Die sieben Dämonen: Roman
inschallah.«
Die drückende Sommerhitze schlug den Neuankömmlingen mit aller Macht entgegen, als sie nacheinander aus dem Zug stiegen. Ein sehr großer und breitschultriger Mann kam herbei und stellte sich neben Abdul. Mit hochmütiger Miene blickte er über die Köpfe der Besucher hinweg und verharrte in stocksteifer Haltung. Außer durch seine Größe fiel er vor allem durch seine Hakennase auf. Seine kupferfarbene Haut spannte sich straff über seine hohlen Wangen. Er trug eine blaue Galabia, das weite Obergewand der Araber, und einen Turban. An seiner Schulter hing ein Gewehr. Sein Anblick erinnerte Mark an die Mumie von Seti I. Abdul stellte ihn als den obersten Ghaffir vor, der für die Sicherheit der Expedition verantwortlich sei.
Mark warf einen flüchtigen Blick auf den Mann und bemerkte, daß sein eines Auge stark vom Trachom befallen war. »Du hast deine Sache gut gemacht, Abdul. Schukran. Sind die Autos da?«
»Hier entlang, Effendi.«
Abdul führte die Gruppe vom Bahnsteig weg zu einem unbefestigten Weg, der an einem Kanal entlangführte, in dem brackiges Wasser stand. Fliegen traten dort in solchen Schwärmen auf, daß ein ohrenbetäubendes Summen die Luft erfüllte. An dem morastigen Ufer saßen zwei Männer im Schneidersitz auf der Erde und spielten Tricktrack. Auf der »Straße« parkten drei verbeulte schwarze Chevrolets, auf deren Dach gerade das Reisegepäck der Amerikaner festgezurrt wurde. Mark verteilte die Gruppe auf die Fahrzeuge und stieg anschließend in den letzten Wagen ein, zusammen mit Ron, Hasim al-Scheichly, dem jungen Beamten der Altertumsbehörde, und dem Ghaffir, der sein Gewehr aus dem Fenster baumeln ließ, um mehr Platz zu schaffen.
Die Autos ratterten über die holprige Piste, vorbei an Bewässerungskanälen und Baumwollfeldern und unter schattenspendenden Dattelpalmen hindurch, wobei alle Insassen kräftig durchgerüttelt wurden, als die vollbeladenen Fahrzeuge von einem Schlagloch ins nächste donnerten. Scharen von Kindern rannten schreiend zum Straßenrand und winkten. Nachdem die Wagen vorbeigefahren waren, blieben sie unter der stechenden Mittagssonne in einer Wolke aus Staub zurück. Als der Konvoi schließlich das Ufer des Nils erreichte, hatte keiner der Insassen auch nur ein Wort gesprochen. Die Fahrer öffneten die Türen, und alle stürzten, hustend und sich den Staub von den Kleidern klopfend, heraus.
Mark rieb sich den Staub aus den Augen und warf schnell einen Blick über seine Gruppe. Die wie immer kühl und gelassen wirkende Alexis Halstead schlenderte langsam vom Wagen weg. Sanford Halstead, der mit beigefarbenen Khakihosen und einem weißen Poloshirt bekleidet war, beäugte mißtrauisch die herannahenden Feluken. Abdul, der Ghaffir und seine beiden Assistenten halfen unterdessen den Fahrern beim Abladen des Gepäcks und stellten es auf der hölzernen Landungsbrücke ab. Hasim al-Scheichly ging zu Jasmina Schukri hinüber, die gerade ihr langes schwarzes Haar in ein Tuch einband, und knüpfte leise eine Unterhaltung mit ihr an.
Mit seiner Kamera, die ihm von der Schulter herabbaumelte, trat Ron zu Mark und murmelte: »Mann, ist das eine Bullenhitze!«
Mark wandte den Blick nicht von den beiden Booten, die sich im Zickzack über den Fluß auf ihn zu bewegten. »Das ist erst der Anfang, mein Freund.«
Der Nil breitete sich vor ihnen aus wie ein braunes Feld, dessen Oberfläche vom Kielwasser der Feluken und von einem leichten Nordwind gekräuselt wurde. Die Expeditionsteilnehmer flüchteten sich in den spärlichen Schatten.
»Mark, was hältst du von Hasim al-Scheichly? Vertraust du ihm?«
»Er ist in Ordnung. Ich glaube, daß ich ihn richtig einschätze: Jung und unerfahren und ganz versessen darauf, sich zu bewähren. Die ägyptische Regierung versucht, den Mangel an ausländischen Grabungen im Niltal dadurch auszugleichen, daß sie eigene Leute schult. Nur funktioniert das nicht, weil niemand im Gelände arbeiten will. Die meisten Einheimischen sind nur an Büroarbeit und an möglichst
schneller Beförderung interessiert. Hasim wird uns aber keine Schwierigkeiten bereiten. Er kommt frisch von der Universität und steckt voller Idealismus. Er ist noch nicht so korrumpiert.«
»Wann willst du ihm von dem Tagebuch erzählen?«
»Heute abend.«
Ron verscheuchte eine Fliege aus seinem Gesicht. »Halstead scheint sich ziemlich gut zu halten.«
Der Neunundfünfzigjährige lehnte an einer Dattelpalme und preßte die Hände gegeneinander, eine Art
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