Die siebte Gemeinde (German Edition)
Essbereich zusammengesetzt und diskutiert, was sie machen sollten. Die gesamte Familie hatte sich in dem kleinen Zimmer der Holzbaracke versammelt. Arusch mit Pardus und Nazares, der vor dem Tisch auf dem Holzboden saß und vor sich hin schmollte. Bore, Petronia und Viktorianah, die sich direkt neben Arusch gesetzt hatte. Der blonde Fabius, der sich auf den Schoß von Viktorianah gezogen hatte, die Zwillinge Lore und Nara, die in ihren zerschlissenen Nachthemden in der Ecke saßen, sowie unmittelbar neben den Zwillingen die acht- und zehnjährigen Töchter von Petronia, Petra und Hannah.
»Selbst wenn Pardus und ich euch alleine lassen«, sagte Arusch, »und zu zweit von hier flüchten, werden die Soldaten, sobald sie euch finden, und sie werden euch sicherlich finden, euch entweder festnehmen und foltern oder sofort töten. Die tragen zwar das Kreuz auf ihren Bannern, aber Erbarmen werden sie keines zeigen.«
»Du hast recht«, nickte Bore müde. »Doch wo sollen wir hin? Schau dich um, wir sind drei Frauen und sechs Kinder …«
»Fünf Kinder«, beschwerte sich Nazares vom Boden herauf. »Ich bin kein Kind mehr.«
Bore schlug wütend auf den Tisch. »Halt deinen Mund!« Die Müdigkeit in ihrem Gesicht schlug in bittere Entrüstung um. Mit einem eindeutigen Fingerzeig wies sie Nazares an, sich herauszuhalten. Dieser zog seine Knie eingeschüchtert an und schwieg.
»Also, Arusch«, fuhr Bore fort, nachdem sie ihren stechenden Blick von Nazares gelöst hatte. »Wo sollen wir hin?«
»Wir könnten in das Haus von Georgios gehen«, schlug Pardus vor. »Schließlich braucht er es nicht mehr.«
»Keine gute Idee«, schüttelte Arusch den Kopf. »Dort werden die Ritter uns auf jeden Fall finden. Georgios hat den Soldaten nützliche Informationen hinterlassen, da werden sie mit Sicherheit in den nächsten Tagen noch einmal bei ihm vorbeischauen.«
»Was ist mit den anderen Häusern in der Stadt?«, meinte Pardus weiter. »Es stehen genügend leer.«
»Und was ist, wenn die Eigentümer zurückkehren?«, fragte Bore. »Ich glaube nicht, dass ich mich dort auch nur einen halben Tag lang sicher fühlen könnte.« Vehement schüttelte sie den Kopf. »Ich möchte nicht ewig auf der Flucht sein, sondern ein normales Leben führen. Für mich stellt sich die Frage, ob wir überhaupt in der Stadt bleiben können?«
»Aber wohin sollen wir?«, fragte Pardus resignierend, der nervös auf seinem Stuhl hin und her rutschte.
Alle im Raum plapperten aufgeregt umher. Jeder meinte, seinen Vorschlag als Erstes unterbreiten zu müssen. Gehen wir zu dem, oder machen wir dies, klang es wirr aus jeder Ecke des Raumes.
»Es gäbe da eine Möglichkeit!«, rief Arusch mit kräftiger Stimme über den Tisch hinweg. Schlagartig herrschte Stille, und sämtliche Augen richteten sich auf ihn.
»Etwa zwei bis drei Tagesmärsche nördlich von hier«, fuhr er fort, »befindet sich eine leer stehende Hütte am Rande eines Waldes. Sie liegt abseits der Pfade. Ich habe dort einige Nächte zugebracht, bis ich Richtung Konstantinopel gezogen bin. Dort sollte genügend Platz für uns alle sein. Wenn mich mein Eindruck nicht getäuscht hat, stand das Haus seit einem Jahr leer, wenn nicht länger. Bis wir wissen, wie es weitergeht, wäre es zumindest eine Möglichkeit.«
»Ich bin dafür«, sagte Viktorianah prompt und hob blitzartig ihren Arm.
»Ich auch«, piepste Fabius und tat es ihr, unwissend um was es ging, grinsend nach.
Petronia, die bisher noch nichts gesagt hatte, rutschte mit ihrem Stuhl zurück und schaute sich verzweifelt im Raum um. In Höhe der Mädchen, die auf dem Boden hockten und sich ihre müden Augen rieben, stoppte ihr Blick. »Wenn ich recht überlege«, sagte sie traurig, »hält mich in diesem Haus nichts mehr. Womöglich können wir unsere Kinder besser schützen, wenn wir der Stadt den Rücken kehren und zurück aufs Land ziehen. Konstantinopel hat uns in den letzten Jahren nicht viel Glück beschert.« Ein gequältes Lächeln durchfuhr ihrer Mimik. »Was soll es?«, meinte sie schließlich. »Lasst es uns wagen und nach Norden ziehen.«
Nachdem die anderen dem Vorschlag zugestimmt hatten, packten sie noch in der Nacht zusammen, soviel sie tragen konnten, luden es auf ihre beiden Pferde und zogen Richtung Stadtmauer. Kurz bevor sie eines der Nordtore erreichten, schickte Arusch die Kinder nach vorne. Er wollte Unbeschwertheit ausstrahlen. Tollend und unbekümmert sprangen die Kleinen leichtfüßig zwischen den Soldaten
Weitere Kostenlose Bücher