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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Verwandte, die dich stärken. Du bist zum Dieb geworden, ich zum Dichter. Tun wir es nicht beide aus Verzweiflung: dichten, stehlen? Wie konnte ich dir mißtrauen! Du leidest ja wie ich.« Der Lappen wischte ihr über die Wangen, befeuchtete den Haaransatz. »Die Angst hat mich undankbar gemacht. Ich war blind dafür, daß du mir das Leben gerettet hast. Kannst du dir vorstellen: Ich habe dich für einen Spitzel gehalten. Für einen Spitzel! Vergib mir, Konrad.«
    Es wurde still. Etwas Heißes tropfte auf ihr Gesicht herunter.
    Sie war schon einmal so gefallen, damals, in Rietzmeck. Und nun wiederholte es sich. Im Kopf fuhrwerkte ein glühender Schürhaken. Sie spürte ihren Körper wie den Körper einer Fremden. Die Beine gehorchten nicht, jemand hatte die Arme am Boden festgenagelt.
    »Ich kenne einen Rotzlümmel, Henner. Ein Bube, der sich prügelt, einer, der das Korn gern auf schwächeren Rücken drischt. Habe ich nicht gehandelt wie er? Daß meine Faust zu so etwas in der Lage ist! Ich schäme mich, Konrad.«
    »Findest du nicht, daß die Welt ungerecht ist?« murmelte sie. »Zweimal bin ich gestürzt.«
    »Hörst du mich?«
    Sie schlug die Augen auf.
    Sofort wich Ludger zurück und streckte den Rücken. Zaghaft fragte er: »Es geht Euch wieder besser?« Er legte den Lappen in eine Schüssel.
    Was war geschehen? Sie war hinübergeschlichen, hatte nach dem Päckchen gesucht. Dort, die Laute; sie hatte in den Hohlraum gespäht, um zu prüfen, ob er das Bündel des Fremden darin versteckt hatte, und hatte dabei versehentlich die Saiten gestreift. Nun wußte sie immer noch nicht, was es war, das der Bauer dem Boten gestohlen hatte. Der Drachensamen konntees nicht sein; das Bündel enthielt einen starren Gegenstand und kein Pulver, soviel hatte sie gesehen.
    Die Repgows waren gute Freunde des Grafen. Hatte der Graf Ludger ausgesandt, um Bernhard das Zauberpulver abzujagen? Vorsichtig richtete sie sich auf. Der Schürhaken kratzte den Schädel entlang. Sie stöhnte.
    »Lehnt Euch dort an die Wand. Wartet, ich stopfe ein wenig Stroh in Euren Nacken. Geht es so?«
    »Glaube schon.« Richtig. Die alte Finte, die sie im Kräftemessen mit ihren Brüdern angewandt hatte, war fehlgeschlagen. Sie hatte sich schwach gestellt, hatte zum Schein aufgegeben und dann angegriffen, aber Ludger hatte sich zu schnell von der Überraschung erholt.
    »Hört zu, ich habe nachgedacht. Möchtet Ihr nicht mit mir kommen? Es ist nicht gut, daß Ihr stehlt. Irgendwann erwischt man Euch, und Ihr endet am Strang. Reist mit mir. Sicher kann ich Eure Hilfe gebrauchen.«
    »Nienburg?«
    »Die Geschichte des Bauern reizt mich. Ich will den Fremden treffen, der Cathay bereist hat. Begleitet Ihr mich?«
    »Was ist mit dem Zupan?«
    »Wenn Ihr meint, daß er uns nützt, dann werden wir ihn besuchen.«
    Wie kam es, daß er ihr plötzlich vertraute? Hielt er sie nun tatsächlich für einen einfachen Dieb? Nicht das Stehlen war es gewesen, das ihn erzürnt hatte – die Furcht war es, sie könnte ihm ein Geheimnis entreißen. Er mußte hinter dem Zauberpulver her sein. Wußte er mehr als sie? Wenn sie mit ihm ging, würde sie ihn überwachen können. Am Ziel galt es, schneller zu sein.
    Bis Kleinzerbst ritten sie im Morgennebel. Der Kirchturm glich dort einem Riesen, der sich ausschauhaltend über dasweiße Meer emporstreckte. Hähne krähten. Auf halbem Weg nach Trebgow schließlich lichteten sich die Dämpfe, und die Sonne blinzelte in die Wiesen herab. Es duftete nach süßem Frühlingsgras. Lämmer sprangen auf den Weiden, machten ganze Sätze mit allen vieren, trotteten ein Stück und katapultierten sich erneut in die Luft.
    Über die Felder schritten Männer und Frauen, säten Rüben, immer auf den linken Fuß, eine Armbewegung gen Himmel, als grüßten sie die Vorbeireitenden. Längst hatte die Sonne den Zenit überschritten, als sie Wulfen passierten; immer noch schwieg Ludger, schwieg Roswitha. Kühle Wälder wechselten sich ab mit Weiden, auf denen Hirten ihre Herden überwachten.
    In Drogonize machten sie am Brunnen Rast. Ludger kurbelte einen Eimer Wasser herauf, schöpfte mit der hohlen Hand und schlürfte. Als sich auch Roswitha satt getrunken hatte, schütteten sie das Wasser in die Tränke und ließen ihre Pferde saufen.
    Ludger tauchte die Finger ein und befeuchtete sich die Beule auf der Stirn. »Welchen Grund gab es eigentlich, daß Ihr derart stürmisch in das Haus des Bauern hereinplatzen mußtet? Ihr habt die Tür mit unnötiger

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