Die sieben Dämonen: Roman
Nadelstichen traktiert.
Ron tastete im Dunkeln nach dem Licht, und als er es anschaltete, schrie er entsetzt auf. Jasminas Zelt wimmelte von dichten, brummenden Insektenschwärmen. Sie schwirrten durch die Luft und krochen über jede freie Fläche, und in der Mitte kauerte, nur mit einem dünnen Nachthemd bekleidet, Jasmina, die wild mit den Armen fuchtelte und verzweifelt schrie.
Die Insekten bedeckten jedes Fleckchen ihrer Haut, krabbelten in ihrem Haar und legten sich wie eine schwarze Maske über ihr Gesicht: Stechmücken, Wespen, Fliegen und Heuschrecken, die durcheinanderbrummten und gnadenlos auf ihr Opfer einstachen.
Mark faßte sie um die Taille herum und schleifte sie aus dem Zelt. Als er auf die dichte Insektenwolke im Zeltinnern zurückblickte, sah er, wie auch Ron, schreiend und um sich schlagend, sich nach draußen durchkämpfte. Die anderen hatten sich vor dem Zelt versammelt und gafften verblüfft und sprachlos, als Mark die weinende junge Frau in den Armen hielt.
Er wischte ihr mit raschen Bewegungen über Gesicht und Haar, worauf die Insekten von ihr abließen und ins Dunkel wegflogen. Mark lauschte voller Ekel auf das Gebrumm des Ungeziefers. Dann wandte er sich an Abdul und befahl: »Sorge dafür, daß das Zelt von den Biestern befreit wird!«
»Jawohl, Effendi.« Die Miene des hochgewachsenen Ägypters verriet keine Regung, aber sein Blick war plötzlich voller Feindseligkeit.
»Ron, du und ich werden heute nacht im Laborzelt schlafen. Jasmina kann mein Bett haben.«
Ihr Schluchzen ließ allmählich nach, aber sie klammerte sich weiterhin an Mark. Im Nachthemd wirkte Jasmina sehr zart und schutzbedürftig, wie ein kleines Mädchen. Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Brust, und als er sie weiter an sich gedrückt hielt, konnte er die zahllo
sen Schwellungen und Stiche auf ihrem Rücken und ihren Armen spüren.
Als er schließlich erneut einen Blick ins Zelt warf, waren die Insekten verschwunden.
Die Hitze lag flimmernd über dem Sand und ließ die Felsen auf der anderen Seite in verzerrten Proportionen erscheinen. Wie Quecksilber, das sich beim Nähertreten in Nichts aufzulösen schien, bedeckte die flirrende Luft den Cañonboden. Noch immer warteten alle gespannt auf das entscheidende Ergebnis, doch ihre Aufmerksamkeit ließ allmählich nach. Sie wollten zwar die Ausgrabungsstätte nicht verlassen, aber sie waren des Wartens müde.
Nach fünf Stunden Arbeit legte Mark endlich die letzte Hieroglyphenreihe frei.
Seine eigene Konzentrationsfähigkeit hatte ebenso nachgelassen wie die seiner Gefährten. Der Schrecken des nächtlichen Insektenüberfalls auf Jasmina steckte ihm noch in den Gliedern, und gleichzeitig ging ihm die Frau in Weiß nicht aus dem Sinn. Er hatte sich den größten Teil der Nacht auf dem Boden des Arbeitszeltes hin und her gewälzt, war immer wieder aus Alpträumen emporgeschreckt und hatte Ron neben sich ruhig atmen hören. Selbst jetzt, als er den Stein vom letzten Staub befreite, um seine rätselhafte Inschrift zu enthüllen, spürte Mark, wie ihn eine furchtbare Vorahnung beschlich.
Jasmina hatte in der Frühe darauf bestanden, mit zur Ausgrabungsstätte zu fahren. Sie saß jetzt über ihm und schrieb mit verbundenen Fingern das Ausgrabungsprotokoll. Ihr Gesicht, das bei Tageslicht ganz verschwollen gewesen war, fing an, besser auszusehen. Alles, was von dem nächtlichen Unglück übriggeblieben war, waren ein paar Kratzer und Stiche. Ron hockte mit angezogenen Knien neben ihr und machte ein düsteres, besorgtes Gesicht. Er beobachtete eine Eidechse, die im Sand nach Skorpionen grub, doch in Gedanken beschäftigten ihn seine erfolglosen Versuche, auch nur ein einziges Foto von der Stele zu machen.
Alexis Halstead saß abseits von den anderen im Sand. Ein seltsamer Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Sie hielt den Kopf schief, als lausche sie auf ein Flüstern im Wind.
Ihr Mann, der in einiger Entfernung von ihr saß, schien an diesem
Morgen völlig verändert zu sein. Er hatte wieder den Alptraum gehabt: Ein riesenhafter Mann aus Gold hatte am Fußende seines Bettes gestanden und mit funkelnden Augen auf ihn herabgestarrt, während von allen Seiten gleichzeitig eine Stimme ertönte, die immer dieselben Worte wiederholte: »Na-khempur, na-khempur …«
Hasim al-Scheichly war der einzige, der Marks Arbeit mit wirklichem Interesse verfolgte. Mit jeder Hieroglyphe, die von Schmutz befreit wurde, verdrängte er ein wenig mehr die Erinnerung an seinen eigenen, immer
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