Die sieben Dämonen: Roman
seinen Hals und zog sich mit jedem Aufschrei enger zusammen. Ron versuchte, sich zu befreien, aber seine Hände waren gefesselt.
Als er schließlich wehrlos am Boden lag, hatte er das Gefühl, daß seine Haare zu einem Knoten zusammengedreht und ihm langsam die Kopfhaut abgezogen wurde.
Ron riß den Mund auf und stieß in Todesangst einen langen, markerschütternden Schrei aus.
Wo die Eingangsplane gewesen war, sah er plötzlich Sterne auf und ab tanzen. Er merkte, wie jemand über ihn stieg, und wurde im nächsten Augenblick von einem Lichtstrahl geblendet. Er riß einen Arm hoch, um seine Augen vor der Helligkeit zu schützen, und hörte Mark rufen: »Mein Gott, was ist denn passiert?«
»Mach mich los!« kreischte Ron. »Es hat mich an den Haaren gepackt!«
»He!« Mark fiel auf die Knie und legte die Hände auf Rons Schultern. »Was ist los?«
Ron ließ den Arm sinken und blickte seinen Freund verständnislos an. »Wo ist es? Hast du es gesehen?«
»Was soll ich gesehen haben? Wovon redest du?«
Noch immer am ganzen Leib zitternd, stützte Ron sich auf die Ellbogen und spähte im Zelt umher. Hier herrschte heilloses Durcheinander: verstreutes Fotopapier, verschüttete Flüssigkeiten, zerbrochenes Glas. Dann sah er an sich selbst herab. Sein Hemd war über der Brust aufgerissen, und ein dünner, roter Streifen zeigte sich auf seiner Haut. Hand-und Fußgelenke waren über und über in spiralförmige Filmstreifen verwickelt.
»Was zum Teufel …«
»Das mußte ja eines Tages passieren!« Mark faßte in Rons Haare und zog vorsichtig ein Stück Draht heraus. »Deine Wäscheleine, mein Freund.«
Ron starrte stumm auf den Draht. Wäscheklammern und Heftspangen hingen an seinen Ärmeln und Hosenbeinen, Filmstreifen lagen überall verstreut; die Leine hatte sich um seinen Hals gewickelt und in seinen langen Haaren verfangen. »Nein …« flüsterte er.
Mit ihrer Arzttasche in der Hand erschien Jasmina in der Zeltöffnung. »Was ist passiert?« Hinter ihr kamen, schlaftrunken und verwirrt, Sanford und Alexis. Abdul drängte sich zwischen ihnen hindurch und blickte Mark fragend an.
»Er hat sich im Dunkeln in seiner Wäscheleine verheddert.«
»Nein …«
»Kannst du aufstehen?«
»Ich möchte ihn mir lieber erst mal ansehen«, warf Jasmina ein.
»Nein … mir fehlt nichts …«
Mit Marks Unterstützung kam Ron wieder auf die Beine. Benommen
löste er den Draht von seinem Hals und seinen Armen und starrte verblüfft auf die Filmstreifen.
»Na, komm schon«, meinte Mark freundschaftlich.
Aber Ron wandte sich ärgerlich ab. »He! Es war etwas bei mir hier drinnen! Wenn ich es dir sage! Das Ding war glitschig und schuppig, und es hat mich angegriffen. Es hat mich angegriffen, verdammt noch mal! Es hat versucht, mir die Haare abzureißen!«
Mark packte Ron fest beim Arm. »Du irrst dich. Hier drinnen war absolut nichts. Ich habe den Zeltverschluß selbst geöffnet, und glaube mir, nichts kam heraus. Du hast im Dunkeln gearbeitet und dich zufällig in diesem Draht verheddert …« Ron riß seinen Arm los. »Ich schwöre dir, hier drinnen war etwas! Ich habe es atmen hören!«
Jasmina holte eine Spritze aus ihrer Tasche und begann sie aufzuziehen, doch als Ron es bemerkte, wich er zurück.
»Nein, kommt nicht in Frage! Keine Beruhigungsspritze für mich! Verdammt noch mal, warum glaubt ihr mir eigentlich nicht?«
Mark streckte die Hände aus. »Ron, da war nichts …«
Ron machte auf dem Absatz kehrt und stürmte davon.
Mark verausgabte sich bis an den Rand der Erschöpfung. Abduls Warnungen und Jasminas Bitten zum Trotz, arbeitete er bei einer Hitze weiter, die so mörderisch war, daß sogar die Fellachen aufgeben mußten. Abdul stand bei ihm und hielt einen Sonnenschirm über ihn, während er mit seinen Schwämmchen und Pinseln vor der Grabtür kauerte. Mehr als die Hälfte davon war schon ausgegraben, und die Stufen waren fast alle freigelegt. Drei weitere horizontale Hieroglyphenreihen ließen sich allmählich erkennen, und schließlich kamen auch die Siegel der königlichen Totenstadt in Theben zum Vorschein: Jedes von ihnen zeigte einen Hund mit neun Gefangenen. Die Siegel waren nicht erbrochen.
Dann sah Mark etwas, das ihn zum Vergrößerungsglas greifen ließ: In den Fels waren mehrere senkrechte Linien eingeritzt, die bis zu der noch unter dem Sand verborgenen Schwelle zu reichen schienen.
»Was sollen diese Linien bedeuten?«
»Keine Ahnung. Sie beginnen in etwa zwei Metern Höhe und
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