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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Bett, im hellen Tageslicht müde blinzelnd, die Wirkung der schlaflosen Nacht in allen Knochen spürend.
    Ich schlief tief und fest. Nach dem Lunch hatte ich zu mir nach Hause in die Jermyn Street gehen wollen und stand eben im Begriff dorthin aufzubrechen, als mir in der Haustür ein hartnäckig Einlaß Begehrender auffiel. Der Diener, der die Tür öffnete, hieß Morris, und war früher »Aushilfsmann« gewesen. Seit dem Auszug der Dienstboten war er vorübergehend zum Butler erhoben worden. Der Fremde befleißigte sich einer ziemlich lautstarken Redeweise, so daß ich ohne Schwierigkeiten verstand, was ihn bekümmerte.
    Der Diener verriet in Worten und Haltung Respekt, hatte sich jedoch so breit vor die große Doppeltür gestellt, daß der andere am Eintreten gehindert war. Die ersten Worte, die ich von dem Besucher mitbekam, erklärten die Situation hinlänglich:
    »Das mag ja alles gut und schön sein, aber ich sage doch, daß ich Mr. Trelawny sprechen muß! Was nützt es mir, wenn Ihr sagt, es ginge nicht, wenn ich dagegen sage, ich muß! Ihr tut nichts anderes, als mich vertrösten! Ich war schon um neun da. Da hieß es, er wäre noch nicht aufgestanden und dürfe nicht gestört werden, da er nicht wohlauf wäre. Dann kam ich um zwölf. Und wieder hieß es, er wäre noch zu Bett. Da verlangte ich ein Mitglied seines Hauses zu sprechen. Miß Trelawny wäre auch noch nicht aufgestanden, hieß es als nächstes. Und jetzt ist es drei, und ich bin wieder zur Stelle. Jetzt soll er noch immer zu Bett, noch immer nicht wach sein. Wo ist Miß Trelawny?«
    »Sie ist beschäftigt und darf nicht gestört werden!«
    »Sie muß gestört werden! Oder jemand anders muß gestört werden. Ich bin in einer besonderen Angelegenheit hier, die Mr. Trelawny betrifft. Und ich komme von da, wo Bediente immer mit einem »Nein« beginnen. Aber mit einem »Nein« gebe ich mich diesmal nicht zufrieden! Das habe ich drei Jahre lang mitgemacht, habe vor Türen und Zelten gewartet und länger gebraucht hineinzukommen als in die Gräber. Und dann waren die Männer drinnen so, daß man sie für Mumien hätte halten können. Mir reicht’s jetzt, laßt Euch das gesagt sein! Und kaum komme ich nach Hause, muß ich die Tür des Mannes, für den ich arbeitete, versperrt finden, auf dieselbe Weise und mit denselben alten Antworten. Nein, damit lasse ich mich nicht abspeisen. Hat Mr. Trelawny Auftrag gegeben, er wolle mich nicht empfangen, wenn ich käme?«
    Er hielt inne, um sich erregt die Stirn zu wischen. Der Bediente antwortete höchst respektvoll:
    »Es tut mir sehr leid, Sir, wenn ich Sie gekränkt habe, nur weil ich meine Pflicht tue. Aber ich habe meine Anweisungen und muß Ihnen nachkommen. Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen möchten, werde ich sie gern Miß Trelawny übergeben. Und wenn Sie Ihre Adresse hinterlassen, kann sie sich mit Ihnen in Verbindung setzen, falls sie es wünscht.« Die Antwort war so, daß man in dem Sprecher einen gutherzigen und gerechten Mann erkannte.
    »Mein Guter, ich habe an Ihnen persönlich nichts auszusetzen und bedaure es sehr, sollte ich Ihre Gefühle verletzt haben. Ich darf nicht ungerecht sein, auch nicht im Zorn. Aber wenn man sich in einer Lage befindet wie ich, dann ist das genug Grund zum Zorn. Die Zeit drängt. Wir dürfen keine einzige Stunde – ja, nicht eine einzige Minute verlieren. Und da bin ich nun und trete mir sechs Stunden lang die Hacken ab, wohl wissend, daß Euer Herr noch hundertmal wütender sein wird als ich, wenn er erfährt, wie die Zeit vergeudet wurde. Er ließe sich eher aus tausendfachem Schlaf wecken, als mich jetzt nicht zu empfangen – ehe es zu spät ist. Mein Gott, einfach schrecklich ist das, nach allem, was ich durchmachen mußte. Mein ganzes Werk zunichte gemacht und zu guter Letzt von einem dummen Lakaien am Eintreten gehindert! Ist denn kein vernünftiger Mensch im ganzen Haus zu finden, oder wenigstens einer mit Autorität, wenn schon nicht mit Vernunft? Ich könnte ihn sehr rasch davon überzeugen, daß Euer Herr geweckt werden muß, selbst wenn er schläft wie die Siebenschläfer…«
    An der Aufrichtigkeit des Mannes, an der Dringlichkeit und Bedeutung seiner Angelegenheit bestand kein Zweifel, zumindest nicht von seinem Standpunkt aus. ich trat nun vor.
    »Morris«, sagte ich, »melden Sie Miß Trelawny, daß dieser Herr Sie dringend zu sprechen wünscht. Sollte sie beschäftigt sein, dann soll Mrs. Grant es ihr ausrichten.«
    »Sehr wohl, Sir!« gab er

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