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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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die nur noch ihr Hemd trug. »Aber ich verrate Euch nicht. Das ist mein Handel.«
    Sie war also nicht schwachsinnig, ganz im Gegenteil. Roswitha nickte. Sie lächelte dem Mädchen zu und trat dann durch eine Hintertür ins Freie. In weitem Bogen umrundete sie das Haus und konnte mit Genugtuung feststellen, daß Ludger über sie hinwegspähte, als sie sich ihm wenig später über die Felder wieder näherte.
    »Eine milde Gabe, schöner junger Herr?« krächzte sie.
    Verblüfft starrte Ludger auf sie herab.
    »Gelungen?«
    »Das ist … das ist das dreckigste Stück Lumpen, das ich seit langem gesehen habe. Hütet Euch, mir mit dieser Läusekirchweih nahe zu kommen.«
    »Ein böses Wort, Herr Klosterschüler, denn in den Augen des Herrn ist jedes Schäfchen von Wert. Gehe ich als Frau durch?«
    »Blödsinn. Man sieht auf den ersten Blick, daß man einen Kerl vor sich hat. Das einzig Zarte an Euch sind … sind Eure Füße.«
    Roswitha hatte Schnürschuhe und Beinlinge ausgezogen. Kein armes Weib würde, wenn es überhaupt Schuhe besaß, sie dadurch abnutzen, daß sie sie im schönsten Frühling trug. Sie beschmierte die nackte Haut rasch mit dem Straßenstaub. Ludger schaute sie seltsam an. Ihm nur jetzt keine Zeit zum Nachdenken geben, dachte sie, plötzlich beunruhigt.
    »Ich beeile mich. Mit ein bißchen Glück bin ich noch vor dem Abend zurück.«
    Mauern sollten Schutz verheißen. Aber wenn man mit bösen Plänen kam und wußte, daß man sich mit Lügen durchwinden mußte, dann wirkten sie so einladend wie die Wände eines Kerkers.
    Roswitha schritt forscher, als ihr zumute war, auf den Tortunnel zu – den aus Verteidigungsgründen einzigen und reichlichengen Zugang zum Klostergelände. Unter dem Gewölbe war es dunkel.
    »Und dein Begehr?«
    Sie schrak zusammen, als sie plötzlich angesprochen wurde. Das kleine Fensterchen in der Mauer, hinter dem der Bruder Torwächter saß, hatte sie gar nicht bemerkt. Es war nicht schwierig, ihrer Stimme das demütige Zittern zu verleihen, das von einer Bettlerin erwartet wurde.
    »Unterkunft, Herr. Mein Fuß … bitte, ich hab ihn mir vertreten und humple und kann nicht weiter. Wenn ich eine Nacht …«
    »Wir sind, bei aller Barmherzigkeit, kaum in der Lage, das Gesindel der ganzen Villication durchzufüttern.«
    Wie dumm, daß sie sich keine bessere Ausrede hatte einfallen lassen. Roswitha trat zu dem Durchbruch in der Mauer. Der Mönch, der ihr fingernagelkauend aus seiner Zelle entgegenstarrte, war jung. Er wollte sie schroff anfahren, das merkte sie, aber dann zögerte er. Weil er gesehen hatte, daß unter dem schmutzigen Schleier ein hübsches Gesicht steckte? Mit einer kleinen Bewegung des Kopfes sorgte Roswitha dafür, daß das häßliche Leinentuch zu Boden rutschte.
    »Verzeiht, Herr.« Sie beugte sich vor. Das Kleid, das sie getauscht hatte, war ihr zu groß, und die Hure des Herrn Bernhard von Aken wußte, wie man Einblick in einen Ausschnitt gewährte. Ihr war seltsam kühl zumute, als sie sich aufrichtete und das neue Interesse des Bruders Pförtner zur Kenntnis nahm. »Es wäre nur für eine Nacht. Und ich bräuchte ja nicht viel. Ein Lager im Stroh, vielleicht einen Happen zu essen …«
    »Ein Lager im Stroh«, echote der Mönch. Sein Lächeln war so schmierig, daß eine Heilige es nicht hätte mißverstehen können.
    »Wenn Ihr so gütig seid.«
    »Ich bin so gütig.« Er starrte immer noch auf ihren Ausschnitt. Und fahr zur Hölle, dachte Roswitha. Sie lächelte bei diesem Wunsch, zumindest das hatte sie bei Bernhard gelernt. Lächeln, wenn man fluchen wollte. Mit einem aufreizenden Hüftschwung verließ sie den Tunnel und trat in das Licht des Hofes.
    Das Kloster Nienburg mußte reich sein. Die Viehställe rings an der Mauer waren solider gebaut als die meisten Häuser drüben in Grimschleben. Gleich zwei Kirchen gehörten zum Anwesen, eine davon eine dreischiffige Basilika mit wuchtigen Mauern und einem Dach aus gebrannten Ziegeln. Eine Schule mußte es auch geben, denn von irgendwoher erklang der scheußliche Gesang von Jungenstimmen im Stimmbruch. Sie sah ein knappes Dutzend Knechte, die auf Gemüse- und Kräuterbeeten den Boden umgruben oder Unkraut zogen.
    »Aus dem Weg, beim heiligen Ludwig!«
    Roswitha trat hastig beiseite, um einem Mann mit einem Sack, aus dem es nach Fisch stank, Platz zu machen.
    »Dort drüben ist das Gästehaus.« Der Mann, offenbar ein Laienbruder, wies mit dem Kopf zu einem kleinen einstöckigen Gebäude nicht weit vom Tor,

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