Die Sherbrooke Braut
gerade
verführerisch aus. Melissande flocht niemals ihr Haar. Alexandra mußte noch viel lernen. Sie stellte die Kerze auf den Tisch, hob ihre Arme und begann langsam, ihre Zöpfe zu öffnen. Dann fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar und glättete es. Schweigend saß er da und beobachtete sie.
Das Haar bedeckte ihren Rücken bis zur Hüfte.
»Legen Sie etwas Haar nach vorne, über Ihre Schultern.«
Sie tat es.
»Ihr Haar ist von einer schönen Farbe und hat eine wunderbare Fülle. Wenigstens versteckt jetzt das Haar etwas von diesem scheußlichen Nachthemd. Nun, was wollen Sie?«
Es gab kein Zurück mehr. Entweder machte sie ihren Mund auf und sagte es ihm, oder sie ging. Er erschien ihr ungeduldig und sah sie sicher als eine unwillkommene Belästigung an. Es war entmutigend.
»Nun? Machen Sie weiter, ich kann alles ertragen, außer Winseleien und Schmeicheleien.«
Sie sagte ohne große Einleitung, Kinn erhoben, Rücken kerzengerade: »Ich bin gekommen, um Sie zu verführen.«
»Ah, die letzte Waffe der Frauen. Ich sollte ja nicht überrascht sein, oder? Schließlich habe ich es Ihnen heute morgen in den Kopf gesetzt. Ich hätte es wissen sollen, vermuten sollen. Wenn alles andere versagt, hol den Frauenkörper heraus und trage ihn vor des lüsternen Mannes Nase zur Schau.«
»Mein Problem ist jedoch, daß ich nicht weiß, wie ich es anstellen soll.«
»Das ist Unsinn.«
»Vielleicht, wenn Sie mir etwas dabei helfen würden, könnte es mir gelingen.«
»Lassen Sie mich etwas klarstellen. Sie haben in Ihrem Plan offensichtlich eine Sache nicht berücksichtigt. Ich kann noch immer diese Ehe annullieren, selbst nachdem ich Ihnen die Jungfräulichkeit genommen habe. Verstehen Sie? Wer würde es wissen? Würden Sie oder irgend jemand in Ihrer Familie dem Rest der Welt erzählen, daß Sie beschädigte Ware sind?«
»Sie sprechen von mir, als sei ich irgendein Paket. Das ist entwürdigend.«
»O nein, eine Jungfrau, die ihr Jungfernhäutchen verloren hat, ist schlimmer dran als irgendein Paket. Stellen Sie sich Ihres Vaters Reaktion vor. Er wäre entsetzt, doch er würde schweigen. Denn er weiß, öffnet er seinen Mund und läßt verlauten, was ich getan habe, wären Sie ruiniert, und er wäre die Zielscheibe des Spottes. Was mich angeht, so würde niemand in unserem großen Land mich zur Rechenschaft ziehen.«
»Aber warum? Das scheint mir verrückt. Es ist einfach nicht fair.«
»Fairneß hat in dieser Angelegenheit wenig zu suchen. Die Tatsache ist, daß Männer aus unserer Klasse wenig daran interessiert sind, sich Frauen ins Ehebett zu holen, die nicht unberührt sind. Deshalb, kommt eine Frau vom Pfade der Tugend ab, wird darüber geschwiegen. Der arme Narr, der sie heiratet, gerät wahrlich in eine Falle. Keiner erführe also, was ich mit Ihnen getan oder nicht getan habe. Wenn ich will, kann ich Sie ungestraft nehmen, so oft ich will.«
»Ich kann es nicht glauben, daß Gentlemen so gefühllos sein können, so nachlässig gegenüber Frauen, die sie lieben.«
»Ja, es ist eine Frage der Liebe, nicht wahr? Aber das betrifft diese Ehe ja nicht, oder? Sie sind eine Fremde, nichts weiter, nur eine Fremde.«
»Nach der Verführung muß ich noch weitergehen. Ich muß bei Ihnen bleiben, bis ich ein Kind erwarte. Dann ist eine Annullierung nicht mehr möglich. Das ist meine nächste Hürde, verstehen Sie?«
Douglas war sprachlos. Ihm fehlten die Worte. Wahrheitsgemäß hatte er ihr alles dargelegt, doch offensichtlich ohne Erfolg. Er konnte es nicht fassen. Dieses Kind stand noch immer neben ihm in seinem jungfräulichen Nachthemd, barfuß, die Zehen vor Kälte gekrümmt, einem jämmerlichen Opfer gleich. Da stand sie, wild entschlossen. Sie war kein Feigling, das mußte er zugeben. Die Frage war, was war sie? Würde sie alles nur Denkbare für ihren Vater tun? »Wer riet Ihnen, weiterzumachen?«
»Ryder.«
»Ach, mein lieber, närrischer Bruder. Zur Hölle mit ihm. Er hat die Unart, sich überall einzumischen.«
»Aber er hatte nicht genügend Zeit, mir zu erklären, wie ich das mit der Verführung anstellen sollte. Ich bin Ihre Frau, Mylord, gewillt, Ihre Ehefrau zu werden und in diesem Bett zu schlafen, bis ich schwanger bin. Sie wollten doch einen Erben? Das war doch der Hauptgrund Ihrer Heirat, nicht wahr?«
»War es, aber Sie sind die falsche Frau, wie Sie wohl wissen. Ich bin es leid, immer dasselbe zu sagen. Wiederholungen sind mehr als langweilig.«
»Ich will Ihnen Ihren Erben geben.
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