Die Sherbrooke Braut
Er war immer noch fest entschlossen, sie als seine Frau zu akzeptieren und in den siebten Himmel zu versetzen. Doch sie schien nicht so recht in Stimmung zu sein, dieses paradiesische Angebot entgegenzunehmen. Vorigen Abend hatte er sie alleine gelassen; sie sollte sich ausruhen und zu Kräften kommen, ehe er sie zur glücklichsten Frau der Welt machte. Und nun benahm sie sich wie ein zänkisches Weib, gerade so, als wäre er der Leibhaftige persönlich, als würde sie sein Anblick überhaupt nicht erfreuen. Dabei war er doch ihr Ehemann und hatte sich so rührend um sie gekümmert!
Unberechenbare, dumme Person. Er hob sie in seine Arme. Noch während sie ihn vergeblich von sich stoßen wollte, befahl er ihr: »Halten Sie brav den Mund. Ich werde Sie zum Nachttopf bringen. Nein, halten Sie Ihr verdammtes Mundwerk.«
Sie gab nach, denn sie bezweifelte, ob sie es ohne seine Hilfe je bis zum Bett schaffen würde. Sie hätte nach Tess klingeln sollen. Douglas ließ sie hinter der spanischen Wand alleine. Sie fand sich zurecht, doch der Gedanke, daß er vor der Wand stand, machte ihr zu schaffen. Er war so nahe, er konnte alles hören. Das lähmte sie beinahe.
Als sie schließlich und endlich auftauchte, unterließ er jedwede Bemerkung. Er nahm sie wieder in seine Arme und schwieg erfreulicherweise so lange, bis er sie unter der Bettdecke verstaut hatte.
»Na also, war doch nicht so schlimm, oder? Sie haben zwar recht lange auf dem Nachttopf verbracht, doch... na ja. Meinen Sie, Sie können wieder einschlafen, oder benötigen Sie etwas Laudanum?«
»Fort.« Sie warf ihm einen haßerfüllten Blick zu. Doch dann sah sie ein, daß ihr Benehmen zu wünschen übrig ließ und erklärte mit förmlicher Stimme: »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe. Entschuldigen Sie, daß ich Sie geweckt habe. Es tut mir leid, daß ich gegen den Stuhl gestoßen bin, daß er gegen den Schreibtisch gefallen ist, daß dabei das Tintenfaß umkippte und daß die Tinte den wunderschönen Teppich verdorben hat. Ich werde den Teppich ersetzen. Ich habe etwas Geld.«
»Ach, sieh an. Es fällt mir schwer, das zu glauben. Ihr so geschätzter Vater besaß keinen verdammten Heller. Melissande und Sie sind beide ohne Mitgift von Zuhause fort. Sie haben ja nicht einmal eine blasse Ahnung von dem Ehevertrag, den Ihr Vater mit Tony geschlossen hat, stimmt’s? Im übrigen haben Sie keine Ahnung, ob ich Ihnen überhaupt irgendein Taschengeld geben werde. Großer Gott, nicht auszudenken: ich gebe Ihnen ein Taschengeld und Sie ersetzen freundlicherweise den Teppich. Also zahle ich ja trotzdem diesen verdammten Teppich selbst.«
»Nein, tun Sie nicht. Ich habe dreißig Pfund bei mir. Diese Summe habe ich mir in den letzten vier Jahren zusammengespart. «
»Dreißig Pfund! Aha! Das würde ein oder zwei Nachttöpfe ersetzen, aber keinen wertvollen Teppich.«
»Vielleicht kann man ihn säubern lassen.«
Douglas musterte den mitgenommenen Teppich. Sein wunderbares Muster war schwarz gefärbt. »Aber klar. Und vielleicht schleudert ein Minister Napoleon zum Spaß einen Kuchen ins Gesicht.«
»Alles ist möglich.«
»Sie sind zu jung, um zu erkennen, daß Dummköpfe auf dieser Welt niemals aussterben. Legen Sie sich wieder schlafen. Sie sind von einer geradezu lächerlichen Gutgläubigkeit, die einen verärgern kann.«
Soviel zum Thema, eine Frau glücklich zu machen, zürnte Douglas, als er zurück in sein Schlafzimmer marschierte. Wie konnte sie nur so boshaft sein? Was zum Teufel war ihr über die Leber gelaufen? Er hatte sich wie der perfekte Gentleman benommen, verflucht noch mal, und hatte wahrscheinlich durch seine ausgezeichnete Krankenpflege ihr Leben gerettet.
War dies der Dank? Sie haßte ihn. Sie befahl ihm, sie in Ruhe zu lassen. Sie ruinierte einen der Lieblingsteppiche seiner Großmutter.
Douglas schlief mit einem bitteren Geschmack im Mund ein.
Es war Freitagmorgen. Alexandra bat Tess, ihr nach dem Bad beim Ankleiden behilflich zu sein. Sie fühlte zwar immer noch eine gewisse Schwäche, aber sie konnte mit ihr durchaus fertig werden. Es war höchste Zeit, fortzugehen. Die innere Überzeugung über ihren Entschluß beschwingte sie. Sie betete, dieser Zustand möge bis zu ihrer Abreise von Northcliffe Hall anhalten.
Douglas hatte sie verschmäht. Hatte sie behandelt, als wäre sie nichts als eine lästige Fliege, eine geschlechtslose Bürde.
Sie hatte den wunderbaren Teppich seiner Großmutter zerstört.
Über ihre dreißig Pfund hatte er nur
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