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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Hasim al-Scheichly das vierte Gebet des Tages. Vom Dunkelkammerzelt her ertönten leise und beruhigend die Klänge aus Rons Kassettenrecorder. Zwischen den Ruinen der Arbeitersiedlung sah man den Schein von Lagerfeuern.
    Mark lächelte zufrieden und machte sich auf den Weg zum Arbeitszelt. Die Dinge liefen gut, besser, als er erwartet hatte. Er war voller Zuversicht.
    Mark nahm seinen Platz auf dem Hocker wieder ein und sortierte die letzten Gegenstände, die an der Feuerstelle geborgen worden waren. Sie bestanden hauptsächlich aus persönlicher Habe: ein Handspiegel, ein Manschettenknopf, der Absatz eines Stiefels … Alles verkohlt und rußig und kaum erkennbar. In seiner peinlichen Genauigkeit hatte Abdul dafür gesorgt, daß alles, aber auch alles, was seine Arbeiter an dieser Stelle gefunden hatten, in die Kiste gepackt worden war. So stieß Mark beim Durchsehen immer wieder auf unbedeutende Stein-oder Holzkohlestücke, die nach kurzer Prüfung in den Abfalleimer wanderten. Es war eine langwierige, ermüdende Arbeit, und während er sich emsig über die Fundsachen beugte, merkte er gar nicht, daß die Nacht bereits über das Tal hereingebrochen war.
    Von der Arbeitersiedlung her drang unterschwellig die Stimme eines Geschichtenerzählers durch die Zeltwände.
    Während er sich selbst auf der Rababa begleitete, einer einseitigen Geige mit durchdringendem Ton, fesselte der Scha’ir seine Zuhörer mit einer Ballade über die Taten des heldenhaften Abu Said al-Hilali
    und seiner tapferen Gefährten. Die Stimme des Scha’ir klang voller Wehmut durch die purpurne Nacht und besang in bildreichen Sätzen den Liebreiz von Abu Saids Frau Alia. Der Wind trug die rührseligen Klänge über die Schlammziegelmauern hinweg in das stille Camp.
    Mark war so in seine Arbeit vertieft, daß er das Lied des Geschichtenerzählers gar nicht richtig wahrnahm. Er hörte nicht einmal die gelegentlichen Beifallsrufe der Fellachen, wenn der Sänger über Heldentaten berichtete, die ihnen besonders gefielen. Mit einer Bürste entfernte Mark sorgfältig den Ruß von einem großen, flachen Stein, den Abdul mit in die Kiste gepackt hatte. Es handelte sich um ein Kalksteinfragment, das etwa dreißig Zentimeter lang, zwanzig Zentimeter breit und sechs Zentimeter dick war. Mark unterzog es der routinemäßigen Säuberung, wie er dies mit allen Fundsachen tat, bevor er sie mit dem Vergrößerungsglas flüchtig begutachtete und dann meist wegwarf.
    Der Scha’ir hielt seine Zuhörerschaft mit Legenden über den Mut von ›Antar in Bann, und als die sitzenden Fellachen vor Begeisterung »Allah! Allah!« riefen, nahm Mark die Lupe zur Hand und begann den Stein näher zu untersuchen. Er fühlte sich glatt an.
    Der Scha’ir, der sein Heldenepos beendet hatte, erging sich nun in hochtrabenden Lobgesängen auf Mohammed und Jesus, wobei er die Tugenden beider Propheten in ein übermenschliches Szenarium kleidete. Die Fellachen, die im Kreis um ihn herum saßen, begannen im Takt des Liedes zu klatschen.
    Mark drehte den Stein herum. Er beugte sich dicht über das Vergrößerungsglas. Dann stand er auf und hielt den Stein näher ans Licht.
    Als der Scha’ir den Höhepunkt seiner Lobpreisungen erreichte, stießen die Fellachen Freudenschreie aus und warfen ihre Mützen in die Luft.
    Mark Davison starrte mit offenem Mund auf das Steinfragment in seiner Hand.

Zwölf
    »Puh!« machte Ron. »Die Hitze wird allmählich unerträglich. Wie lange wollen wir noch weitermachen?«
    Mark sah von seiner Arbeit auf, wischte sich den Schweiß von der Stirn und warf einen raschen Blick über den Cañon. In der halben Stunde, die er sich nun schon über die Fotografien beugte, war auch das geringste Fleckchen Schatten verschwunden. Die Sonne stand im Zenit; in dem Cañon mit seinen ausgebleichten, blendendweißen Wänden und hellem Boden war es heiß wie in einem Backofen. Abduls Teams hatten sich in langen Reihen aufgestellt, und die Fellachen arbeiteten langsam aber ausdauernd. In ihren langen Gewändern und mit Turbanen und Käppchen auf dem Kopf schwangen sie unermüdlich Äxte und Schaufeln. Zuerst war der Verlauf der Gräben abgesteckt worden, jetzt wurden sie ausgehoben. In einer anderen Reihe standen Knaben und Männer, die die Kübel mit Schutt von Hand zu Hand weiterreichten und sie am Ende der Kette entleerten. Der hochgewachsene, schlanke Abdul Rageb schritt würdevoll zwischen ihnen einher.
    Mark rückte seine Sonnenbrille zurecht. »Wir hören bald auf.

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