Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
Vom Netzwerk:
glühte nach wie vor und strömte nun einen schwachen grünlichen Rauch aus. Ich konnte den Geruch des Rauches zunächst nicht genau feststellen, weil ich ja das Atemgerät anhatte, doch merkte ich, daß es ein beizender Geruch war. Der Rauch wurde immer dicker und quoll in immer gewaltigeren Schwaden hervor, bis sich schließlich der ganze Raum verdunkelte. Ich verspürte das Verlangen, zu Margaret zu laufen, die ich durch die Rauchschwaden noch immer sehen konnte, wie sie aufrecht hinter der Liege stand. Doch eben, als ich hinsah, sank Dr. Winchester in sich zusammen. Bewußtlos allerdings war er nicht, da er mit der Hand heftig winkte, als wolle er allen ein Zeichen geben, niemand solle sich ihm nähern. Nun wurden die Gestalten von Mr. Trelawny und Mr. Corbeck undeutlich, bis ich schließlich von ihnen nichts mehr sehen konnte. Der Behälter fuhr fort zu glühen, die Lampen aber brannten schwächer. Erst dachte ich, ihr Schein wäre durch den dichten schwarzen Qualm gedämpft, doch dann merkte ich, daß sie, eine nach der anderen herunterbrannten. Sie mußten den Brennstoff wohl sehr rasch verbraucht haben, da sie so helle und kräftige Flammen produzierten.
    Ich wartete ab, jeden Augenblick gewärtig, den Befehl zu hören, ich solle das elektrische Licht einschalten. Aber dieser Befehl wollte nicht kommen. Ich wartete weiter, während aus der glühenden Truhe schwarze Schwaden quollen, und die Leuchten im Verlöschen begriffen waren.
    Schließlich brannte nur mehr ein einziges Licht, und dieses war schwach blau und geriet schon ins Flackern. Die einzige wirksame Lichtquelle stellte nun der leuchtende Behälter dar. Ich hielt den Blick unverwandt auf Margaret gerichtet, denn sie war es, der nun meine Sorge galt. Ich konnte hinter der auf der Liege liegenden, noch immer weiß verhüllten Gestalt Margarets Kleid gerade noch ausnehmen. Silvios klägliches Miauen zeigte an, daß ihm höchst unbehaglich zumute war. Ansonsten war kein Laut zu hören. Immer dichter wurde der schwarze Rauch, dessen beißender Geruch mir in die Nase stieg und die Tränen in die Augen trieb. Mit der Zeit aber schien mir, daß der Rauch weniger wurde und vor allem nicht mehr so dicht war. Dort, wo die Liege stand, sah ich, daß sich etwas bewegte. Ich konnte mehrere Bewegungen ausmachen. Da war ein weißes Aufschimmern im dichten Qualm. Leider ließ nun das Leuchten des Behälters rasch nach. Silvio war noch immer zu hören, nun aber kam sein Miauen ganz aus der Nähe. Gleich darauf spürte ich, wie er sich ängstlich an meine Beine schmiegte.
    Und dann war auch das letzte Fünkchen Licht verloschen. Durch die wahrhaft ägyptische Finsternis konnte ich den schmalen weißen Rand um die Jalousien ausmachen. Meinem Gefühl nach war nun die Periode des Stillschweigens vorüber. Meine Atemmaske vom Gesicht reißend, rief ich aus:
    »Soll ich Licht machen!« Keine Antwort. Ehe mich der Qualm würgen konnte, rief ich wieder, diesmal lauter:
    »Mr. Trelawny, soll ich Licht machen?«
    Er gab keine Antwort, doch Margarets Stimme ließ sich hören, lieblich und klar wie ein Glöckchen:
    »Ja, Malcolm!«
    Ich betätigte den Schalter, und die Lampen flammten auf. Doch waren diese Lichter nur kleine schwache Pünktchen inmitten dieser dunklen Schwaden. Die Atmosphäre war derart rauchgeschwängert, daß sich das Licht nicht durchsetzen konnte. Ich lief hin zu Margaret, indem ich mich an ihrem weißen Kleid orientierte, faßte nach ihr und hielt ihre Hand fest. Sie spürte meine Angst und sagte sofort:
    »Mir fehlt nichts.«
    »Gottlob!« stieß ich hervor. »Und wie steht es mit den anderen? Rasch, wir wollen die Fenster aufmachen, damit dieser Qualm hinaus kann!«
    Ihre Antwort kam im schläfrigen Ton, was mich wunderte:
    »Ach, die werden sich rasch erholen. Es ist ihnen nichts passiert.«
    Wie sie zu dieser Meinung gelangte, das fragte ich sie vorerst nicht. Ich öffnete statt dessen Fenster und Türen weit.
    Nach wenigen Sekunden schon war eine merkliche Veränderung zu spüren, da der dichte schwarze Qualm sich ins Freie wälzte. Damit gewannen auch die Lichter an Kraft, und ich konnte endlich alles klar sehen. Die anderen waren zusammengebrochen. Dr. Winchester lag neben der Couch auf dem Rücken. Und hinter dem Sarkophag lagen Mr. Trelawny und Mr. Corbeck. Wie erleichtert war ich, als ich merkte, daß bei allen dreien trotz der Bewußtlosigkeit die Brust sich deutlich sichtbar hob und senkte. Sie machten den Eindruck, als befänden sie sich in

Weitere Kostenlose Bücher