Die siebte Gemeinde (German Edition)
unbarmherzig zu und füllte ihren gesamten Schädel aus. Es hämmerte ihr vom Nacken bis hinter die Augenhöhlen. Sie beugte sich stöhnend vornüber und hielt ihren Kopf mit beiden Händen fest. »Du liebe Güte. Das letzte Mal hab ich mich nach Ellens Geburtstag so dreckig gefühlt.«
Wie in Zeitlupe band sie sich ihr Haar zusammen und verließ, eine Hand an ihre Stirn gedrückt, das Schlafzimmer. Kaum hatte sie das Wohnzimmer betreten, stieg ihr der Duft von frisch gebrühtem Kaffee in die Nase. Elias stand in der offenen Küche, die von einer Holztheke vom Wohnzimmer abgeteilt wurde, und werkelte auf der Arbeitsfläche herum. Als er Emma bemerkte, drehte er sich freudestrahlend zu ihr. »Guten Morgen! Na, du bist ja auch schon wach.« Er deutete auf die brodelnde Kaffeemaschine. »Ich war so frei und habe mich an deiner Maschine bedient. Ich hoffe, du bist mir nicht böse.«
Emma ließ sich auf einen der Holzhocker vor der Küchentheke fallen. »Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Du bist für die Zukunft als morgendlicher Kaffeekocher engagiert. Vielleicht schaffe ich es dann eines Tages pünktlich an die Arbeit.« Sie stützte ihren Kopf auf einer Hand ab. »Hast du denn keine Kopfschmerzen? Ich habe das Gefühl, mir würde der Schädel platzen.«
»Von dem bisschen Rotwein? Nein, mir geht’s blendend.«
»Ich weiß ja auch nicht«, stöhne Emma. »Kann auch sein, dass die Schmerzen vom Stressabfall kommen. Sonntags habe ich oft Probleme - auch ohne Alkohol. Der Rotwein könnte das Fass zum Überlaufen gebracht haben.« Sie winkte mit der einen Hand ab, während die andere ihren Kopf stützte. »Was soll’s. Nach einer Tasse Kaffee und ’nem Stück Brot wird’s mir besser gehen.«
Nach einem ausgiebigen Frühstück und zwei Aspirin für Emma verließen sie gegen zehn Uhr das Haus Richtung Professor Heinrich. Elias packte die Matteo-Nachrichten in einen Umschlag und steckte sie zusammen mit den Textstellen, die er sich aus dem Evangelium herausgeschrieben hatte, in die Innentasche seines Mantels.
»Was glaubst du«, fragte Emma, als sie ins Auto steigen wollten, »wie wird es dem Professor gehen?«
»Och, ich glaube es geht ihm gut. Gustav ist ein harter Brocken. Schließlich muss er sich ständig mit Studenten herumschlagen.«
»Wahrscheinlich steckt auch eine Menge Eigennutz dahinter«, meinte Emma. »Womöglich erhofft er sich, etwas Ruhm und Ehre mit diesen Dokumenten zu erringen.«
»Na hör mal«, sagte Elias empört. »Wir haben wir es mit einem vermutlich 800 Jahre alten Dokument zu tun, das darüber hinaus noch von niemandem untersucht, geschweige denn übersetzt wurde. Da kannst du von einem Historikprofessor kaum Zurückhaltung erwarten.«
Emma hob entschuldigend ihre Hände. »Ich meinte ja nur. Ich glaube eben, ich würde anders reagieren, wenn mich jemand in meiner Wohnung überfallen hätte.«
»Wenn ich mich nicht irre, hast du in aller Seelenruhe ein Dokument aus einer Schublade gezogen, während ein Toter vor dir lag.«
Emma erstarrte, stierte aus dem Fenster und fletschte die Zähne. Sie wagte es nicht, Elias anzublicken. Sie war wütend. Doch wütend auf wen? Auf Elias? Nein, er hatte lediglich die Wahrheit ausgesprochen. Wütend! Sie wusste, auf wen sie wütend war: Matteo. Er war es, der sie so weit gebracht hatte. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie konnte sich noch gut an die Situation mit Robert Seydel und dem Dokument erinnern. War sie wirklich so gefühllos? Sie wollte nicht, dass Elias so über sie dachte. Sie war kein gefühlloser Mensch. Eigentlich dachte sie eher, sie sei einfühlsam. Hin und wieder war sie schlagfertig und dabei verletzend, das wusste sie, aber auf keinen Fall gefühllos.
»Ich wollte dich nicht beleidigen«, holte Elias sie in die Gegenwart zurück. »Entschuldige, das ist mir so herausgerutscht.«
»Wie?« Emma blickte ihn überrascht an. »Nein, nein, du hast ja recht. Ich wundere mich ja selbst, wie ich so reagieren konnte. Normalerweise bin ich ein ziemliches Weichei, musst du wissen. Die Sache mit Matteo hat mich vollkommen kirre gemacht.« Sie deutete vor ihnen auf die Straße. »Lass uns einfach zum Professor fahren, damit die Scheiße endlich ein Ende hat.«
Elias bog mit dem Wagen in eine der Straßen von Köln-Hahnwald ein. Emma betrachtete, obwohl sie schon oft durch diesen edlen Vorort gefahren war, die Villen jedes Mal mit erneuter Begeisterung.
»Alfons Liebig hat hier in der Nähe sein kleines«, Emma zeichnete
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