Die sieben Weltwunder
Christentum Einzug in den Heiligen Hain hielt, verweltlichten die kultischen Kampfspiele. Bis die olympische Religion nicht mehr gefragt war. Der christliche Kaiser Theodosius I. verbot die Spiele im Jahr 393 n. Chr. als heidnischen Kult. Nachdem das Heiligtum aufgehoben worden war, musste auch der Zeus des Phidias ins Exil und wurde verschleppt. Im Jahr 426 n. Chr. wurde der Zeus-Tempel, einem Dekret von Kaiser Theodosius II. folgend, in Brand gesteckt. Was von der Zerstörung durch Menschen noch übriggeblieben war, stürzten zwei Erdbeben im 6. Jahrhundert zu Boden.
Endgültig besiegelte dann der wasserreiche Fluss Kladeos das Schicksal von Olympia. Eine Überschwemmung bedeckte alles, was von den einstigen Schätzen, Tempeln und Weihestätten noch übrig war, mit einer meterhohen Schicht aus angeschwemmtem Sand.
Nichts ist übriggeblieben auch von Zeus, der mächtigen Statue in Olympia. Nichts bis auf eine Kupfermünze und eine Gemme, die den Kopf im Profil zeigen. Das Schicksal der Statue ist umstritten. Vermutlich wurde sie wegen ihrer kostbaren Materialien schon um 350 n. Chr. geplündert. Andere Überlieferungen berichten, sie sei nach Konstantinopel geschafft worden, wo sie 475 n. Chr. einem Brand zum Opfer fiel.
Olympia war gleichsam vom Erdboden verschwunden. Sogar der Name des Ortes ging verloren. Den Griechen wurde ihre Vergangenheit gleichgültig. Sie hatten kein Interesse für ihr großartiges Erbe, konnten sich nicht vorstellen, dass irgend jemand für das bloße Anschauen von umgestürzten Säulen, für alte zertrümmerte Steine Geld ausgeben möchte. Die Vergangenheit war tot, die alten Götter und Helden waren vergessen.
D IE W IEDERENTDECKUNG O LYMPIAS
An den Überresten des Zeustempels – nur ein paar Stufen, das Tempelfundament und mächtige Säulenrollen – hat man Olympia vor fast 250 Jahren, 1766, um genau zu sein, wiedererkannt. Allein der Durchmesser dieser Rollen beträgt 2,30 Meter! Sie geben eine Vorstellung von der Größe, der Wucht dieses Heiligtums.
Der englische Archäologe Richard Chandler aus Oxford hatte sich viel Mühe gegeben, etwas über Olympia zu erfahren. Doch so viel er auch fragte und kreuz und quer suchte, er stieß nur auf Achselzucken. Als er enttäuscht abreisen wollte, hörte er, sozusagen in letzter Minute, von den Ruinen. Er ritt sofort los und stand an einem Sommerabend vor den Resten des Zeus-Tempels. Wie ein gestrandetes Schiff ragten sie aus den Geröll- und Sandschichten. Dies musste Olympia sein! Endlich konnten die Archäologen sich orientieren. Sie wußten nun, wo sie den Spaten ansetzen mussten.
Neben den Fundamenten und den riesigen Säulenrollen, die an Ort und Stelle lagen, haben die Archäologen vom Tempel noch Teile des Giebelschmucks geborgen. Man kann sich von diesen im Museum von Olympia aufgestellten Funden eine Vorstellung von der einstigen Pracht des Heiligtums machen.
Kupferstich von Johann Fischer von Erlach
V IERTES K APITEL
D ER A RTEMIS -T EMPEL VON E PHESOS
Vom hellenischen Festland ging der Blick der Griechen auf das tiefblaue, vom Sonnenlicht überflutete Meer, über die zauberische Inselwelt der Ägäis bis hin zur Westküste des geheimnisvollen, reichen Kleinasiens und verlockte sie früh zu Abenteuer und Fahrt.
Schon ein- oder zweitausend Jahre v. Chr. siedelten sie auf den Ägäischen Inseln, bestellten die Erde, ernteten Oliven und züchteten Vieh, wie sie es in ihrer Heimat gewohnt waren, und brachten die hellenische Religion und Kultur in ihre neue Welt. Sie drangen weiter bis nach Kleinasien vor, wo sie in den fruchtbaren Tälern und an den Mündungen der wichtigsten Flüsse – Granikos, Kaystros und Maiandros – Siedlungen bauten.
Im Inneren des Landes stießen sie auf befestigte Städte mit Palästen von Königen und Tempeln der weiblichen Gottheiten Asiens, die sie in ihr eigenes Denken und Leben einbezogen.
D AS V ORBILD DER G ROßEN M UTTER
An der Westküste Anatoliens, in der heutigen Türkei, war die Göttin der Fruchtbarkeit, die Große Mutter Kleinasiens zu Hause. Ihr baute die einheimische Bevölkerung Heiligtümer. Zahlreiche Bilder dieser Göttin wurden ausgegraben: Die Nährerin aller Geschöpfe, Herrin über Wälder und Berge, Zeugende und Empfangende in einem, trägt einen engen Rock, der mit Tiergestalten besetzt ist, eine hohe Kopfbedeckung, die eine entfernte Ähnlichkeit mit der späteren Tiara, der Krone des Papstes hat, und kostbaren Halsschmuck. Am erstaunlichsten aber ist ihr (wenn man es so
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