Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die sieben Weltwunder

Die sieben Weltwunder

Titel: Die sieben Weltwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Thiele
Vom Netzwerk:
begeistert von der Insel Besitz. Von nun an ruhte sein wachsames Auge vor allem auf Rhodos, das nun zu »seiner« Stadt geworden war. Jeden Morgen stieg er in seinem Wagen, der von vier feurigen Rossen gezogen wurde, im Osten über Kolchis auf, umkreiste die Himmelskuppel in regelmäßiger Fahrt, tauchte abends im fernen Westen in den Okeanos unter und fuhr nachts nach Osten zurück. Und immer zog er auch über Rhodos hinweg.
    Mit Rhode, einer Tochter des Okeanos aus dem Geschlecht der Najaden, feierte Helios auf der Insel bei den Quellen Vermählung. Es war diese scheue Nymphe, die der Insel ihren Namen gab. Sie gebar Helios sieben Söhne, und einer dieser sieben hatte wiederum drei Söhne: Ialysos, Kameiros und Lindos – sie begründeten Städte dieses Namens.
    Später erst erkannte man, dass an der nördlichsten Spitze der Insel der ideale Ort für eine Hafenstadt war: Sie wurde dem Schutz des Sonnengottes unterstellt. Unter dem Schutz des Helios wurden die Rhodier durch Handel und Schifffahrt reich. An die hundert Bildsäulen sollen ihm in Rhodos, das innerhalb von drei Generationen zur wohlhabenden, ja luxuriösen Stadt aufblühte, errichtet gewesen sein. Und die kolossalste Statue war der Koloss, der Helios darstellte.
R HODOS, DIE S TADT AM M EER
    Soweit der Gründungsmythos von Rhodos. Historisch gesehen, hatte Dorieus, der Sohn und Nachfolger von Diagoras – der politische Führer von Rhodos im 5. Jahrhundert v. Chr. und einer der größten hellenischen Athleten –, die Stadt am nordöstlichen Ende der Insel um einen neuen Hafen herum gegründet. Ihm gelang es, Macht und Reichtum der Insel gegen den Ansturm feindlicher Mächte zu verteidigen.
    Auf der höchsten Erhebung der Insel wurde Zeus ein Tempel errichtet, aber auch sein Sohn Apollon wurde geehrt. Die fünfundsiebzig Jahre nach der Gründung waren – bis zur Weltherrschaft Alexanders – jedoch durch die Kämpfe zwischen Athen und Sparta, die Schlachten zwischen Griechen und Persern und die Bürgerkriege zwischen den aristokratischen Familien und der Mehrheit des Volkes von Rhodos bestimmt. Als Rhodos unter makedonische Besatzung geriet, verlor es seine Unabhängigkeit, und erst nach Alexanders Tod im Jahr 323 v. Chr. wurde die Freiheit im Zeichen von Helios wiederhergestellt, gelang die Insel in den folgenden Jahren zu ihrer höchsten Macht.
    Der Hafen der Stadt wurde der wichtigste Umschlagplatz für Bauholz, Getreide, Teer, Hanf, Wollwaren und Sklaven. Die hellenische Welt – ein Werk des Feldherrn und Politikers Alexander – wurde zu einem einzigen, riesigen Markt, beherrscht von griechischen Kaufleuten, Philosophen, Architekten. Das Geld der großen Handelsmächte bestimmte die Preise, und Kredit- und Bankgeschäfte gewannen wachsenden Einfluss auf die Politik.
    Doch der Koloss wäre vermutlich nie entstanden, hätte es nicht die berühmt-berüchtigte Belagerung der Stadt gegeben, die Rhodos an den Rand der Katastrophe führte.
    Nach dem Tod Alexanders zerstritten sich seine Generäle und teilten die Macht und das Weltreich unter sich auf. Einer der fähigsten Feldherren Alexanders, Antigonos, riss den größten Teil des asiatischen Reiches an sich und beherrschte es von Phrygien aus. Doch Machtgier ließ ihn übermütig werden: Er wollte alles – auch die vorgelagerte Insel Rhodos, eine der größten Seemächte.
    Wachsender Wohlstand rief im Jahr 305 v. Chr. diesen kleinasiatischen Diadochen auf den Plan. Zunächst versuchte Antigonos die Rhodier zu überreden, mit ihm gemeinsam gegen den ägyptischen König Ptolemaios zu ziehen, seinen früheren Gefährten an der Seite Alexanders. Doch Rhodos wollte seine ausgezeichneten Handelsbeziehungen mit Alexandria nicht gefährden und lehnte ab. Es war mit der strikten, jahrhundertelang erprobten Neutralität gut gefahren und sah keinen Anlass, sich nun in fremde Streitigkeiten hineinziehen zu lassen.
    Der Widerstand, der Antigonos von diesen stolzen Kauf- und Seeleuten entgegenschlug, machte ihn blind gegen die mächtige Flotte der Rhodier und die exponierte Stellung, die ihnen der wohl am besten geschützte Hafen im Mittelmeer bot. Also schickte er seinen Sohn Demetrios vor, dem ein wenig schmeichelhafter Name gegeben worden war: Poliorketes, Städtezertrümmerer. Dieser weithin gefürchtete Eroberer hatte bereits Athen und Zypern geplündert. Und er verfügte über eine Spezialwaffe, eine Erfindung, die Angst und Schrecken verbreitete: von ihm selbst konstruierte Belagerungsmaschinen, die er auf

Weitere Kostenlose Bücher