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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ihm fremd waren und doch einen seltsam vertrauten Klang besaßen.
    »Sie spricht nicht arabisch.«
    »Nein, Effendi, sie spricht die alte Sprache.«
    »Koptisch?« Mark drehte sich zu Abdul um. »Bist du sicher? Ich habe diesen Dialekt nie zuvor gehört.«
    Samiras Stimme schnarrte weiter. Jetzt wiederholte sie Sätze, und Mark schnappte ein paar Worte auf, die er kannte. Im Rahmen seiner Doktorarbeit über die gesprochene Sprache des alten Ägypten hatte Mark sich auch mit der koptischen Sprache auseinandergesetzt. Niemand wußte, wie die Sprache der Pharaonen geklungen hatte, weil die Ägypter in ihrer Schrift Vokale ausließen. Die Hieroglyphen waren eine Konsonantenschrift. Die Kopten, ein christliches Volk, dessen Kirche der Legende nach vor zweitausend Jahren vom heiligen Markus gegründet worden war, waren Nachfahren der alten Ägypter und behaupteten von sich, die alte pharaonische Sprache weitergeführt zu haben. So hatte Mark Davison in seinem Bemühen, die Sprache in ihrem ursprünglichen Klang wiederherzustellen, die Entwicklung koptischer Wortstämme bis in uralte Zeiten zurückverfolgt und hatte viele von ihnen in hieroglyphischen Texten wiedergefunden. Die Schwierigkeit bestand darin, daß das Koptische jahrtausendelang durch fremde Einflüsse überlagert worden war, so daß Marks Theorie über den Klang der alten Sprache nicht restlos bewiesen werden konnte.
    Mark schaute auf die Greisin herab. Durch aufmerksames Hinhören war er imstande, Schlüsselwörter zu erhaschen, und während er auf ihre Worte lauschte, spürte er, wie ihn ein prickelndes Gefühl durchfuhr. »Woher kommt sie?«
    »Sie wohnt in Hag Qandil, Effendi.«
    »Nein, ich meine, woher kommt sie ursprünglich? Wo ist sie geboren? Wo hat sie ihre Kindheit verbracht?«
    »Ich weiß es nicht, Effendi.«
    Fasziniert kniete Mark sich abermals vor die Fellachin hin; ihre winzi
    gen, tiefschwarzen Augen folgten jeder seiner Bewegungen. »Alte Frau«, wandte er sich auf koptisch an sie, »ich möchte Euch etwas fragen.«
    Doch Samira zeigte keinerlei Reaktion und fuhr in ihrem Sprechgesang unbeirrt fort.
    »Sie versteht Sie nicht, Effendi.«
    »Du meinst wohl, sie hört mich nicht. Das muß ein verdammt starkes Zeug sein, was sie da kaut. Ich könnte wetten, sie pflanzt es in einem geheimen Kräutergärtchen an. Alte, ich spreche mit Euch.«
    »Machen Sie sich keine Mühe mit ihr, Effendi. Ich werde eine andere Frau einstellen.«
    Mark hob die Hand. »Übersetze mir, was sie sagt. Ich verstehe immer nur die Zahl sieben, die sie ständig zu wiederholen scheint.«
    »Sie warnt Sie vor Gefahr. Sie spricht von zwei Kräften, die hier einen Kampf miteinander austragen, und meint, Sie befänden sich genau in der Mitte …«
    »Sprich weiter.«
    »Es ergibt keinen Sinn, Effendi.«
    »Übersetze trotzdem weiter, Abdul.«
    »Sie sagt, es gibt eine böse Kraft hier, aber es gibt auch eine gute, und Sie müßten lernen, die beiden voneinander zu unterscheiden, und der guten erlauben, Ihnen zu helfen. Es ist Unsinn, Effendi.«
    Mark blickte hingerissen auf die alte Frau hinab. »Das ist ja unglaublich! Ich kann etwa die Hälfte von dem, was sie sagt, verstehen! Und dabei spricht sie in einem Dialekt, der weit älter ist als irgendeiner, den ich bis jetzt gehört habe. Hör nur …« Er starrte sie mit ernster Miene an und wagte kaum zu atmen. »›Einer wird in Flammen aufgehen‹. Ist das richtig, Abdul, hat sie das eben gesagt?«
    »Jawohl, Effendi.«
    »›Einer wird in eine Feuersäule verwandelt werden, und einer wird …‹« Er blickte argwöhnisch zu Abdul auf.
    »… langsam verbluten, Effendi.«
    »… ›seinem Körper wird das Wasser entzogen, bis er stirbt‹. Das ist ja sagenhaft, Abdul! Sie spricht wirklich einen Dialekt, in dem sich die alte Sprache fast vollständig erhalten hat! Das muß ich unbedingt aufschreiben!«
    Abdul Rageb starrte mit unbewegtem Gesicht und halb geschlossenen
    Lidern vor sich hin, während Jasmina stirnrunzelnd abwechselnd Mark und die alte Frau anblickte.
    »Wovon redet sie?«
    Er winkte ab. »Das ist ohne Belang. Sie befindet sich in einem Rauschzustand und halluziniert. Wichtig ist, daß sie einen Dialekt spricht, der mit der alten Sprache eng verwandt zu sein scheint, und daß ich fast alles verstehen kann!«
    Die Alte redete weiter, und Mark hörte aufgeregt zu.
    »Dämonen«, murmelte er, »dieses Wort wiederholt sie ständig. Wenn die Dämonen freigesetzt werden …« Plötzlich verfinsterte sich seine Miene.

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