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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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umgeben, auf denen eine Handvoll Soldaten die Gegend ausspähten. Über dem Tor ragte eine Kuppel aus purem Gold empor, die, von der Morgensonne angestrahlt, einem für Sekunden das Augenlicht nahm.
    Nur wenige Schritte vor dem Portal blieb Pardus unvermittelt stehen. Man konnte seinen Puls am Hals schlagen sehen, und er kratzte sich nervös an seinen fleischigen Armen. Arusch trat neben ihn und legte ihm besänftigend die Hand auf die Schulter. »Gott hilft uns, da bin ich mir sicher.«
    »Pah! Wie kannst du dir sicher sein, dass er uns hilft und nicht denen dort?«
    »Ich weiß es eben«, nickte Arusch, berührte lächelnd den an seinem Körper befestigten Beutel und schob Pardus mit einem kräftigen Schubs voran. »Und nun lass uns weitergehen.«

KAPITEL 4
     
    Krampfhaft hielt sich Emma an ihrem Kugelschreiber fest und starrte auf den Monitor. Innerlich bebend las sie die neue Nachricht von Matteo nochmals von vorne. 
    Emma!
    Es bald schon naht das große Ende,
    die Zeit wird knapp, drum sei nicht behände.
    Ein Hinweis führt dich, du wirst es sehen,
    an Plätze, wo man kaum kann stehen.
    Drum komm geschwind an jenen Ort,          
    wo das Alter präsent ist, immerfort.
     
    »Hinweis?«, schrie Emma den Bildschirm an. »Was denn für ein Hinweis?«
    Sie rutschte auf ihrem Stuhl herum und schaute abwechselnd zwischen Bildschirm und ihren Unterlagen hin und her. Sie überlegte, was sie tun sollte, und entschied sich widerwillig, ihre Arbeit fortzusetzen. Was sollte sie auch sonst tun? Für Versteckspielchen hatte sie keine Zeit. Ihr Chef, Wolfgang Menner, würde sie ungespitzt in den Boden rammen, würde sie heute nicht fertig werden.
    Kaum hatte sie ihren Kopf gesenkt, nahm sie im Augenwinkel wahr, dass erneut das Zeichen für eingehende E-Mails auf ihrem Bildschirm blinkte. Sie schaute auf und sah, dass Sekunden später eine dritte und sofort darauf eine vierte Mail im Postfach landeten.
    Emma fletschte ihre Zähne. Insgesamt bekam sie sechs weitere Mails, allesamt mit dem gleichen Reim, wie die Nachricht von zuvor. Ratlos hockte sie auf ihrem Stuhl und blickte ins Leere. Wie sollte sie bei diesem Terror an Arbeit denken? Es ging ihr schon den ganzen Morgen nicht gut, und diese ständigen Nachrichten taten ihr Übriges. Sie hatten nichts mit dem üblichen Spam zu tun, den sie sonst in ihrem Postfach hatte. Sie wurde persönlich mit ihrem Vornamen angesprochen und konnte sich auf nichts, was dort stand, einen Reim machen. Geschweige denn, vernünftig ihre Arbeit erledigen. Nach Minuten des Grübelns schlug sie entnervt auf den Tisch.
    »Okay, du hast es so gewollt!«, murmelte sie, griff sich die Tastatur und schrieb ohne nachzudenken eine Mail an den Fremden: »Matteo oder was weiß ich, wie du heißt. Ich habe keine Zeit, mich mit irgendwelchen Spielchen herumzuschlagen. Ich weiß nicht, was du von mir möchtest. Ich habe keine Ahnung, um welches Dokument, Buch oder Hinweis es sich handelt und besitze nichts von dem, was du von mir willst. Das Ganze ist nicht lustig, und ich hätte nicht übel Lust, deine E-Mail der Polizei vorzulegen. Die werden schon etwas damit anfangen können.«
    Emma schickte die Nachricht auf die Reise und lehnte sich zurück. Doch der erlösende Befreiungsschlag blieb aus. Nichts hatte sich verändert. Sie wusste ja nicht einmal, ob ihre Mail bei Matteo angekommen war. Noch immer standen zwei kryptische Verse im Raum, deren Herkunft sie nicht kannte und deren Inhalt sie nicht verstand. Noch immer fühlte sie sich beobachtet, in diesem Augenblick noch mehr als zuvor, und noch immer konnte sie sich die Bedeutung des kleinen Fetzen Papiers nicht erklären. Sofern das Stückchen aus dem Ordner überhaupt eine Bedeutung hatte?
    Die wildesten Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Zum einen wollte sie endlich ihre Ruhe haben, ihre Arbeit erledigen, nach Hause gehen, ein Glas Wein trinken und schlechtes Fernsehen schauen. Zum anderen hoffte sie insgeheim auf eine Antwort. Sie sah sich schon in alten Jeans auf einem staubigen Dachboden herumkriechen, hüstelnd irgendwelche Kisten öffnen und ängstlich vor riesigen Spinnen zurückweichen.
    Doch was, dachte sie, wenn es sich um einen kranken Stalker handelte? Was, wenn er hinter der nächsten Straßenecke auf sie lauern würde? Was, wenn er gewillt wäre, seine Drohung wahr zu machen?
    Emma glaubte nicht, dass sich Matteo, oder wie die Person hieß, die hinter diesen Nachrichten steckte, durch ihre Mail abschrecken ließ.

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