Die sieben Dämonen: Roman
hat nicht geklappt.«
»Das war vor über vierzig Jahren, Dr. Selfridge. Wir haben heute modernere Techniken.«
»Klingt beeindruckend! Das würde ich liebend gern einmal sehen.«
»Da muß ich Sie leider enttäuschen. Wir sind erst im Planungsstadium, Sie verstehen.«
»Ja, ja, natürlich.« Er wies mit der Hand nach der Arbeitersiedlung. »Werden meine Leute Ihnen im Weg sein?«
»Nicht, wenn es nur für kurze Zeit ist.«
»Eine Stunde höchstens, das versichere ich Ihnen. Mein einheimischer Führer zeigt ihnen gerade die am besten erhaltenen Überreste. Danach werden wir das Wadi hinaufreiten, um das Königsgrab zu besuchen.«
Mark spürte, wie Halstead hinter ihm erstarrte. »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.«
»Warum nicht, Dr. Davison?«
»Es hat einen Felssturz gegeben. Der Eingang zum Wadi ist völlig verschüttet.«
»So ein Pech!«
»Werden Sie die Felsengräber besuchen?« forschte Ron.
John Selfridge leckte sich die Lippen und warf einen letzten ungeduldigen Blick zum Speisezelt hinüber. »Das hatten wir eigentlich vor, aber leider macht die Hitze den meisten Teilnehmern schwer zu schaffen. Wir müssen weiter. Zwei Wochen sind viel zu kurz für das, was es alles zu sehen gibt, Sie verstehen.«
»Werden Sie hier nicht Ihr Nachtlager aufschlagen?«
»Leider nein. Wir müssen morgen früh in Assiut sein. Äh … haben Sie vielleicht etwas kaltes …?«
»Dr. Selfridge, ich bin sicher, Sie werden entschuldigen, wenn wir Sie nicht hereinbitten, aber wir stehen mit unserem Projekt unter Zeitdruck und müssen jede Minute Tageslicht ausnutzen. Wir wollten uns gerade wieder an die Arbeit machen.«
Das liebenswürdige Lächeln verschwand. »Ich verstehe. Nun ja …« Selfridge lüpfte seinen Hut, fuhr sich abermals mit dem Taschentuch über den glänzenden Schädel und meinte dann: »Es war nett, Sie kennenzulernen, Dr. Davison. Sie alle …«
Ron rief hinter ihm her: »Gute Reise weiterhin!«
Sie blieben schweigend stehen, während sie dem kleinen Mann dabei zusahen, wie er sein Reittier bestieg und langsam davontrottete. »Laß sie nicht aus den Augen«, wies Mark Abdul an. »Und gib mir Bescheid, sobald das Fährboot wieder abgelegt hat.«
Mark saß an seinem kleinen Schreibtisch und war dabei, einen Plan für die Erforschung und die eventuelle systematische Räumung des Grabes aufzustellen. Plötzlich zog Ron die Zeltplane beiseite und blieb lange wortlos am Eingang stehen. Mark drehte sich um und schaute zu ihm auf. »Was ist los?«
»Es passiert in der gleichen Weise wieder.«
»Was?«
Rons Lippen waren blaß, sein Gesicht ernst. »Wir gehen denselben Weg wie die Ramsgate-Expedition. Ein Fluch für jeden von uns.«
Mark legte seinen Kugelschreiber weg. »Ron …«
»Ich möchte dir etwas zeigen.«
»Was ist es?«
Aber Ron gab keine Antwort. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder in die Nacht hinaus. Neugierig folgte Mark ihm nach. Sie begaben sich ins Laborzelt, wo Ron etwas unbeholfen Licht machte, bevor sie vollends eintraten. Vor ihnen auf dem Arbeitstisch lag das Skelett.
»Ich will wissen, wie du mir das erklären kannst«, begann Ron förmlich. »Ich will deine wissenschaftliche Erläuterung dazu hören.«
Ron trat an den Tisch und blickte auf das Skelett. Als Mark sich neben ihn stellte, fuhr er leise fort: »Während du am Ausgrabungsplan gearbeitet hast, habe ich es untersucht.«
Die Glühbirne über ihren Köpfen schwang an ihrem Draht hin und
her und warf unheimliche Schatten an die Zeltwände. Als das Wechselspiel von Licht und Schatten über den Kopf des Toten hinweghuschte, schien sich sein Gesichtsausdruck zu verändern.
»Sieh dir zuerst die Hände an«, sagte Ron. »Der Zeigefinger ist länger als der Ringfinger.«
»Ach ja?«
»Schau deine eigene Hand an.«
Mark streckte seine rechte Hand aus; der Zeigefinger war kürzer als der Ringfinger. »Ja, und was soll das …«
»Jetzt achte mal auf den Wulst der Augenbrauen und die Warzenfortsätze der Schläfenbeine.«
Mark mußte sich dicht darüber beugen. Als ihm der Verwesungsgeruch in die Nase stieg, schien das Skelett ihn hämisch anzugrinsen.
»Und schließlich«, sprach Ron weiter, »das Becken. Das allein verrät schon alles.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Dieser Körper, Mark, ist nicht der eines Mannes, sondern der einer Frau.«
Mark hob erstaunt die Augenbrauen. »Eine Frau … bist du sicher?«
»Es besteht kein Zweifel. Und ich habe mit einer Lupe die Schambeinfuge
Weitere Kostenlose Bücher