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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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daran, wo und wie sie mich berührte. Euch wäre es vermutlich nicht anders ergangen.«
    »Du unverschämter …« Von seinen Gefühlen überwältigt, stürmte Ludger auf Roswitha zu und holte aus, um ihr ins Gesicht zu schlagen. Sie wich nicht vor ihm zurück, taxierte ihn lediglich mit einem halb bekümmerten, halb abwesenden Blick, der Ludgers verbotenen Sehnsüchten neue Nahrung gab. Bebend ließ er die bereits geballte Faust sinken und stieß Roswitha von sich, nur um im nächsten Moment nach ihrer Hand zu greifen. Er fühlte sich wie ein Ertrinkender, der die rettende Holzplanke zwar erreicht hatte, nun jedoch feststellen mußte, daß er mit ihr auf einen gefährlichen Strudel zutrieb.
    »Ludger, was auch immer Ihr von mir halten mögt: Vergeßt nicht, daß wir beide dieselben Ziele haben!« Roswitha versuchte verzweifelt, sich aus dem harten Griff des jungen Mannes zu befreien. Er tat ihr weh, aber sonderbarerweise war sie davon überzeugt, daß er ein Recht darauf hatte, sie festzuhalten. Ein weitaus größeres Recht, als sie es Bernhard jemals zugestanden hatte.
    »Wir haben weiß Gott nicht dieselben Ziele«, zischte Ludger sarkastisch. »Ihr könnt Euch freuen, Bürschchen, denn Euer Plan, mich auszuschalten, war erfolgreich. Thaddäus von Hildesheim hat mich davongejagt wie einen räudigen Hund. Folglich habe ich keinen Auftrag mehr. Ich bin vogelfrei und kann fliegen, wohin auch immer ich will.« Er ließ ihr Handgelenk so abrupt los, als müßte er befürchten, sich an ihm zu verbrennen.
    Roswitha blickte schweigend auf die geröteten Abdrücke, die seine Finger auf ihrer Haut hinterlassen hatten. In ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft. Ludger von Repgow stellte keine Gefahr mehr für sie und Bernhards Pläne dar. Dies war gut, aber auf der anderen Seite konnte sie auch nicht länger verleugnen, daß sie sich in den jungen Ritter verliebt hatte.
    Eine schöne Bescherung, überlegte sie verunsichert. Und was nun: Bernhard oder Ludger? Eine warme Kemenate auf Burg Aken oder der Staub der Landstraßen? Nein, sie konnte sich nicht entscheiden. Nicht in diesem Augenblick. Und doch gab es eine Sache, die sie tun konnte.
    Ludger mochte ihr Widerstreben gespürt haben, aber mit dem, was nun geschah, hatte er nicht gerechnet. Stirnrunzelnd verfolgte er, wie Konrad von Rietzmeck langsam die Filzkappe vom Kopf nahm und mit beiden Händen zierliche bronzene Nadeln aus dem straff nach hinten gekämmten Haar zog.
    »Was zum Teufel führst du nun schon wieder im Schilde? Willst du mich von neuem verspotten?«
    »Ich möchte nur, daß du mir verzeihst, Ludger von Repgow«, antwortete Roswitha gedehnt. Sie warf den Kopf vor und zurück, bis ihr langes blondes Haar in gleichmäßigen Wellen über ihre Schultern rauschte. Danach erst öffnete sie das Band ihres Surkots.
    »Und ich möchte, daß du meinen wahren Namen erfährst. Ich heiße Roswitha von Eichholz. Meinem Gemahl gehörteeinst ein kleines Gut bei Dessau, das nach seinem Tod an Bernhard von Aken fiel.«
    Einen Herzschlag lang glaubte Ludger, der Boden würde ihm unter den Füßen weggerissen. Vor ihm stand ein Mädchen, genauer gesagt, eine wunderschöne junge Frau. Aufgewühlt und erleichtert zugleich, fuhr Ludger mit den Fingerknöcheln über seine stoppeligen Wangen und bemühte sich dabei, nicht an einen verrückten Traum zu glauben. Wie blind war er doch all die Wochen und Monate gewesen, dieses zarte Geschöpf für einen Mann zu halten. Nun konnte er sich auch die sonderbare Anziehungskraft erklären, die der vermeintliche Knabe Konrad auf ihn ausgeübt hatte. Scharf sog er die Luft der stickigen Kammer ein. Das Mädchen war raffiniert, soviel stand fest. Sie verfügte über den Mut und die Tatkraft eines Edelmannes; ohne sich eine Blöße zu geben, hatte sie ihre Rolle gespielt – bis zuletzt. Als Ludger einfiel, daß er Roswitha bei Nienburg ja schon einmal in Frauenkleidern gesehen, und dennoch nichts bemerkt hatte, stieg ein rauhes Gelächter in seiner Kehle hoch, das er erst bezwingen konnte, als er ihren flehentlichen Blick auf sich gerichtet fand.
    »Darf ich dir erzählen, wie alles begonnen hat?« fragte Roswitha leise. »Ich meine, später, sobald wir die Schenke hinter uns gelassen haben?«
    Ludger zögerte kurz, dann aber nickte er befreit. Diese Geschichte durfte er um keinen Preis der Welt versäumen.

18. Kapitel
    Kloster Nienburg, Juni 1223
    E s war nicht länger auszuhalten. Bernhard griff mit einer Hand unter die Mönchskutte und kratzte

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