Die sieben Dämonen: Roman
Mark schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Dann laß uns einfach in sicherer Entfernung warten, bis Beamte aus Kairo eingetroffen sind. Mehr verlangen wir gar nicht. Wir fahren nach El Minia, schicken ein Telegramm, und bleiben dort, bis die Leute vom Ministerium kommen.«
»Nein!« Mark riß seinen Arm los. »Wir arbeiten weiter!«
»Was du tust, ist absolut irrational! Mein Gott, Mark, du wirst jeden Tag unvernünftiger! Was ist aus dem kühlen, sachlichen Wissenschaftler geworden? Schau dich doch an, Mensch!«
Mark wich dem anklagenden Blick seines Freundes aus. Sie verstanden ihn nicht! Wie konnte er ihnen begreiflich machen, daß er hierbleiben mußte, daß er nicht wegkonnte, ganz egal, was auch passieren würde? Das Grab war zu wichtig, und dann gab es auch noch sie … Wie konnte er abreisen, bevor er herausgefunden hatte, was sie war und woher sie kam, diese Frau, die sich Nofretete nannte …
»Mark!«
Er blickte Ron verständnislos an.
»Sei vernünftig, Mann. Das ist alles, was ich verlange. Laß uns auf der Stelle nach El Minia fahren, gleich heute nachmittag …«
»Ich habe nein gesagt. Hör zu, Ron«, sprudelte Mark hervor, »wie lange, glaubst du, würde das Grab in unserer Abwesenheit unbehel
ligt bleiben? Sobald wir den Fuß ans andere Ufer setzen, werden diese Dorfbewohner in Schwärmen dort einfallen und es aufbrechen. Sie werden es plündern, die empfindlichen Mumien, die Kunstgegenstände zerstören und das Gold an Domenikos verkaufen. Und derweil sitzen wir in El Minia und warten darauf, daß die Behörden einschreiten!«
Ron starrte Mark lange an und gab schließlich stirnrunzelnd zu: »Ich weiß nicht … Das hatte ich gar nicht bedacht.«
»Nein!« ereiferte sich Halstead, dessen Taschentuch bereits blutgetränkt war. »Ich sage, wir gehen. Dies ist meine Expedition, und ich bestimme, was hier gemacht wird …«
»Sanford!«
Alle fuhren herum.
Groß und majestätisch stand Alexis Halstead im Eingang, wie eine triumphierende Königin. »Wir werden nicht wegfahren.«
»Aber Alexis …«
»Sanford, noch ein Wort, und ich schicke dich dorthin zurück, wo du hergekommen bist.«
Er sah sie entsetzt an und schien unter ihrem herrischen Blick ganz klein zu werden.
»So ist das also«, sie betrat entschlossen das Zelt und stellte sich, die Arme in die Hüften gestemmt, breitbeinig vor die anderen hin, »langsam werden alle hysterisch! Wir werden nicht zulassen, daß ein paar rückständige Bauern uns das vorenthalten, was uns gehört. Das werde ich nicht dulden. Dies ist meine Expedition, und ich sage, wir bleiben.«
Alle starrten zu ihr empor und waren beeindruckt von ihrem todesverachtenden Blick und ihrer herausfordernden Pose.
»Wenn Sie Hilfe von der Regierung anfordern wollen, Dr. Davison, so tun Sie das. Was auch immer Sie brauchen, ich lasse Ihnen freie Hand dafür. Aber wir bleiben, und damit ist das Thema für mich beendet.«
Mark kniete auf dem Boden und reinigte den oberen Teil der Grabtür mit Schwämmchen und weichen Pinseln. Ein halber Meter war vom Sturz aus nach unten hin freigelegt worden, und die Inschriften im Stein waren deutlich lesbar. Mit seiner Pfeife zwischen den Zähnen
und einem schweißgetränkten Tuch um den Kopf arbeitete Mark unermüdlich und gewissenhaft unter der heißen Sonne, um die Hieroglyphen vom Schmutz zu befreien.
Die wenigen Fellachen, die sich von Abdul hatten bestechen lassen, arbeiteten weiter an der Freilegung der Treppe. Neun Stufen waren bereits zutage gefördert worden. Immer tiefer stießen sie ins Erdreich vor, und immer näher kamen sie dem Eingang. Halstead saß mit Alexis unter einem flatternden Sonnensegel und beschäftigte sich damit, Fliegen zu erlegen, während Ron mit Stativ und Kameras experimentierte. Jasmina hatte es vorgezogen, bei Hasim im Camp zu bleiben.
Als er das letzte Schriftzeichen der untersten Reihe freigelegt hatte, lehnte Mark sich zurück und rieb sich die Schulter. Jetzt konnte er sich darauf konzentrieren, zu lesen, was er ans Tageslicht gebracht hatte.
Er überflog es zunächst und übersetzte es grob im Kopf. Dann nahm er seinen Schreibblock zur Hand und begann, den Hieroglyphentext genauer zu übertragen. Er mußte nicht viel überlegen; die Worte schienen ihm in die Feder zu fließen.
»Hier ruht der Ketzerkönig, der Verbrecher, Er-der-keinen-Namen-hat, und verflucht sei der Reisende, der den Namen dieses Mannes ausspricht und ihm Leben gibt, denn er wird den Inbegriff von Seth sehen; er
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