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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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und ich sind aus Citeaux. Im Namen unserer Klöster sind wir mit dem Frankenheer auf diesen Kreuzzug gezogen, um Gottes Wort zu verkünden.«
    Pardus zuckte zusammen. Fast wäre ihm der Brocken im Hals stecken geblieben. »Habt ihr gesehen, was in den letzten Wochen um Konstantinopel geschehen ist?«, prustete es aus ihm heraus und würgte hustend das Fleischstück zurück in seinen Mund. »Die Menschen dort waren Christen, Berniér. In Konstantinopel bedurfte es keiner christlichen Mission.«
    »Ich weiß«, nickte Berniér schuldbewusst. »Papst Innozenz III. hat dieses Vorgehen vehement untersagt. Die Heerführer des Kreuzzuges widersetzten sich jedoch der Anweisung des Papstes. Wir sind im Land unterwegs, um der Bevölkerung zu helfen, sie zu unterstützen und ihnen mitzuteilen, dass dies nicht Gottes Wille war.«
    »Außerdem möchten wir ein neues Kloster für unseren Orden errichten«, ergänzte Naimes aus der Ecke.
    »Wann wollt Ihr weiterreisen?«, fragte Arusch.
    »Wir dachten, einen Tag bleiben zu dürfen«, antwortete Berniér. »Vielleicht können wir beim Reparieren des Hauses behilflich sein.«
    »Ihr seid ein guter Mensch«, sagte Arusch und legte dem Mönch seine Hand auf den Arm. »Ihr könnt so lange bleiben, wie Ihr wollt.«
    Arusch dirigierte seine Leute nach dem Essen in die Räume, wo sie schlafen sollten. Durch seinen Aufenthalt vor Wochen kannte er sich im Haus aus, somit wusste er, dass das obere Stockwerk über eine Stiege, die seitlich am Haus hing, zu erreichen war. Kurz geschluckt hatte er schon, als Hannah ihn während des Essens fragte, wo sie schlafen sollte, aber Petronia hatte die Mädchen geschickt abgelenkt und gemeint, dass sie sie nachher wie üblich nach oben bringen würde. Der Bau bot genügend kleine Zimmer, dass alle im oberen Stockwerk einen Schlafplatz finden konnten. Die Mönche blieben in den unteren Zimmern zurück. Das baufällige Haus war ärmlich ausgestattet, und in jeder Ecke erkannte man, dass es in Eile aufgegeben worden war. Werkzeug gammelte auf dem Boden vor sich hin, und Stühle lagen mit abgeschlagenen Beinen vor kaputten Fensterläden.
    Arusch zog sich am Abend in sein Gemach zurück. Pardus spielte nebenan mit den Mädchen, die es liebten, wenn er seine erstklassigen Grimassen zog. Dabei ließ er seinen wabbeligen Bauch hoch und runter krachen und imitierte mit seinem Bauchnabel ein sprechendes Gesicht. Fortwährend klang ein kicherndes: »Noch mal! Noch mal!« von den Kindern zu Arusch herüber.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«, fragte Viktorianah leise.
    Sie hatte sich unbemerkt angeschlichen und stand im Türrahmen. Arusch verschlug es den Atem. Die schützende Haube abgenommen, glänzten Viktorianahs kohlschwarzen Haare im schummrigen Kerzenlicht, und die Locken fielen wallend über ihre schmalen Schultern. Den staubigen Überrock hatte sie zur Nachtruhe abgestreift, sodass sich Arusch zum ersten Mal annähernd eine Vorstellung machen konnte, welch anmutiger Körper unter diesem Nachtgewand stecken mochte. Schemenhaft zeichnete sich ihre Weiblichkeit im Schein der Kerzen ab. Wüsste er nicht, wer vor ihm stand, er hätte sie für einen Augenblick für einen dunkelhaarigen Engel gehalten.
    »Selbstverständlich«, sagte Arusch und deutete mit der Handfläche neben sich auf den Boden. »Ich bin gerade dabei, meine Unterlagen zu sortieren.«
    Grazil ließ sich Viktorianah neben Arusch auf den Boden gleiten und erneut stieg der blumige Duft ihres Körpers an ihm hoch. Es schien, als könnte die strapaziöse Reise ihrer Haut nichts anhaben. Sie duftete, als wäre sie soeben aus einem Bad entstiegen.
    »Zeigst du mir heute, was in diesem Beutel ist?«, fragte sie forsch und legte ihre Hand auf seine.
    Wollte Arusch ihren Wunsch noch so sehr abschlagen, er konnte es nicht. Ein sanftes Prickeln durchfuhr seinen Körper. Schon lange fühlte er sich nicht mehr so aufgehoben, wie in diesem Augenblick. Schon lange fühlte er kein solches Zutrauen mehr, wie in diesem Moment. Zusätzlich erweicht vom Gesang der Mönche, die im Erdgeschoss ihr Nachtgebet anstimmten, öffnete Arusch den schwarzen Lederbeutel. Er holte seine Dokumentenrolle aus dem Säckchen hervor und rollte sie langsam vor Viktorianah auf. 

KAPITEL 12
     
    Zitternd pustete Emma in ihre Hände. Sie stand um kurz vor zehn am Morgen in der Kälte am Straßenrand und tippelte mit den Füßen. Sie konnte es kaum erwarten, bis sie zu Elias in den Wagen steigen konnte, und das nicht nur, weil sie wissen

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