Die siebte Gemeinde (German Edition)
stammte ursprünglich aber aus Laodizea, einer antiken Gemeinde aus der Nähe des heute türkischen Denizli. In Konstantinopel ist er dann vor der Stadt auf die Ritter des vierten Kreuzzuges gestoßen. Dieser Arusch muss recht einfallsreich gewesen zu sein. Diese Worte auf dem unteren Teil des Dokumentes, auf die ich mir zunächst keinen Reim machen konnte, es scheint mir, als wäre es altgriechische Umlautsprache - und zwar in das Altfranzösische.« Gustav Heinrich stoppte und schaute lächelnd in die fragenden Gesichter seiner Zuhörer. »Also, ihr müsst euch das so vorstellen«, setzte er fort, »wenn man einem deutschen Sänger, den Text für ein Lied in englischer Sprache vorlegt und dieser Sänger Englisch nicht beherrscht, dann wird er das nicht so einfach singen können. Er weiß nicht genau, wie er die Worte exakt aussprechen muss. Damit das funktioniert, schreibt man ihm die englischen Worte so hin, wie man sie im Deutschen sprechen würde. Ich gebe euch ein Beispiel. Sagen wir, ihr wollt dem Sänger erklären, wie er ›what have you done?‹ singen soll, dann müsstet ihr ihm aufschreiben: ›wot häv ju dann‹.« Erneut verfiel der Professor in ein amüsiertes Grinsen. »Und genau das hat dieser Arusch mit dem altfranzösischen gemacht. Weil er die Sprache nicht beherrschte, er sie wegen der Ritter aber anscheinend verstehen oder sprechen wollte, hat er sie sich so aufgeschrieben, wie man sie in seiner Sprache, dem Griechischen, aussprechen würde.«
»Wie hat er das gemacht?« fragte Emma. »Hat er die Ritter heimlich belauscht, oder was?«
Der Professor kramte in seinen Zetteln herum. »Nein, wenn ich das richtig übersetzt habe, hat er, als er vor Konstantinopel lagerte, einen Gefährten gefunden. Einen, dem er kurz zuvor das Leben gerettet hatte. Ein gewisser Pardus oder Pardos, oder so ähnlich. Mit diesem Pardus hat Arusch, auf gut deutsch, Vokabeln gelernt.«
»Verrückt!« Elias kratzte sich erfreut am Kopf. »Das ist wirklich verrückt. Vokabeln lernen im vierten Kreuzzug.« Er legte die Stirn in Falten. »Aber warum hat dieser Arusch das getan? Ich meine, nach Konstantinopel zu reisen und die Sprache der Kreuzritter zu lernen?«
»Jetzt kommen wir zum Kern der Sache«, fuhr der Professor fort. »Es ist zwar nicht eindeutig aus den drei Seiten ersichtlich, weil Arusch immer nur sporadisch darauf hinweist, aber er hatte eine Dokumentenrolle dabei, die er dem Patriarchen der Stadt zeigen oder geben wollte. Deshalb war er wohl auch auf der Suche nach dem Leichentuch von Jesus, denn der Patriarch der Stadt war der Verwalter der christlichen Reliquien.«
Elias rutschte aufgeregt auf seinem Platz hin und her. »Hat er in seinen Aufzeichnungen erwähnt, was das für ein Dokument war?«
Gustav Heinrich lehnte sich triumphierend in seinem Stuhl zurück. »Wie gesagt, Arusch beschreibt es nur sporadisch. Ich habe allerdings eine Vermutung – und jetzt kommt das Verrückte an der Geschichte ... vorab aber eine Frage: Seid ihr gläubig?«
»Ich bin katholisch«, antwortete Emma. »Somit Anhängerin einer Glaubensrichtung. Demnach könnte man mich als gläubig bezeichnen. Ja.«
»Okay, dann hast du mit Sicherheit schon etwas von der Offenbarung des Johannes gehört, der Apokalypse?«
Emma nickte. Elias erstarrte. »Sag bloß …«
»Nicht ganz, Elias. Warte.« Der Professor griff nach dem Buch auf dem Tisch und hielt es in die Höhe. »Die Bibel. Das letzte Buch der Bibel ist die Offenbarung des Johannes. Dort beschreibt ein Prophet, der sich selbst Johannes nennt, was passiert, wenn der Sohn Gottes zurückkehrt. Grob zusammengefasst: Die Welt, wie man sie kennt, geht unter, und die Heilige Stadt entsteht neu in ihrer vollen Pracht. Am Anfang seiner Offenbarung sendet Johannes im Auftrag Gottes Briefe an sieben Gemeinden. In den Briefen stehen Anweisungen an die Gemeinden, die es übrigens alle wirklich gab, etwas zu tun, oder aber es stand Lob in den Briefen. Es stand jedoch auch drin, dass sie sich bessern sollen … Läuterung und so ein Kram.«
Elias lächelte. »Ja, ist klar. Und weiter?«
Der Professor verschränkte triumphierend die Arme. »Eine der sieben Gemeinden war Laodizea.«
»Willst du damit sagen«, fragte Elias, »dass dieser Arusch den Brief des Johannes bei sich trug, den er an die Gemeinde Laodizea geschrieben hat?«
»Will ich. Hat nicht Arusch selbst von der Christus-Offenbarungs-Aufzeichnung gesprochen.«
»Das ist unmöglich. Ist dieser Bibelkram nicht eher so ein
Weitere Kostenlose Bücher