Die sieben Dämonen: Roman
Mit einem Mal wurde ihm bewußt, was er da hörte. Das war doch Ramsgates Tagebuch! Die alte Fellachin zitierte aus Ramsgates Tagebuch!
Mark schüttelte ungeduldig den Kopf. »Abdul, ich möchte wissen, woher sie kommt. Ihre Familie, ihr Dorf. Es könnte sein, daß sie in einer entlegenen Region Oberägyptens aufwuchs, deren Bewohner in solcher Abgeschiedenheit leben, daß sie die alte Sprache bewahrten. Sie könnte mir eine große Hilfe sein.«
»Sie wollen sie also doch nicht ersetzen?«
»Im Augenblick nicht. Ich habe noch Verwendung für sie.«
Mark rieb sich die Schläfen und nahm sich dabei fest vor, mit Abdul über die Belüftung des Zeltes zu reden. Obwohl alle Fensterplanen aufgerollt waren und drei Ventilatoren liefen, nahmen Rauch und Essensgerüche derart überhand, daß man kaum mehr atmen konnte. Mark schob seinen Teller von sich. Während seine Gefährten sich begeistert an würzigem Lamm-Kebab und Reis gütlich taten, litt er selbst unter Appetitlosigkeit. Seitdem ihm am Abend zuvor in der Dunkelheit eine Frau erschienen war, was sich später als optische Täuschung herausgestellt hatte, wurde er den Kopfschmerz nicht mehr los. Und auch Alexis Halsteads intensives Gardenien-Parfum trug kaum zur Linderung bei. Mark beobachtete Samira, wie sie die Teller abräumte und Schalen mit Muhallabeya auf den Tisch stellte. Sie schien sich nicht daran zu erinnern, was am Nachmittag vorgefallen war, und sie schien auch nicht mehr unter Drogen zu stehen. Sie war wieder ihrer alten Gewohnheit verfallen, mit niemandem zu sprechen.
»Dr. Davison«, ließ sich Sanford Halstead über seinen Teller mit Nüssen und grünem Gemüse hinweg vernehmen, »können wir uns über den heutigen Fund unterhalten?«
Mark verspürte ein heftiges Verlangen nach einem starken Drink und fragte sich insgeheim, ob ihm Alexis wohl wieder ein wenig von ihrem Glenlivet abgeben würde. Doch als er sie ansah, wie sie schweigend ihr Essen verzehrte, da fiel ihm auf, wie blaß sie war, und er überlegte, was sie veranlaßt haben mochte, den ganzen Tag über in ihrem Zelt zu bleiben. Seltsamerweise schien sie zusehends weißer zu werden, während alle anderen durch den Aufenthalt in der Sonne ständig an Bräune zunahmen …
»Also gut, reden wir. Was haben Sie auf dem Herzen?«
»Ich habe den ganzen Cañon heute gründlich mit dem Fernglas abgesucht und nichts entdeckt, was auch nur im entferntesten einem Hund ähnelt. Ich bin Meter um Meter am Horizont entlanggegangen, doch da gibt es keine Felsformation, die wie ein Hund aussieht. Vielleicht hat Neville Ramsgate die Sebbacha falsch verstanden. Gibt es in Arabisch ein anderes Wort, das so klingen könnte wie das Wort für Hund?«
Mark dachte einen Augenblick nach. Dieser Gedanke war ihm noch gar nicht gekommen. »Das arabische Wort für Hund ist Kalb. Die einzigen Wörter, die so ähnlich klingen, sind Qalb, was Herz bedeutet, und Kaab, was Ferse heißt. Nun schreibt Ramsgate aber, daß er den Hund fand. Er sagt nicht, daß es sich schließlich als etwas anderes herausstellte, zum Beispiel als ein herzförmiger Felsen, oder daß er sich in der Tatsache, daß es sich um einen Hund handelte, getäuscht hatte.«
»Nichtsdestoweniger habe ich meine Bedenken. Ich halte es für übertrieben, einfach anzunehmen, daß sich das Grab im Cañon befindet.«
»Das habe ich nie behauptet, Mr. Halstead, aber die Stelle eignet sich ebensogut wie jede andere, um mit der Suche zu beginnen. Wir haben Ramsgates Hinterlassenschaften und höchstwahrscheinlich auch Ramsgate selbst gefunden. Im Tagebuch berichtet er, daß er sein Camp verlegte, um in der Nähe des Grabes zu sein. Nun, sein Camp haben wir ja gefunden, und ich nehme daher an, daß wir auch nicht weit vom Grab entfernt sind.«
»Eines läßt mir noch immer keine Ruhe«, meinte Ron, während er den Rest seines Reispuddings vom Löffel ableckte.
»Und was wäre das?«
»Das Tagebuch«, antwortete er. »Wenn die Männer des Paschas wirklich alles, einschließlich der Leichname, verbrannten, wie gelangte dann das Tagebuch unversehrt außerhalb Ägyptens?«
Mark trat hinaus in den kupferfarbenen Sonnenuntergang und atmete tief ein. Dann reckte er die Arme und stellte sich auf Zehenspitzen, als wollte er nach dem lavendelfarbenen Himmel greifen. Ein paar Meter entfernt, am Rand des Lagers, knieten Abdul und die Ghaffir auf Gebetsteppichen und verbeugten sich gen Osten. Vor seinem Zelt, ebenfalls auf einer dünnen Matte kniend, verrichtete auch
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