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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Brunnens.
    Als Roswitha aus ihrer Bewußtlosigkeit erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Für Roswitha allerdings war das einerlei. Der Boden des Brunnens war dunkel, der Kreis von Hellblau über ihr klein und fern. Nicht so fern, wie sie in der Nacht gedacht hatte, als sie glaubte, tief in den Schoß der Erde zu reisen. Aber fern genug, um jede Hoffnung zunichte zu machen.
    Sie hob die Hand. Gleich darauf stöhnte sie vor Schmerz. Ihre Schulter mußte verletzt sein. Sie ließ den Arm sinken und beschränkte sich darauf, mit der anderen Hand zu ertasten, ob irgend etwas gebrochen war. Dem schien nicht so zu sein; der schlammige, weiche Boden hatte ihren Sturz gedämpft.
    Ich habe Glück gehabt, überlegte sie, um gleich daraufhöhnisch zu denken: Was bedeutet Glück, wenn man in einem Loch festsitzt, aus dem es kein Entrinnen gibt? Ein Glück wäre es gewesen, wenn sie sich gleich beim Aufprall auf dem Grund den Hals gebrochen hätte!
    Dieser Schweinehund! Er hatte sie einfach fallen lassen. Roswitha schlug sich mit der Faust auf die Knie und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie strömten reichlich, erst aus Wut, dann aus Verzweiflung. Hier saß sie nun, heruntergekommen im wahrsten Sinne des Wortes, bis auf den tiefsten Grund dieses elenden Lebens. Was war sie einst gewesen? Eines Ritters Weib; es schien ihr so lange her. Dann war sie eine Hure geworden, dann eine Spionin, schließlich ein Bettelweib in stinkenden Lumpen. Schritt für Schritt hatte sie sich jedes Schutzes, jeder Ehre, jeder Sicherheit entkleidet. Und nun saß sie hier, halbnackt, zerschunden, verletzt, allein und ohne eine Hoffnung.
    Wie eine Spinne in einer Blechwanne war sie, die krabbeln mochte, wie sie wollte, sie würde doch nicht mehr hinausgelangen. Konnte Gott so grausam sein, ihr dabei zuzusehen?
    Der letzte Abschaum war sie gewesen, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf, hatte alle verraten, die ihr Gutes erwiesen hatten. Das Mädel, das ihr geholfen und sie vor dem lüsternen Mönch beschützt hatte. Und ihn.
    Sie schloß die Augen und sah die Körper Ludgers und Ethlinds vor sich, die, geschunden und in Ketten, in den Kerkergewölben des Klosters hingen durch ihre Schuld. Sie sah Hagatheos böses Lächeln, wenn er den Befehl gab, den Grad der Befragung zu steigern. Es war mehr, als sie ertragen konnte. Ächzend öffnete Roswitha die Augen wieder. Da blickte sie auf ihre eigenen verschorften Knie. Der Lohn der bösen Tat. Gequält von ihrem Gewissen, warf sie heftig den Kopf herum.
    Die Sonne war über den Rand des Brunnens gestiegen und schien nun in die Tiefe. Roswitha sah die grauen, teils grün bewachsenenSteinwände. Ein Lichtfleck fiel warm auf ihren Fuß und gab ihr Hoffnung. Es mußte doch einen Weg hinaus geben!? Sie konnte den Himmel ja sehen. Sie konnte das warme Sonnenlicht förmlich greifen.
    Nur mühsam stand sie aufrecht, jede Bewegung tat ihr weh. Dennoch schleppte sie sich zur Mauer und erprobte ein paar Vorsprünge und Griffe. O Gott, sie würde helfen, wenn sie hier herauskäme. Wenn sie eine Möglichkeit fände. Sie würde Ludger … und auch Ethlind … alles … sie wollte nicht … nicht sterben. Mit einem Schmerzensschrei rutschte sie ab und stürzte zu Boden. Als Roswitha von Eichholz erneut aufsah, war die Sonne wieder verschwunden.
    Sie versuchte noch verschiedene Male, die Wand zu erklimmen, alle Bemühungen jedoch erwiesen sich als vergeblich. Als die Nacht kam, kauerte sie sich am Fuß der Wand zusammen und suchte im Sitzen zu schlafen, um sowenig Berührung wie möglich mit dem Grund zu haben, der hier und da feucht war und schleimige Dinge barg, die sich bewegten. Ihre Träume waren düster und unruhig.
    Als sie erwachte, war der Himmel noch blaß, und Durst plagte sie. Es war qualvoll, auf das Licht zu warten, das ihr den Boden genauer zeigen würde. Noch enttäuschender war, was es enthüllte. Feuchtigkeit war zwar da, Schlamm und schmierige Pflanzen, aber keine Pfütze, kein Wasser wollte sich zeigen. Roswitha grub, bis ihre Fingernägel abbrachen, dann schrie sie ihre Wut und Frustration hinaus. Sie hieb gegen den Boden, hieb gegen die Wände, schließlich blieb sie schluchzend liegen. Der Schlamm auf ihren Lippen war kühl, und sie schämte sich nicht, an ihm zu lecken.
    Am dritten Tag kaute sie die feuchten Pflanzen. Sie glaubte Fieber zu haben, doch wen interessierte das noch? Immer wieder döste sie ein. Dann sah sie Ludger vor sich, wie er zu Pferd auf sie zukam, die Laute in der Hand. Er ritt

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