sie rührte sich nicht. Sie wußte nicht, was vor sich ging. Sie wußte nur eines: sie war nicht allein.
Dann erblickte sie die Gestalt: es war die junge Frau, die sie schon einmal gesehen hatte, ganz in Weiß gekleidet. Sie schien schwerelos über den Boden zu gleiten, die schimmernden Haare waren hell, beinahe weiß, sie umrahmten ihr liebliches Gesicht und flossen ihr den Rücken hinab.
»Wer sind Sie?«
Großer Gott, sollte das ihre eigene Stimme sein, so dünn und atemlos vor Angst?
Die Gestalt rührte sich nicht, sie stand keinen Meter von ihrem Bett entfernt. Ihr Körper schillerte, ihre Füße berührten nicht den Boden, sie schwebte über ihm. Die Arme hatte sie Alexandra entgegengestreckt.
»Was wollen Sie? Warum sind Sie hier?«
Wieder verharrte die Gestalt wortlos in ihrer Stellung.
»Ich weiß, man nennt Sie die jungfräuliche Braut, weil Ihr frischvermählter Ehemann getötet wurde, noch ehe Sie seine Frau werden konnte. Doch ich bin keine Jungfrau. Mein Mann ist nicht gestorben. Warum also sind Sie hier aufgetaucht?«
Darauf stieß die Gestalt einen leisen, tiefen Ton von sich. Alexandra wäre beinahe vor Schreck aus ihrem Bett gefallen.
Mit einem Mal war ihr alles klar, so als hätte die Gestalt etwas gesagt. Alexandra wußte, warum sie hier war. »Sie wollen mich warnen, nicht wahr?«
Die Gestalt regte sich ein klein wenig und brachte Licht und Schatten in Bewegung.
»Sie machen sich Sorgen, mir könnte etwas passieren?«
Ein mattes Schimmern umgab die Gestalt. Plötzlich war sich Alexandra nicht mehr sicher, ob sie es war, oder nein, sie war es nicht... oder vielleicht war sie’s doch? Ihr Verstand hatte ausgesetzt; sie versuchte tatsächlich die Absichten eines Geistes zu erraten. Das war Wahnsinn.
»Was zum Teufel geht hier vor? Alexandra, mit wem sprichst du?«
Die Gestalt erbebte, ein fahles Licht ging von ihr aus; sie verschwand spurlos hinter der Wandtäfelung.
Douglas trat durch die Verbindungstür. Er war vollkommen unbekleidet.
»Schon gut. Ich unterhielt mich eben nur mit meinem Liebhaber. Doch du hast ihn verscheucht.«
Sie merkte nicht, wie ihre Stimme zitterte und sie so klang, als stünde sie kurz davor, in einen Abgrund hinuntergestoßen zu werden. Douglas merkte es. Er durchquerte das Zimmer, blickte sie kurz an und schlüpfte zu ihr ins Bett. Er zog sie fest an sich, fühlte ihren bebenden Leib und hielt sie einfach in den Armen.
»Ist schon gut, es war nur ein Alptraum, weiter nichts, nur ein Alptraum.«
»O Gott«, sagte sie schließlich und hielt ihr Gesicht an seiner Schulter vergraben. »Es war weder ein Traum noch ein Alptraum. Das schwöre ich dir. Du liebe Güte, Douglas, ich habe sie nicht nur gesehen, sondern auch mit ihr gesprochen. Ich bildete mir ein, ich könnte sie verstehen.«
»Es war ein
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