Die siebte Gemeinde (German Edition)
Geschwister und lauf mit ihnen in den Wald. Schnell! Lass uns das hier regeln.«
Nazares warf seiner Mutter einen enttäuschten Blick zu, als er aber die Angst in ihren Augen erkannte, rief er im energischen Ton die Namen seiner Geschwister und Cousinen und dirigierte sie zur Hintertür in den Wald hinein.
»Folge ihnen!«, rief Manuel Kranto einem seiner Begleiter zu, als er sah, dass sich hinter dem Haus etwas tat. »Sie dürfen nicht entkommen.« Der Mann nickte, sprang mit seinem Pferd über den Zaun hinweg und folgte den Kindern in den Wald.
»Haltet ein, wir sind unbewaffnet!«, rief Berniér, dem das Entsetzen in den Augen stand. »Haltet ein!«
Mit einem eleganten Sprung stieg Kranto von seinem Pferd und stürmte mit gezogenem Schwert auf den Mönch zu. Dieser breitete beide Arme aus und blieb ungerührt stehen. Kurz vor Berniér stoppte Kranto und hielt ihm die Klinge an den Hals. »Wo ist der Rest der Sippe?«
»Was wollt Ihr von denen«, sagte Berniér. »Das ist eine harmlose Familie.«
»Sie haben etwas, das mir gehört«, blaffte Kranto. Er drehte sich zum Haus. »Kommt heraus, ihr habt keine Möglichkeit zu entkommen.«
»Woher wollt Ihr wissen, dass es die richtige Familie ist?«, fragte Berniér.
»Da!« Der Kreuzritter Gilbert deutete auf Pardus, der mit erhobenen Händen aus dem Haus getreten war. »An den Dicken kann ich mich erinnern. Den haben wir in Konstantinopel festgenommen.«
Berniér drehte sich überrascht zu Pardus um.
»Fragt nicht, Hochwürden«, sagte Pardus. »Wir wurden zu Unrecht gefangen genommen. Ich habe nichts getan.«
»Ich glaube dir, mein Sohn.«
»Er hat christliche Reliquien gestohlen«, sagte Kranto und lächelte Pardus hämisch an. Er wusste genau, wie er den Mönch auf seine Seite bekam, der erneut einen entrüsteten Blick auf Pardus warf.
»Das stimmt nicht. Wir haben nie etwas gestohlen.«
»Halt deinen Mund!«, befahl Kranto und deutete mit dem Schwert auf ihn. »Los, die anderen da drinnen … raus kommen!«
Nach und nach traten Bore, Petronia, Viktorianah sowie die beiden anderen Mönche vor das Haus. Allesamt streckten sie die Hände von sich.
»Sie einer an«, lächelte Kranto und drehte sich zu seinen Rittern um. »Wir haben sogar frisches Fleisch entdeckt. Na, das wird noch ein Spaß werden.«
Die Männer lachten lauthals und sprangen von ihren Pferden.
»Bindet sie an den Zaun dort«, befahl Kranto. »Und danach durchsucht das Haus. Es handelt sich um eine einfache Dokumentenrolle, die kann nicht weit sein.«
Bore schaute flehend zu Viktorianah. »Werden sie etwas finden?«, flüsterte sie. »Das wäre unser Ende.«
Viktorianah schüttelte den Kopf und wurde dann von einem der Ritter zu Boden geworfen. Er drückte ihr Gesicht auf den Boden, fesselte ihr die Hände auf den Rücken und führte sie an den Zaun. Die anderen wurden ebenso unsanft behandelt. Kranto wechselte ein paar mahnende Worte mit den Geistlichen und empfahl ihnen, sich auf den Weg zu machen. Als diese sich aber vehement weigerten, wurden auch sie gefesselt und neben die Frauen gebunden.
»Das ist eines Christen unwürdig«, fluchte Berniér. »Wir sind auf einer Mission gegen die Ungläubigen, nicht gegen die Christen.«
»Haltet Euren Mund, Mönch!« Kranto trat ihm in die Seite. »Du hast doch keine Ahnung, was Christ sein bedeutet. Ihr Mönche zieht umher, fresst Euch überall durch und hinterlasst ein paar warme Gebete. Aber ich, ich kümmere mich darum, dass das Heilige Jerusalem aufersteht.«
»Aber für das Heilige Jerusalem, wie es der Herr für uns vorgesehen hat, müssen wir nach Jerusalem reisen und es von den Muslimen befreien«, sagte Berniér. »Ihr wisst, was der Papst gesagt hat, und so steht es in der Offenbarung geschrieben. Erst wenn …«
»Ihr wisst doch überhaupt nichts«, unterbrach ihn Kranto. »Nur ich allein habe das Wissen, was geschrieben steht. Jerusalem ist unwichtig.«
»Aber woher …«
»Ich besitze seine Prophezeiung und habe die Briefe, die er an die sieben Gemeinden geschrieben hat, und ich bin es, der die Heilige Stadt auferstehen lässt.«
»Aber Jerusalem …«
Kranto hatte sich breitbeinig vor die Gefangenen gestellt und seinen Finger senkrecht in die Höhe gestreckt. »Vergesst Jerusalem, heilig muss die Stadt sein. Johannes schrieb nicht, dass es Jerusalem sein muss. Er schrieb, sie muss heilig sein. Und sobald die Christen in Gestalt der sieben Gemeinden ihre Taten bereuen und der Herr zurückkehrt, wird dies geschehen.
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