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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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der Araber, der das geheime Serdab geöffnet hatte. Insgesamt neun, von denen einer mit Sicherheit von der Hand der Königin den Tod gefunden hatte! Und dazu kamen die grausamen Angriffe auf Mr. Trelawny in dessen eigenem Zimmer, bei denen sie mit Hilfe ihres Schutzgeistes versucht hatte, den Safe zu öffnen und den Edelstein-Talisman zu entfernen. Seine Eigenart, den Schlüssel mittels eines Stahlbandes am Handgelenk zu befestigen, hatte ihm beinahe das Leben gekostet, wenn sich diese Methode letzten Endes doch als erfolgreich erwies.
    Die Königin, die eine Wiederauferstehung unter den von ihr festgesetzten Bedingungen anstrebte, war praktisch durch Blut gewatet, um all dies zu erreichen. Was war von ihr zu erwarten, wenn sie fürchtete, man könne ihre Pläne durchkreuzen? Welchen schrecklichen Schritt würde sie tun, damit sie ihre Wünsche durchsetzte? Und wie sahen ihre Wünsche aus? Was strebte sie eigentlich an? Bislang hatten wir nur Margarets lebendige Beschreibung dieser Wünsche, die der Begeisterung ihrer hochgespannten Seele entsprang. In den schriftlichen Aufzeichnungen der Königin war keine Rede von der Suche nach Liebe und von gefundener Liebe. Wir wußten als einziges, daß sie ihre Auferstehung plante und daß in ihren Plänen der Norden, für den sie eine besondere Vorliebe hegte, eine wichtige Rolle spielte. Und es war klar, daß diese Auferstehung in der einsamen Gruft im Tal des Magiers stattfinden sollte. Dafür hatte sie sorgfältige Vorbereitungen getroffen, und auch dafür, daß sie die Gruft in ihrer neuen, lebendigen Gestalt verlassen konnte. Der Sarkophag hatte keinen Deckel. Die Ölkrüge ließen sich, obwohl hermetisch versiegelt, leicht mit der Hand öffnen. Und ihr Inhalt war so reichlich, daß der in dieser langen Zeitspanne eintretende Schwund nichts ausmachte. Sogar Feuerstein und Stahl waren zum Entfachen einer Flamme vorhanden.
    Die eigentliche Mumienkammer war entgegen der herrschenden Gepflogenheit nicht zugeschüttet worden. Und neben der Steintür in der Felswand war eine Kette aus unverwüstlichem Material angebracht, mit deren Hilfe sie sich sicher bis zum Talboden hinuntergelassen hätte. Aber wie ihre Absichten danach aussahen, wußten wir nicht. Wollte sie am Ende gar ihr neues Leben als einfache Sterbliche führen! Diese Vorstellung hatte etwas so Hochherziges an sich, daß ich plötzlich Sympathie für sie empfand und ihr Erfolg wünschte.
    Dieser Gedanke allein genügte, um Margaretes Beitrag zu diesem Ziel meine Billigung zu sichern und mein aufgewühltes Gemüt zu beruhigen.
    Beherrscht von diesem Gefühl beschloß ich, Margaret und ihren Vater vor eventuellen, schrecklichen Möglichkeiten zu warnen und, mich mit meiner Unwissenheit zufriedengebend, die Entwicklung von Dingen abzuwarten, auf die ich ohnehin keinen Einfluß hatte.
    Ich trat in veränderter Stimmung den Rückweg zum Haus an und war entzückt, als ich sah, daß Margaret – die Margaret von früher – mich bereits erwartete.
    Nach dem Dinner, als ich eine Weile mit Vater und Tochter ungestört war, brachte ich das Thema, wenn auch mit einigem Widerstreben, zur Sprache:
    »Wäre es nicht angebracht, daß wir alle nur möglichen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen für den Fall, die Königin würde sich mit unserem Vorgehen nicht einverstanden zeigen, und es würde sich während des Experimentes oder nachher etwas Unvorhergesehenes ereignen?«
    Margarets Antwort kam so rasch, daß ich überzeugt war, sie müßte sie parat gehabt haben:
    »Aber sie ist einverstanden! Anders ist es gar nicht möglich! Vater setzt seinen ganzen Verstand, seine Energie und seinen Mut ein, um genau das zu tun, was die Königin anstrebt!«
    »Das ist wohl kaum möglich«, gab ich zu bedenken. »Sie traf ihre Vorbereitungen in einer hochgelegenen Felsengruft, in völliger Abgeschiedenheit. Diese Einsamkeit muß ihr als bester Schutz gegen unvorhergesehene Ereignisse erschienen sein. Hier, in einem fremden Land, in einem anderen Zeitalter, unter ganz anderen Bedingungen, wird sie in ihrer Verwirrung vielleicht Fehler begehen und Ihnen – uns allen antun, was sie jenen anderen in alter Zeit angetan. Unseres Wissens fanden neun Menschen direkt oder indirekt durch sie den Tod. Sie kann erbarmungslos sein.«
    Erst im nachhinein fiel mir auf, wie sehr ich bereits als Tatsache ansah, daß Königin Tera lebte und ein Bewußtsein hatte. Meine Befürchtung, Mr. Trelawny könnte sich gekränkt zeigen, erwies sich als unbegründet. Lächelnd

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