Die siebte Gemeinde (German Edition)
jedoch von Viktorianah abgehalten, erneut Richtung Georgios zu rennen.
»Jeder hat einen Dolch bei sich, wenn er auf die Straße tritt. Selbst ich«, antwortete Petronia erbost. »Musstest du ihn deshalb gleich töten?«
Noch bevor Nazares antworten konnte, lugte Fabius hinter dem Rockzipfel von Petronia hervor. »Der Mann hat Nazares angegriffen«, piepste er schüchtern. »Er hat kleiner Nichtsnutz zu ihm gesagt und ihn am Hals gepackt.«
»Ach, das spielt doch alles keine Rolle mehr«, sagte Arusch. »Der Mann ist tot, was er verdient hat, und irgendwie müssen wir ihn jetzt hier wegschaffen.«
»Wir vergraben ihn hinten im Hof«, schlug Viktorianah vor. »Dort wird ihn niemand suchen.«
»Nein, das wäre keine gute Idee«, meinte Arusch. »Das wäre zu viel Arbeit bei dem harten Boden. Bis wir das Loch ausgehoben hätten, würde er mit seinem Gestank die ganze Straße auf sich aufmerksam machen. Nein, wenn es dunkel ist, bringe ich ihn zu seiner Werkstatt zurück. Dort könnte ihn jeder umgebracht haben.« Dann schaute er energisch zu Viktorianah. »Und du wirst mich dabei begleiten.«
»Was gibt es zu berichten, meine Gefährten?«
Balduin von Flandern saß einsam an der Speisetafel im Blachernen Palast, als Philipp von Troyes und Henry de Crién aufgeregt den Raum betraten. »Kommt und setzt euch zu mir. Ihr solltet von diesem Hühnchen kosten.«
»Vielen Dank, Herr«, sagte Philipp und verneigte sich vor seinem Vorgesetzten. Henry de Crién stand steif daneben. »Wir sollten unverzüglich zurück zu unseren Soldaten. Die Männer benötigen eine starke Hand, die sie führt, da bleibt nicht viel Zeit für eine Mahlzeit im Palast.«
Henry de Crién riss sich einen Ranken vom Brot ab, blieb aber neben Philipp stehen.
»Wie ihr wollt.« Balduin schob einen Stuhl beiseite. »Dann setzt Euch wenigstens zu mir, damit ich nicht ständig nach oben blicken muss. Also?«, fuhr er schmatzend fort, nachdem sich die Männer neben ihn gesetzt hatten. »Was gibt es Neues? Wie ist es um uns bestellt?«
»Die Vorbereitungen für die Wahl sind getroffen«, begann Philipp grinsend. »Und ich glaube, die Wahlmänner sind Euch wohl gesonnen.«
»Ihr schmeichelt mir erneut, Philipp«, lachte Balduin und rupfte sich einen Schenkel aus dem Hühnchen heraus. »Aber erzählt mir etwas, was ich noch nicht weiß.« Er tippte grinsend mit dem Hühnchenbein Richtung Philipp. »Ihr habt mir verschwiegen, dass Eure Frau einen Sohn zur Welt gebracht hat. Meinen Glückwunsch für Euch und Gottes Segen.«
Ein stolzes Lächeln fuhr über das Gesicht von Philipp. Geschmeichelt setzte er seinen Helm ab und ordnete ungelenk seine blonden Haare. »Vielen Dank, Herr. Wie mir erst vor ein paar Tagen zugetragen wurde, hat meine Gattin vor Monaten einen gesunden Jungen zur Welt gebracht. Wir werden ihn Gerard nennen. Lange haben wir zu Gott gebetet, dass er uns endlich mit einem Kind segnet. Nun hat er unsere Gebete erhört.«
»Pah«, fuhr Henry de Crién mürrisch dazwischen und wischte sich Brotreste aus seinem roten Vollbart. »Alleine ein Gebet hilft da nicht weiter, mein lieber Philipp. Das solltet Ihr schon wissen.«
»Ihr seid ein neidischer Hammel, Henry«, lachte Philipp und schlug ihm kumpelhaft gegen die Schulter. »Es ist schließlich nicht meine Schuld, dass die Verabschiedung von Eurer Frau nicht so erfolgreich verlief wie die meine.«
»Ach, haltet den Mund«, knurrte Henry und stieß Philipps Hand brummend beiseite.
»Genug davon«, unterbrach Balduin seine Heerführer. »Sagt Philipp, habt Ihr die beiden Männer auffinden können, die aus dem Gefängnis geflüchtet sind?«
Philipps Miene wurde ernster. Henry zuckte zusammen. »Nein, ich befürchte nicht«, sagte Philipp. »Die Suche blieb bisher ohne Erfolg. Die Stadt ist enorm groß, und die beiden könnten überall stecken. Die Einwohner sind nicht gut auf uns zu sprechen. Jeder in der Stadt könnte ihnen Unterschlupf gewährt haben.«
»Verdammt, Philipp, das ist enorm wichtig.« Balduin schleuderte den Schenkel wütend über den Tisch. »Wir müssen diesen Mann finden. Rom und Venedig wollen Ergebnisse von uns präsentiert bekommen. Wenn er etwas Wichtiges besitzt, was der Kirche gehört, dann müssen wir es finden. Erst recht, wenn es sich um ein Prophetenbuch handelt. Habt Ihr gesehen, mit welcher Entschlossenheit dieser Arusch mich angeblickt hat? Keine Angst dem Tode zu begegnen. Da haben wir es mit mehr zu tun, als mit einem
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