Die siebte Gemeinde (German Edition)
wirkte es, wie ein pechschwarzes Gemälde, umgeben von einem schmucklosen Plastikbilderrahmen. Emma nippte an ihrer Tasse und genoss den schlichten Anblick, bis sich das schwarze Bild, auf das sie stierte, unvermittelt zu einem hellgelben mutierte, gefolgt von einem dumpfen Rumpeln aus dem Hinterhof. Emma stürmte ans Fenster und schüttete sich dabei ihren Kaffee auf die Hose. Misstrauisch spähte sie auf den Hof hinaus. Die Außenlampe hatte das gesamte Areal hell erleuchtet, doch sie konnte niemanden erkennen. Nach ein paar Sekunden kehrte die Dunkelheit zurück, noch bevor sie sämtliche Ecken des Hofes mit ihren Augen absuchen konnte.
»Was gibt’s?«, fragte Elias, der mit ein paar Papierseiten in der Hand in das Büro zurückgekehrt war.
Emma drehte sich übereilig um, und ein weiterer Schluck Kaffee schwappte auf den Boden. »Da draußen hat’s gerade gescheppert«, berichtete sie panisch und deutete mit dem Finger aus dem Fenster. »Das Licht im Hof ist angegangen.«
Elias winkte ab. »Das wird eine von den streunenden Katzen gewesen sein. Die springen hier hinten öfters herum.«
In diesem Moment setzten die Uhren aus dem Verkaufsraum zu einem gemeinsamen Glockenspiel an. Emma schaute auf ihre Armbanduhr. »Oh Mann, wir haben schon 19 Uhr!« Ihr Blick wanderte über den Schreibtisch. Sämtliche Unterlagen lagen verstreut in der Gegend herum. »Hast du noch Lust auf diesen Kram hier? Also wenn’s nach mir geht, wäre ich für heute bedient.«
Elias lehnte sich in seinem Stuhl sitzend zurück und streckte gähnend seine Arme in die Höhe. »Du hast recht, mir reicht es ebenfalls. Machen wir Schluss für heute.«
Emma stand noch immer vor dem Fenster und schaute in kurzen Abständen hinaus. Sie dachte an die unruhigen Stunden, die sie letzte Nacht verbracht hatte, an das verzweifelte Warten auf den nächsten Morgen und an all die bedrückenden Gefühle und Ängste, die sie durchgestanden hatte. Sie hatte nicht die geringste Lust, dies erneut zu durchleben.
»Elias?«, fragte sie vorsichtig. Ihre Stimme klang leise. »Was hast du vorhin gesagt, machst du heute Abend noch?«
»Wenn ich genau darüber nachdenke, … im Prinzip nichts.«
Emma schlug ihre Hemmungen beiseite und wagte sich mutig nach vorne. »Wie sieht es aus? Hättest du Lust, heute Nacht auf der bequemsten Couch der Welt zu schlafen?«
Elias legte seine Stirn in Falten. »Du meinst bei dir?«
»Äh, ja. Ich dachte, ein wenig Gesellschaft kann nicht schaden. Wenn ich heute Abend alleine in meiner Wohnung verbringen muss, würde ich mir wahrscheinlich in die Hosen machen. Die letzte Nacht hat mir gereicht. Und die Nacht davor war auch nicht besser.«
»Warum rufst du nicht einfach deine Schwester an? Nicht, dass ich mich herausreden will, oder so, ich wäre durchaus froh über Gesellschaft. Nur steht sie dir doch viel näher.«
Emma winkte gelangweilt ab. »Ach die, die kannst du vergessen. Erstens ist heute Samstag, da hat sie mit Sicherheit ein Date, und zweitens ist Ellen ein viel größerer Angsthase, als ich es bin. Beim kleinsten Knacken springt sie von der Couch. Selbst wenn wir uns einen Zeichentrickfilm anschauen. Die wäre mir keine große Hilfe, geschweige denn eine Beruhigung. Außerdem wollte ich sie ungern in diese Geschichte einweihen.«
»Auch wenn das jetzt ziemlich überraschend für mich kommt, kann ich nicht ›Nein‹ sagen. Meine letzte Nacht war auch nicht besonders doll.« Er blickte auf die Uhr. »Wann wolltest du los? Ich müsste noch ein paar Sachen zusammenpacken.«
»Na ja«, antwortete Emma mit einem verschmitzten Grinsen. Die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben »Auf die versprochene Pizza wollte ich nicht verzichten. Die können wir aber auch bei mir essen, wenn du magst. Soll heißen, wir könnten gleich los, sobald du deine Tasche gepackt hast.«
Emma erwachte am Sonntagmorgen in ihrem Bett und fühlte sich benommen. Durch einen schmalen Spalt ihrer Jalousie erkannte sie, dass es bereits hell war. Ihr Schädel brummte. Einen Preis, den sie gerne bezahlte, da sie endlich eine Nacht durchschlafen konnte.
»Oh mein Gott«, grummelte sie und kratzte sich behände am Kopf. »Was hat mein Körper nur gegen Rotwein?«
Aus dem Wohnzimmer vernahm sie Schritte. Elias schien bereits wach zu sein. Sie kniff ihre müden Augen zusammen, um die Zahlen auf dem Wecker zu erkennen. Halb acht. Ächzend rollte sie sich aus dem Bett und warf ihren Hausanzug über. Der Kopfschmerz schlug nun
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