Die siebte Gemeinde (German Edition)
einmal zwanzig Schritte von ihm entfernt. Ihn jetzt entkommen zu lassen, würde er sich niemals verzeihen können.
»Was wollt Ihr?«, fragte Kranto gelangweilt, noch bevor der Mann ihn erreicht hatte.
»Ich bin, ... äh, ich bin Gilbert«, sagte dieser überrascht, dass Kranto ihn gehört hatte.
Kranto drehte sich zu ihm um. »Und weiter?«
»Ich habe mitbekommen, dass Ihr dieses Dokument wollt, welches der Gefangene besitzt.«
»Wenn wir vorhin noch etwas lauter geschrien hätten«, unterbrach ihn Kranto, »dann hätte es womöglich auch der Papst in Rom gehört.«
Gilbert nickte. »Das stimmt. Aber der Gefangene hat sich, bevor wir befreit wurden, mit meinem Heerführer unterhalten und ihm erzählt, wo er sich versteckt hielt, als wir ihn festgenommen haben.«
»Erzähl, … wo war das?«
Gilbert hielt Kranto grinsend seine Hand entgegen und deutete auf die Innenfläche.
Am frühen Morgen wuselten die Kreuzritter, noch ehe es graute, um die Mühle herum und rüsteten ihre Pferde. Arusch wurde vom Pfosten losgebunden und unsanft auf einen Gaul gehoben. Philipp trat an ihn heran und klopfte ihm auf den Schenkel. »Am Ende des Tages werden wir in Adrianopel sein, dann sehen wir weiter.«
Arusch nickte.
Philipp schaute sich in der Gegend um, plötzlich stutzte er. »Sagt mal, Henry«, rief er de Crién von Weitem zu. »Wo steckt denn dieser Kranto, … und wo ist Gilbert und …«
»Und drei meiner Männer meinst du?«, grinste Henry. »Nun ja, Kranto hat mich heute Nacht darum gebeten, ob er vier unserer Männer haben könnte. Er sagte, er hätte es sich anders überlegt und wollte Geleitschutz zurück nach Konstantinopel. Die Bitte habe ich ihm gewährt. Ich gab ihm drei von meinen Männern und einen von Euch mit. Ich dachte, das sei gerecht in Anbetracht der Verhältnisse.«
»Gilbert!«, rief Arusch entsetzt, blickte flehend zu Philipp und ruckelte an seinen Fesseln. »Er hat die ganze Zeit hinter uns gesessen und zugehört.«
Bore hatte Nazares unauffällig auf die Seite gezerrt. Sie wollte nicht, dass die Mönche mitbekamen, was er zu berichten hatte.
»Was ist passiert«, hatte sie ihn gefragt. »Wo ist Arusch?«
Nazares war vollkommen außer Atem und gestikulierte ständig Richtung Wald. Den gesamten Rückweg war er gerannt, so schnell er konnte. Bevor er sich zum Haus zurück durchschlug, war er tief in den Wald hinein geflüchtet und hatte sich in sicherer Entfernung verschanzt. Erst als er hörte, dass die Männer abrückten, hatte er sich herausgewagt.
»Die Kreuzritter«, hechelte er. »Die waren plötzlich da und haben Arusch mitgenommen. Ich dachte schon, die reiten hierher, aber sie sind in die andere Richtung verschwunden.«
Pardus, der mit Petronia und Viktorianah hinzugekommen war, drehte sich ängstlich umher. »Was ist, wenn sie doch noch kommen? Wir sollten sofort von hier verschwinden.«
Nazares boxte ihm wütend gegen den Arm. »Glaubst du wirklich, Arusch würde uns verraten? Niemals würde er das!«
Bore packte ihren Sohn an die Schultern. »Niemand von uns glaubt das, Nazares.« Sie blickte streng zu Pardus. »Auch nicht Pardus, … wenn er denn endlich einmal seine Angst in den Griff bekommt.«
»Angst? Ich habe keine Angst«, wehrte sich Pardus. »Ich bin nur vorsichtig.«
»Die Frage ist doch, was wir jetzt tun sollen?«, meinte Petronia. Sie nickte zu den Mönchen, die neben dem Haus den Zaun reparierten. »Und was erzählen wir denen dort?«
»Die Mönche sollten kein Problem sein«, antwortete Bore. »Wir sagen, Arusch müsste einem benachbarten Bauern helfen, das werden sie schon glauben. Doch was tun wir, wenn die Mönche fort sind? Hier bleiben und warten? Weiterziehen? Und wenn wir weiterziehen, dann wohin?« Bore sah auf Viktorianah, die zunehmend unruhiger wurde. »Was ist mit dir?«
Viktorianah verzog ihr Gesicht und kratzte sich am Arm. »Arusch wurde von den Kreuzrittern wegen dieses Dokuments verfolgt«, begann sie.
»Ja, aber das hat er immer bei sich«, warf Nazares ein. »Er hat es in seinem Lederbeutel.«
»Hat er nicht.«
Alle um Viktorianah schauten sie verdutzt an. »Er hat mir gestern Abend daraus vorgelesen, und weil ich es mir im Hellen noch einmal anschauen wollte, habe ich es aus dem Beutel geholt und mit in mein Gemach genommen.«
»Du hast was?!«, schrie Pardus. »Wie kann das sein, dass er das nicht bemerkt hat?«
Viktorianah schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich kann es wieder zurücklegen, während er unterwegs ist. Ich
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