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Die sieben Weltwunder

Die sieben Weltwunder

Titel: Die sieben Weltwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Thiele
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sehen will) »Mieder«, ein Behang mit drei Reihen von je sieben eiförmigen Gebilden, welche die Phantasie mächtig herausgefordert haben. Diese merkwürdigen Anhänger wurden als symbolische Brüste gedeutet, mit denen die Göttin alle Geschöpfe der Natur nähre, als Ausdruck der Fruchtbarkeit.
    Die Plastiken der Fruchtbarkeitsgöttin lassen in der Tat zunächst an eine Vielzahl von Brüsten denken, obschon auffallen muss, dass sie physisch gesehen zu weit unten hängen, und auch dass die Brustwarzen fehlen. Nicht einzusehen, warum die Völker jener Zeit mit ihrer Naturreligion ausgerechnet dieses Detail vernachlässigt oder gar ein Tabu respektiert haben sollten. Wohl eher ist anzunehmen, dass die »vielbrüstige« Göttin in Wirklichkeit doch eine Art Umhang trägt, der mit großen Eiern behängt ist. Das Ei galt in der Symbolik vieler Völker als ein Sinnbild der Schöpfung, des Lebens, der Auferstehung.
    Die Amazonen dieser Göttin gründeten Städte und führten Kriege, bewaffnet mit Speer und Streitaxt, mit Schild, Bogen und Köcher. Sardes, in dessen Burg König Kroisos von Lydien die Schätze der Welt sammelte, wollte sich zum Herrn über die griechischen Städte Kleinasiens aufschwingen. Er zog auch gegen Ephesos, die griechische Hafenstadt, an der Ostküste der tiefblauen Ägäis und an der Mündung des fischreichen Flusses Kaystros gelegen, dessen fruchtbares Tal, die
Asia prata
, ganz Asien den Namen gab.
D IE G ÖTTIN A RTEMIS
    Die Griechen haben die fremdartige Fruchtbarkeitsgöttin übernommen und umbenannt. Sie machten die Große Mutter Kleinasiens zu der ihnen vertrauten Artemis – die höchst populäre Tochter des Zeus, die als Herrin der freien Natur mit ihren Gefährtinnen umherzog und durch die Wälder schweifte. Artemis, die Göttin der Jagd, beschützte nicht nur die in der Wildnis lebenden Tiere, auch die gebärenden Mütter und ihre Säuglinge. Die kleinasiatische »Artemis« war eben nicht – wie auf späteren Abbildungen zu sehen – eine charmante, leichtgeschürzte Jägerin mit Pfeil und Bogen, vielmehr eine geheimnisvolle Freundin der Natur, wild und nicht zu bändigen.
    Oft befand sich neben einem Artemis-Tempel, einer Weihestätte für die Augenweide, die nachtschwärmende, mit der Fackel die Berge lärmend und wild durchstürmende Göttin, begleitet von einem Schwarm Nymphen, auch ein Heiligtum für den ihr zur Seite stehenden Apollon, den unsterblichen Gott der Musik, der Maße und Zahlen, dessen Klarheit die Tiefe durchdrang. Apollon und Artemis waren Zwillingskinder des Zeus und der goldgelockten Titanin Leto, in dem heiligen Hain Ortyga bei Ephesos geboren.
    Der vielbesungenen Göttin wurden von Griechenland bis zum westlichen Kleinasien viele Tempel und Kultstätten errichtet. In Ephesos, der Stadt an der Westküste Kleinasiens, stand ihr größter und herrlichster Tempel, das Artemision, das mit dem Kultbild der Göttin seit der Antike zu den Sieben Weltwundern zählt.
F ESTE IN E PHESOS
    Ephesos lag in einer tiefen Meeresbucht an der Mündung des Flusses Kaystros. Es war eine fröhliche, reiche, mit Leben erfüllte, ja wollüstige Stadt, in der reichlich Wein getrunken und der Sinnenfreude gehuldigt wurde. Frauen und Männer trugen Kleider in Veilchen-, Purpur- und Safranfarbe, Umhänge im Hyazinthenblau der Ägypter oder aus persischen Stoffen, deren scharlachfarbenes Gewebe übersät war von Körnchen aus reinem Gold. Die Straßen waren gesäumt von Handwerkerbuden und Verkaufsständen: Hier wurde in aller Öffentlichkeit gelebt und geliebt, gearbeitet und gehandelt. Hier war immer etwas los, trafen sich Leute aus aller Welt: Händler aus Ägypten und dem Orient, Gaukler und elegante Reiter. Die Frauen wandelten mit farbenfrohen Fächern und goldfarbenen Schuhen auf dem blitzsauberen Marmorpflaster auf und ab, um zu sehen und gesehen zu werden.
    Die Stadt war für ihre Reinlichkeit und Hygiene bekannt. Die Straßen waren stets blank gescheuert, selbst am Hafen wurde auf Sauberkeit geachtet, zumal Frachten oft nicht an Ort und Stelle verarbeitet wurden, damit die Abfälle das schnell versandende Hafenbecken nicht völlig verstopften.
    Auch unter Kroisos ging es den Ephesern glänzend. Der König war keiner der gefürchteten, grausamen Tyrannen, die nur forderten und rafften und sich keinen Deut um das Wohlergehen der Bevölkerung scherten. Aus Faszination für die griechische Kultur und die griechischen Götter investierte er viel. Nicht ohne Grund war sein Reichtum

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