Die Sherbrooke Braut
der geplatzte Ehevertrag für ihren Vater bedeuten würde. Daran war jetzt nichts zu ändern. Sie hatte nichts unversucht gelassen.
Sie wartete ab, bis feststand, daß Douglas mit seinem Gutsverwalter, einem Mann namens Tuffs, ausgeritten war. Dann schritt sie gefaßt die Treppen hinunter. Als sie Tony mit Hollis reden hörte, hielt sie inne und horchte.
»Ich wünschte mir, Ryder wäre nicht vor Douglas’ und Alex Verschwinden abgereist. Er war drauf und dran, Douglas’ Gedankenwirrwarr zu ordnen.«
»Da gebe ich Ihnen recht«, erwiderte Hollis würdevoll. »Master Ryder ist jedoch fortgereist. Niemand ist anwesend, Seine Lordschaft zu unterstützen, außer Ihnen Mylord. Hat Seine Lordschaft, ah, von dem Wunsch Abstand genommen, Ihre Innereien auf dem Tablett serviert zu bekommen?«
»Aber woher denn«, erklärte Tony. »Teufel noch mal, ich bin es allmählich leid, Douglas klarzumachen, daß Melissande nicht die geeignete Frau für ihn ist. Sturer Esel! Warum kann er nicht hinter ihrem schönen Gesicht ihr durch und durch selbstsüchtiges Wesen erkennen? Es wird Zeit, daß ich meine Frau von hier fortbringe, Hollis, nach Strawberry Hill.«
»Wenn ich recht verstanden habe, gibt Lady Melissande London den Vorzug, Mylord.«
»Tut sie, tut sie. Sie wird jedoch etwas anderes vorziehen, wenn sie einmal begriffen hat, wie sie sich, meinem Wunsch entsprechend, entscheiden will.«
Hatte Alexandra es einmal seltsam gefunden, daß ein Peer in so familiärem Ton mit dem Butler sprach, so war sie hier, während ihres kurzen Aufenthalts in Northcliffe Hall, eines besseren belehrt worden.
»Vielleicht wäre eine Abreise Ihrerseits das allerbeste, Mylord. Ah, die Launen Seiner Lordschaft sind so unberechenbar. Ich mache mir um Ihre Ladyschaft große Gedanken.«
»Ich auch, Hollis. Doch ihre Krankheit in O’Malleys Hütte -ich komme einfach nicht drumherum, das als gute Sache zu betrachten. Douglas schien betroffen, und er hat sich rührend um sie gekümmert. Das war eine ausgezeichnete Idee von dir, O’Malley ohne Begleitung eines Arztes in seine Hütte zurückzuschicken.«
Alexandra wollte keinerlei weitere Vertraulichkeiten oder Winkelzüge von Douglas’ Dienstboten erfahren. Sie war sich nicht ganz sicher, ob Tony sie nicht doch von ihrem Fortgehen abhalten würde. Oder Hollis. Oder Mrs. Peachham. Sie kaute auf ihrer Unterlippe und überlegte, was tun.
Dann schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, daß keiner von ihnen es wagen würde, sie zu berühren. Sie konnten noch so poltern und schimpfen; doch sogar Tony, so unbekümmert er auch war, war von unerschütterlicher Treue seinem Cousin gegenüber. Auch wenn er in Douglas’ Revier gewildert hatte. Er würde es aber niemals wagen, sie in einen Raum einzusperren. Und genau das wäre nötig, denn sie würde keineswegs freiwillig bleiben.
Sie stand da, in diesem Augenblick ganz die Countess of Northcliffe. Sie würde tun und lassen, was immer ihr beliebte. Nur Douglas könnte sie abhalten, doch der würde es nicht tun. Ganz einfältig war sie jedoch nicht. Sie würde abwarten, bis Tony mit Melissande ausfuhr. Sie hatte gehört, wie Melissande mit lieblicher Stimme Mrs. Peachham aufgeregt erzählt hatte, daß Tony sie nach Rye, einer Stadt von großer historischer Bedeutung, führen würde. »Ja, Mellie«, hatte er ihr gesagt und sie dabei zärtlich auf die Schläfe geküßt. »Rye ist 1285 zur Stadt erklärt worden. Edward der Erste, weißt du. Sie ist sehr schön, und auf dem Klippenweg küsse ich dich noch einmal.«
Festen Schrittes trat Lady Alexandra, die demnächst abgeschobene Countess of Northcliffe, mit einem Köfferchen und dreißig Pfund ausgerüstet, am Freitagnachmittag um ein Uhr Mittag durch den Haupteingang der Empfangshalle.
Hollis stand offenen Mundes am Eingang. Alle seine noch so überzeugenden Argumente Seiner Ladyschaft gegenüber waren in Nichts aufgelöst.
Mrs. Peachham nestelte unglücklich an ihren Röcken.
Der Graf war zur Inspektion zweier Pachthütten, die unter dem schweren Regensturm gelitten hatten, in den östlichen Teil der Sherbrooke-Güter ausgeritten.
Was tun?
Hollis versuchte es erneut. »Bitte, Mylady, Sie sollten wenigstens auf die Rückkunft des Grafen warten. Ihr seid für eine Reise noch nicht gesund genug.«
»Ich werde zu Fuß gehen, wenn Sie nicht augenblicklich eine Kutsche vorfahren lassen, Hollis.«
Hollis’ Versuchung war groß, sie zu Fuß ziehen zu lassen. Sie käme nicht sehr weit, bis der Graf sie
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